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DIE MODERNISIERUNG DES PERSONENGESELLSCHAFTSRECHTS

Inhaltsverzeichnis
A. Vorbemerkung
B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
I. Rechtsfähige Gesellschaft
1.  Sitz; Registrierung
a)    Sitz der Gesellschaft
b)    Anmeldung zum Gesellschaftsregister
c)    Statuswechsel
aa) Begriff des Statuswechsels
bb) Registergerichtliche Handhabung
cc) Materiellrechtliche Auswirkungen des Statuswechsels
dd) Bedeutung der Eintragung im Gesellschaftsregister
2. Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zur Gesellschaft
3. Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten
4. Ausscheiden eines Gesellschafters
5. Auflösung der Gesellschaft
6. Liquidation der Gesellschaft
II. Nicht rechtsfähige Gesellschaft
C. Offene Handelsgesellschaft/Kommanditgesellschaft
D. Partnerschaftsgesellschaft
E. Umwandlungsgesetz

A. Vorbemerkung

Am 1. Januar 2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Das Gesetz datiert vom 10. August 2021, doch wurde das Inkrafttreten beinahe zweieinhalb Jahre hinausgeschoben, um den Bundesländern die für die Einrichtung der Gesellschaftsregister erforderliche Zeit zu geben.

Die nun außer Kraft tretenden gesetzlichen Bestimmungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus dem Jahre 1900 hatten auf Gelegenheitsgesellschaften gezielt, bei denen sich die Gesellschafter zur Durchführung einer begrenzten Anzahl von Einzelgeschäften auf gemeinsame Rechnung ohne deutlich ausgeprägte Gesellschaftsorgane zusammenschlossen. Sie eigneten sich nur begrenzt als Rechtsgrundlage für Dauergesellschaften und erst recht nicht für Erwerbsgesellschaften, die sich durch ihr regelmäßiges und nachhaltiges Auftreten im Rechtsverkehr und die Vielzahl der namens der Gesellschaft mit Dritten eingegangenen Rechtsgeschäfte auszeichnen.

Der historische Gesetzgeber hatte offensichtlich nicht erwartet, dass die Rechtsform der GbR derart große wirtschaftliche Bedeutung für Erwerbsgesellschaften erlangt und sie umfassend für nichtkaufmännische Erwerbsgesellschaften wie kleinere Handwerksbetriebe und Freiberuflersozietäten genutzt wird. Dem hat der ansonsten im Gesellschaftsrecht recht aktive Gesetzgeber lange Zeit nicht Rechnung getragen und nur wenige Gesetzesänderungen vorgenommen. Die Gerichte haben die dadurch entstandenen rechtlichen Lücken zumindest teilweise geschlossen. Hervorzuheben sind die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus 2001 und 2008 zur Rechtsfähigkeit und Grundbuchfähigkeit der GbR.

Das MoPeG beruht auf dem von Experten aus Wissenschaft und Praxis vorgelegten „Mauracher Entwurf“. Das Gesetz zielt, wie es in der Gesetzesbegründung heißt, auf die

–    Konsolidierung des Rechts der GbR,
–    Modernisierung des Rechts der Personengesellschaften,
–    Behebung des Publizitätsdefizits der GbR,
–    Flexibilisierung der Haftungsverhältnisse von Angehörigen Freier Berufe,
–    Herstellung von Rechtssicherheit bei Beschlussmängelstreitigkeiten von OHG und KG.

Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und den Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG) sind zahlreiche Änderungen zu verzeichnen. Die wichtigsten Änderungen werden nachfolgend zusammengefasst dargestellt.

B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts 

Das neue BGB-Gesellschaftsrecht behält die bisherige Legaldefinition der GbR bei. Danach wird die Gesellschaft durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags errichtet, in welchem sich die Gesellschafter verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern (§ 705 Abs. 1 BGB). Neu ist die gesetzliche Unterscheidung zwischen der – ausführlich geregelten – rechtsfähigen Gesellschaft (§§ 706 bis 739 BGB) und der nicht rechtsfähigen Gesellschaft (§§ 740 bis 740c BGB). Der Gesellschaftsvertrag bedarf in beiden Fällen keiner Form und kann deshalb auch mündlich zustande kommen. Nach § 705 Abs. 2 BGB gilt:

–    Die Gesellschaft ist rechtsfähig und kann selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Dieser gemeinsame Wille wird vermutet, wenn Gegenstand der Gesellschaft der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen ist (§ 705 Abs. 3 BGB).

Beispiele:
Handwerksbetriebe, Buchhandlungen, Grundstücksgesellschaften, Dienstleister-Gesellschaften (einschließlich der Freiberufler-Gesellschaften).

–    Die GbR ist nicht rechtsfähig, wenn sie den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses dient (§ 705 BGB).

Beispiele:
Stimmbindungsvereinbarung, Sicherheiten-Pool, Bietergemeinschaft.

I. Rechtsfähige Gesellschaft (§§ 705 – 739 BGB)

Erstmals werden die BGB-Bestimmungen zur Gesellschaft untergliedert. Die Bestimmungen zur rechtsfähigen Gesellschaft sind in folgende Kapitel unterteilt, die weitestgehend der Gliederung der Vorschriften zur Offenen Handelsgesellschaft im Handelsgesetzbuch entsprechen:

1. Sitz; Registrierung,
2. Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zur Gesellschaft,
3. Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten,
4. Ausscheiden eines Gesellschafters,
5. Auflösung der Gesellschaft,
6. Liquidation der Gesellschaft.

Nachfolgend werden einige Regelungen zur rechtsfähigen GbR angesprochen.

1. Sitz; Registrierung (§§ 706 – 707d BGB)

a) Sitz der Gesellschaft

Die gesetzliche Bestimmung über den Sitz der Gesellschaft (§ 706 BGB) hat keinen Vorläufer bei der GbR alten Rechts. Anders als bei GmbH und AG sind die Gesellschafter einer eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (eGbR) nicht rechtlich verpflichtet, den Sitz der Gesellschaft vertraglich zu bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung, so ist Sitz der Gesellschaft der Verwaltungssitz; das ist der Ort, an dem deren Geschäfte tatsächlich geführt werden. Der Sitz muss ebenso wie die Anschrift der Gesellschaft in der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung enthalten sein.

Die Gesellschafter können gesellschaftsvertraglich vereinbaren, dass ein bestimmter anderer Ort im Inland der Sitz der Gesellschaft sein soll (Vertragssitz); dann ist dieser Ort der zum Gesellschaftsregister anzumeldende Sitz der Gesellschaft. Während ein Vertragssitz sich zwingend im Inland befinden muss, kann der davon abweichende Verwaltungssitz, von dem aus die Gesellschaft tatsächlich geführt wird, auch im EU-Ausland liegen. Die anzumeldende Anschrift, unter der die Gesellschaft postalisch erreicht werden kann, ist in diesem Fall die Anschrift des Vertragssitzes in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (§ 707 Abs. 2 BGB).

Für OHG und KG gilt dies entsprechend gem. § 105 Abs. 3 HGB, für die PartG gem. § 1 Abs. 4 PartGG.

Vergleichbare, das Auseinanderfallen von Vertragssitz („Satzungssitz“) und Verwaltungssitz ermöglichende Regelungen bestehen bereits seit längerem für die GmbH und die Aktiengesellschaft (s. §§ 4a GmbHG, § 5 AktG).

b) Anmeldung zum Gesellschaftsregister

Die Gesellschafter können die rechtsfähige GbR bei dem zuständigen Gericht zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anmelden. Die notariell zu beglaubigende Anmeldung muss – vergleichbar der Anmeldung von OHG/KG und Partnerschaftsgesellschaft (PartG) – folgende Angaben enthalten (§ 707 BGB):

–    den Namen der Gesellschaft,
–    Sitz und Anschrift der Gesellschaft,
–    Angaben zur Person der Gesellschafter,
–    die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter,
–    die Versicherung, dass die Gesellschaft nicht bereits im Handels- oder im Partnerschaftsregister eingetragen ist.

Nicht erforderlich und bei mündlichem Vertragsschluss auch gar nicht möglich ist die Einreichung des Gesellschaftsvertrags der GbR.

Für die eingetragene rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten gem. § 707b BGB entsprechend bestimmte Regelungen des Handelsgesetzbuchs zu:

–    Auswahl und den Schutz des Namens der Gesellschaft,
–    Registerrecht,
–    Registerrecht für eine Zweigniederlassung.

Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, die rechtsfähige Gesellschaft anzumelden. Da die Eintragung einige – weiter unten dargestellte – rechtliche und tatsächliche Vorteile mit sich bringt, ist damit zu rechnen, dass die meisten rechtsfähigen Gesellschaften angemeldet werden.

In dem Gesellschaftsregister werden die Angaben zur Gesellschaft, den Gesellschaftern und der Vertretungsbefugnis eingetragen (§ 707a Abs. 1 S. 1 BGB). Ab dem Zeitpunkt der Eintragung in das Gesellschaftsregister muss die Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Namenszusatz „eGbR“ oder „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ führen (§ 707a Abs. 2 BGB).

c) Statuswechsel

Bei der Anmeldung der rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind Besonderheiten zu beachten, sofern ein Statuswechsel stattfindet.

aa) Begriff des Statuswechsels

Der in der Überschrift zu § 707c BGB verwendete Rechtsbegriff Statuswechsel ist neu und ohne Vorbild. Er betrifft einen Sonderfall des Formwechsels, bei dem eine bereits im Handels- oder Partnerschaftsregister eingetragene Personengesellschaft als eGbR in das Gesellschaftsregister eingetragen wird. Die Vorschrift des § 707c BGB betrifft unmittelbar nur die Eintragung dieser rechtsfähigen Personengesellschaften als eGbR, sie ist aber zugleich Bezugsnorm für die anderen Fälle eines Statuswechsels – gleich in welche Richtung – zwischen eingetragenen Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften. Grundlage für den Statuswechsel ist das Vorliegen eines Statuswechselbeschlusses, der von allen Gesellschaftern bzw. mit Dreiviertelmehrheit zu fassen ist (vgl. § 217 Abs. 1 UmwG).

Folgende Vorgänge stellen einen Statuswechsel dar:

–    Eintragung einer bereits im Handelsregister (als OHG/KG) eingetragenen Gesellschaft in das Gesellschaftsregister (§ 707c Abs. 1 BGB), wobei die Eintragung im Gesellschaftsregister zu unterbleiben hat, wenn die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt (§ 107 Abs. 3 i. V. m. § 1 Abs. 2 HGB),

–    Eintragung einer bereits im Partnerschaftsregister (als PartG) eingetragenen Gesellschaft in das Gesellschaftsregister (§ 707c Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 4 PartGG), wobei die Eintragung im Gesellschaftsregister zu unterbleiben hat, wenn die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt (§ 4 Abs. 4 PartGG, § 107 Abs. 3 i. V. m. § 1 Abs. 2 HGB),

–    Eintragung einer bereits im Gesellschaftsregister (als eGbR) eingetragenen Gesellschaft in das Handelsregister (§ 707c Abs. 1 u. 5 BGB, § 106 Abs. 3 HGB),

–    Eintragung einer bereits im Partnerschaftsregister (als PartG) eingetragenen Gesellschaft in das Handelsregister (§ 707c Abs. 1 u. 5 BGB, § 1 Abs. 4 PartGG, § 106 Abs. 3 HGB),

–    Eintragung einer bereits im Gesellschaftsregister (als eGbR) eingetragenen Gesellschaft in das Partnerschaftsregister (§ 707c Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 4 PartGG), wobei die Eintragung zu unterbleiben hat, wenn nicht alle Partner Freiberufler sind,

–    Eintragung einer bereits im Handelsregister (als OHG/KG) eingetragenen Gesellschaft in das Partnerschaftsregister (§ 707c Abs. 1 BGB i. V. m. § 1 Abs. 4 PartGG), wobei die Eintragung zu unterbleiben hat, wenn nicht alle Partner Freiberufler sind.

bb) Registergerichtliche Handhabung 

Die gesetzlichen Vorschriften zum Statuswechsel stellen sicher, dass eine rechtsfähige Personengesellschaft nur in einem einzigen Register eingetragen ist. Die Eintragung der Gesellschaft in der neuen Rechtsform ist davon abhängig, dass in dem bisherigen Register (Ausgangsregister) die Rechtsform eingetragen wird, in der die Gesellschaft in dem neuen Register fortgesetzt wird (Statuswechselvermerk).
In dem Ausgangsregister wird nach Vollzug des Statuswechsels noch das Datum der Eintragung der Gesellschaft in das neue Register eingetragen, dann wird es geschlossen.

Beim Statuswechsel in die eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden in dem neuen Register (Zielregister) nicht nur gem. § 707a Abs. 1 S. 1 BGB die ohnehin vorgeschriebenen Angaben zur Gesellschaft, den Gesellschaftern und der Vertretungsbefugnis eingetragen, sondern auch Angaben zur bisherigen Eintragung bei dem als Ausgangsregister anzusehenden Handels- oder Partnerschaftsregister (§ 707c Abs. 4 S. 1 BGB). Das gilt entsprechend für jeden Fall eines Statuswechsels einer rechtsfähigen Personengesellschaft in eine andere (siehe § 1 Abs. 4 PartGG, § 106 Abs. 5 HGB).

cc) Materiellrechtliche Auswirkungen des Statuswechsels

Die Folgen des Statuswechsels entsprechen denen eines nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes durchgeführten Formwechsels: Die Identität der Gesellschaft bleibt unberührt. Ein Vermögensübergang findet nicht statt, es ändern sich lediglich die auf die Gesellschaft anzuwendenden Rechtsvorschriften.

Beim Statuswechsel heraus aus der OHG/KG in eine andere Rechtsform sind die Vorschriften des HGB zu Buchführung und Bilanzierung nicht mehr anwendbar, d. h. insbesondere, dass die neue Gesellschaft nicht zur Erstellung von Bilanzen verpflichtet ist, die Vorschriften des Vierten Buchs über Handelsgeschäfte nicht mehr gelten, die Erteilung der Prokura nicht mehr möglich ist und eine nach § 53 HGB erfolgte Eintragung einer Prokura erlischt. Beim  Statuswechsel hinein in die OHG/KG treten die gegenteiligen Folgen ein, d. h. vor allem, dass eine zuvor als eGbR oder PartG eingetragene Gesellschaft bilanzierungspflichtig wird.

Bei dem Weg heraus aus der PartG fällt die Beschränkung der Haftung für Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung (§ 8 Abs. 4 PartGG) weg; das wird ggf. kompensiert, wenn die Partnerschaftsgesellschaft in die Rechtsform der GmbH & Co. KG wechselt (§ 107 Abs. 1 S. 2 HGB, § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO).

dd) Bedeutung der Eintragung im Gesellschaftsregister

Bei der Entscheidung über einen etwa zu fassenden Statuswechselbeschluss haben die Gesellschafter eine Abwägung treffen. Auf der einen Seite ist die fehlende rechtliche Verpflichtung zur Herbeiführung der Eintragung der rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuführen, auf der anderen Seite sind die unabweisbaren und in der Regel dringend anzustrebenden praktischen Vorteile der Registereintragung zu berücksichtigen.

Immobiliengesellschaften werden künftig nicht auf die Eintragung im Gesellschaftsregister verzichten können, weil nur eingetragene Gesellschaften im Grundbuch eingetragen werden können (§ 47 Abs. 2 GBO). Entsprechendes gilt für Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Geschäftsanteile an einer GmbH halten, weil nur eingetragene Gesellschaften in die Liste der Gesellschafter (§ 40 GmbHG) aufgenommen werden können.

Für die bei dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführten Register (Patent-, Marken- und Gebrauchsmusterregister, Register für Designs) ist nicht zwingend vorgeschrieben, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die die Eintragung in ein vom DPMA geführtes Register betreibt, im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Wenn das aber der Fall ist, wird die Feststellung ihrer Berechtigung dadurch erleichtert.

Ausschlaggebend wird in vielen Fällen die höhere Reputation der in einem öffentlich einsehbaren Register eingetragenen Gesellschaft sein, verglichen mit einer nicht eingetragenen und damit nicht oder nur schwer durchschaubaren Gesellschaft. Die Eintragung stellt im Rechtsverkehr einen Existenznachweis dar und schafft Transparenz bei den Beteiligungs- und Vertretungsverhältnissen.

2. Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zur Gesellschaft (§§ 708 – 718 BGB)

§ 711 BGB Erstmals ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen gesetzlich geregelt, für Übertragungen unter Lebenden in § 711 Abs. 1 und für solche von Todes wegen in § 711 Abs. 2 BGB).

§ 712a BGB Hier wird die geltende Rechtsprechung zum Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters kodifiziert, wonach in diesem Fall das Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter übergeht und nicht etwa die Liquidation der GbR durchzuführen ist.

§ 713 BGB Diese Vorschrift ist neu. Sie stellt klar, dass die für oder durch die GbR erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten Vermögen der Gesellschaft selbst sind, nicht etwa gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (so aber früher § 718 Abs. 1 a. F. BGB).

§ 714 BGB Die neue und ohne Vorbild eingeführte Vorschrift über Gesellschafterbeschlüsse regelt in Abgrenzung zur Geschäftsführung die Grundlagen der gesellschaftsinternen Willensbildung und Entscheidungsfindung durch Beschlussfassung.

§ 715 BGB Wie bisher sind die Gesellschafter grundsätzlich nur gemeinsam zur Geschäftsführung befugt (§ 715 Abs 3 BGB).

§§ 715a, 715b, 716, 717, 718 BGB In diesen Vorschriften zur Notgeschäftsführung, Gesellschafterklage („actio pro socio“), Aufwendungsersatz, Informationsrecht und Rechnungsabschluss werden zum einen bestehende gesetzliche Regelungen neu geordnet und zum anderen einschlägige Rechtsprechung kodifiziert.

3. Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten  (§§ 719 – 722 BGB)

Dieses Kapitel betrifft insbesondere die Vertretung der Gesellschaft und die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Hervorzuheben sind folgende neue Vorschriften:
§ 720 BGB Die Vertretung der GbR steht den Gesellschaftern wie bisher grundsätzlich nur gemeinsam zu, wobei der Gesellschaftsvertrag etwas anderes regeln kann. Für die GbR neu ist die Gesamtvertreterermächtigung gem. § 720 Abs. 2 BGB, die der Bestimmung des § 125 Abs. 2 S. 2 HGB nachgebildet ist; für die praktische Handhabung ist wichtig, dass der Ermächtigte bei einem einseitigen Rechtsgeschäft in entsprechender Anwendung des § 174 BGB die Ermächtigungsurkunde vorlegen muss. Ist eine Willenserklärung gegenüber der GbR abzugeben, so genügt nach Abs. 5 die Abgabe gegenüber einem vertretungsbefugten Gesellschafter (wie § 125 Abs. 2 S. 3 HGB).

§ 721 BGB Diese neue Vorschrift über die persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der GbR ist der für die OHG geltenden Bestimmung des § 128 HGB nachgebildet und beschränkt sich darauf, die jüngere Rechtsprechung zu kodifizieren.

§ 721a BGB Die Haftung des eintretenden Gesellschafters ist erstmals geregelt. Die neue Vorschrift entspricht der des § 130 HGB betreffend die OHG.

§ 722 BGB Die neue Bestimmung über die Zwangsvollstreckung ersetzt § 736 ZPO und stellt klar, dass die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einen gegen die GbR gerichteten Titel erfordert und dass aus einem Titel gegen die GbR nicht gegen einen Gesellschafter vollstreckt werden kann (vgl. § 129 HGB).

4. Ausscheiden eines Gesellschafters (§§ 723 – 728b BGB)

Hervorzuheben ist die Umstellung der gesetzlichen Regelungen dahin, dass der Eintritt bestimmter personenbezogener Gründe nicht mehr ohne weiteres zur Auflösung der GbR führt, sondern zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafter, wie bei der OHG (§ 130 HGB).

§ 723 BGB Nach bisherigem Recht führten bestimmte personenbezogene Gründe zur Auflösung der GbR, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsvereinbarung enthielt (§ 736 a.F. BGB). Die Neuregelung besagt, dass bei Vorliegen eines der in § 723 Abs. 1 BGB aufgeführten personenbezogenen Gründe oder eines gesellschaftsvertraglich bestimmten weiteren Grundes der betreffende Gesellschafter ausscheidet und die GbR fortgesetzt wird; die Gründer können umgekehrt gesellschaftsvertraglich bestimmen, dass entsprechend dem bisherigen Recht die GbR in diesen Fällen aufgelöst ist.

§ 724 BGB Die dem § 131 HGB nachgebildete Vorschrift über die Fortsetzung der Gesellschafterstellung durch den Erben gibt diesem ein Wahlrecht verbunden mit einem Haftungsprivileg. Er kann sein Verbleiben in der Gesellschaft davon abhängig machen, dass er Kommanditist wird. Ist das nicht möglich oder von den anderen Gesellschaftern nicht gewollt, steht es ihm frei, aus der Gesellschaft auszuscheiden.

§ 725 BGB Ein Gesellschafter kann seine Mitgliedschaft in der Regel kurzfristig kündigen, wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen ist, sonst nur aus wichtigem Grund.  Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird (§ 725 Abs. 2 S. 2 BGB).

5. Auflösung der Gesellschaft (§§ 729 – 734 BGB)

Die bisher schon gesetzlich bestimmten Auflösungsgründe werden zusammengefasst und durch Übernahme von Gründen aus dem HGB erweitert.

§ 729 BGB Diese neue Bestimmung ist der Vorschrift des § 138 HGB mit den Auflösungsgründen bei den Handelsgesellschaften nachgebildet.

§ 731 BGB Eine zur Auflösung führende Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter setzt voraus, dass ein wichtiger Grund (§ 725 Abs. 2 S. 2 BGB) vorliegt, und dass dieser wichtige Grund so gravierend ist, dass dem Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft nicht zuzumuten ist und eine weniger einschneidende Maßnahme wie etwa die Kündigung der eigenen Mitgliedschaft gem. § 725 Abs. 3 BGB nicht ausreicht.

§ 732 BGB Die Bedeutung dieser Regelung betreffend den Auflösungsbeschluss liegt darin, dass dieser keine Einstimmigkeit und nicht die Mitwirkung aller vorhandenen Gesellschafter erfordert, sondern lediglich eine qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

6. Liquidation der Gesellschaft (§§ 735 – 739 BGB)

Bei der Neufassung wurden die Bestimmungen der §§ 730 bis 735 a. F. BGB übernommen und durch Regelungen ergänzt, die den für Handelsgesellschaften geltenden Vorschriften der §§ 143 bis 152 HGB nachgebildet sind.

II. Nicht rechtsfähige Gesellschaft (§§ 740 – 740c BGB)

Bei der nicht rechtsfähigen Gesellschaft hat der Gesetzgeber sich kurzgefasst. Es gibt lediglich vier Vorschriften, die im wesentlichen Verweise auf bestimmte Regelungen zur rechtsfähigen Gesellschaft enthalten. Hervorzuheben ist § 740 Abs. 1 BGB: „Eine nicht rechtsfähige Gesellschaft hat kein Vermögen.“ Aufgrund des Verweises in § 740 Abs. 2 BGB ist die Vorschrift des § 708 BGB über die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter im Bereich der §§ 709 bis 718 BGB auch bei der nicht rechtsfähigen Gesellschaft anzuwenden.

C. Offene Handelsgesellschaft/Kommanditgesellschaft

Nachfolgend werden einige bedeutsame Neuregelungen und Änderungen bei Personenhandelsgesellschaften dargestellt.

I. Errichtung der Gesellschaft (§§ 105 – 107 HGB)

§ 106 HGB Unverändert gilt, dass eine Gesellschaft, die ein Handelsgewerbe betreibt, zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden muss (§ 106 Abs. 1 und 2 HGB). Neu ist, dass die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister einer bereits im Gesellschaftsregister oder im Partnerschaftsregister eingetragenen Gesellschaft im Wege des Statuswechsels bei dem Gericht der bestehenden Eintragung erfolgen muss (§ 106 Abs. 3 HGB). Die handelsrechtlichen Bestimmungen über die Durchführung des Statuswechsel (§ 106 Abs. 4 und 5 HGB) entsprechen denen des § 707c BGB.

§ 107 HGB Kleingewerbliche und eigenes Vermögen verwaltende Gesellschaften sind unverändert berechtigt, ihre Eintragung in das Handelsregister herbeizuführen (§ 107 Abs. 1 S. 1 HGB). Neu und von großer praktischer Bedeutung ist die Bestimmung, dass neben diesen Gesellschaften auch Freiberufler-Gesellschaften die Eintragung in das Handelsregister als OHG oder KG – einschließlich der GmbH & Co. KG – beantragen können unter der Voraussetzung, dass das anwendbare Berufsrecht dies zulässt (§ 107 Abs. 1 S. 2 HGB); das ist gem. § 59i BRAO der Fall bei den Berufsausübungsgemeinschaften von Rechtsanwälten (Häublein/Hoffmann-Theinert-Klimke, BeckOK HGB, 40. Edition, Rn. 11 zu § 107 n.F. HGB).

Hat eine Gesellschaft gem. § 107 Abs. 1 HGB durch die freiwillige Eintragung im Handelsregister den Status der Handelsgesellschaft erlangt, so ist eine Fortsetzung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur zulässig, wenn sie im Wege des Statuswechsels in das Gesellschaftsregister eingetragen wird (§ 107 Abs. 2 S. 2 HGB ). Zweck dieser Regelung ist die Beibehaltung der durch die vorherige Handelsregistereintragung eingetretenen Transparenz auch beim Wechsel der Rechtsform.

Bei freiwilliger Eintragung trägt das Registergericht einen von den Gesellschaftern beschlossenen Statuswechsel in die GbR nicht ein, wenn bei der OHG oder KG zwischenzeitlich, nach der Eintragung, ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich geworden ist (§ 107 Abs. 3 S. 1 HGB).

Bei ursprünglich obligatorischer Eintragung einer Handelsgesellschaft und späterem Herabsinken des Gewerbebetriebs vom Handelsgewerbe zum Kleingewerbe steht dem Statuswechsel in die GbR nichts entgegen.

II. Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zur Gesellschaft (§§ 108 – 122 HGB)

§ 109 HGB Die neue Vorschriften über die Beschlussfassung gehen weit über das hinaus, was zuvor für Gesellschafterbeschlüsse geregelt war. Danach werden Beschlüsse in Versammlungen gefasst, die von jedem zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter formlos unter Ankündigung des Zwecks der Versammlung in angemessener Frist einberufen werden können. Grundsätzlich bedürfen die Gesellschafterbeschlüsse der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter, doch kann der Gesellschaftsvertrag Mehrheitsbeschlüsse zulassen.

§ 110 HGB Diese Vorschrift regelt die grundlegende Unterscheidung zwischen  Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen und bildet zusammen mit den nachfolgenden Vorschriften der §§ 111 bis 115 HGB das neu eingeführte Beschlussmängelrecht der Personenhandelsgesellschaften. Regelungsvorbild sind die aktienrechtlichen Bestimmungen zur Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage (§§ 241 bis 249 AktG), sodass bei der Handhabung der neuen Regelungen weitgehend auf die Erfahrungen mit dem aktienrechtlichen Beschlussmängelrecht zurückgegriffen werden kann.

§ 116 HGB Wie bisher sind alle Gesellschafter geschäftsführungsberechtigt, und zwar grundsätzlich jeder von ihnen allein.

§§ 123-152 HGB Bei den neuen Bestimmungen zu

–    Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten (§§ 123 – 129 HGB)
–    Ausscheiden eines Gesellschafters (§§ 130 – 137 HGB)
–    Auflösung der Gesellschaft (§§ 138 – 142 HGB)
–    Liquidation der Gesellschaft (§§ 143 – 152 HGB)

gibt es keine bedeutsamen Änderungen. Die Neufassung ist im wesentlichen darauf gerichtet, schon geltende Bestimmungen zusammenzufassen und neu zu ordnen.

D. Partnerschaftsgesellschaft

Die Änderungen des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG) beschränken sich in erster Linie auf redaktionelle Anpassungen an das neue Recht der offenen Handelsgesellschaft. Als wesentliche inhaltliche Änderung ist eine Liberalisierung des Namensrechts der Partnerschaftsgesellschaft herauszustellen, wonach der Name der Partnerschaft nicht mehr den Namen mindestens eines Partners und die Berufsbezeichnungen aller in der Partnerschaft vertretenen Berufe enthalten muss. Infolge der ersatzlosen Streichung von § 3 PartGG bedarf der Partnerschaftsvertrag nicht mehr der Schriftform.
Das PartGG führt die entsprechende Anwendbarkeit der gesetzlichen Bestimmungen zum Statuswechsel auf die PartG herbei durch den Verweis in § 4 Abs. 4 PartGG auf § 107 Abs. 3 HGB.

E. Umwandlungsgesetz

Der Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes wurde in der Weise erweitert, dass eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts an Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechseln als übertragende, übernehmende und neue Rechtsträger beteiligt sein können.

Heinz-Peter Verspay
Rechtsanwalt

4. Dezember 2023