Tätigkeitsgebiete Immobilie // Bau
Zu Prüfungs- und Hinweispflichten
Der Bundesgerichtshof hat am 08.11.2007, AZ: VII ZR 183/05, folgendes entschieden:
a) Auch nach der Änderung des § 633 BGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, entspricht ein Werk nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn es nicht die vereinbarte Funktionstauglichkeit aufweist.
b) Beruht der Mangel der Funktionstauglichkeit auf einer unzureichenden Vorleistung eines anderen Unternehmers, wird der Unternehmer auch nach dem durch das Gesetz zur Modernisierung der Schuldrechts geänderten Werkvertragsrecht von der Mängelhaftung frei, wenn er seine Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt hat.
c) Der Unternehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht.
Die Klägerin verlangt als Werkunternehmerin von dem Beklagten Zahlung restlichen Werklohns für den Einbau einer Heizungsanlage. Der Beklagte beansprucht im Wege der Widerklage Rückzahlung des bisher gezahlten Werklohns.
Der Beklagte beabsichtigte im Jahre 2002 die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes, das den gesamten Strom und gleichzeitig auch den Wärme- und Warmwasserbedarf seines Hauses decken sollte. Er wandte sich zu diesem Zwecke an die G. GmbH, die ihm ein Angebot über die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes mit einer thermischen Leistung von 30 kW unterbreitet. Auf Veranlassung der letzteren, wurde ferner die Klägerin zugezogen, um ein Angebot über die Errichtung der Heizungsanlage und den Anschluss an das Blockheizkraftwerk abzugeben.
Die Klägerin errechnete den Wärmebedarf des Forsthauses mit 25 kW. Der Beklagte beauftragte die G. GmbH mit der Errichtung eines Blockheizkraftwerkes, dass eine thermische Leistung von 12 kW hatte. Ferner beauftragte er die Klägerin mit der Errichtung der Heizungsanlage. Nach deren Erstellung lehnte er eine Abnahme der Leistungen ab und erklärte schließlich den Rücktritt vom Vertrage. Eine Beheizung des Hauses alleine durch das Blockheizkraftwerk war nicht möglich, denn der dazu notwendige Stromverbrauch wurde nicht abgerufen.
Der Beklagte beanstandete, dass die Klägerin ihn über die unzureichende thermische Leistung nicht aufgeklärt habe. Nach seiner Darstellung, sei ihm in Folge der fehlenden Aufklärung nicht bewusst gewesen, dass die G. GmbH das Blockheizkraftwerk mit einer niedrigeren Leistung ausgelegt habe, als ursprünglich angeboten worden sei.
Das Berufungsgericht hat dem Beklagten Recht gegeben. Es führt dazu aus, dass die Klägerin zwar nicht für den Mangel des Blockheizkraftwerkes einzustehen habe. Sie habe mit der G. GmbH insoweit auch keine Bietergemeinschaft gebildet. Das bedeute jedoch nicht, dass das Werk der Klägerin als mangelfrei zu betrachten sei. Insoweit hätten die Vorinstanzen den Begriff "vereinbarte Beschaffenheit" im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB falsch beurteilt. Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart hätten ergäbe sich aus der Auslegung des Werkvertrages.
Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs.2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollten. Dieser Erfolg bestimme sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistungs- oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Wille der Parteien erfüllen solle. Der Bundesgerichtshof habe deshalb eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheiten und damit einen Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a. F. auch dann angenommen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck mit der Herstellung eines Werkes nicht erreicht werde und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfülle. Das gälte unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart hätten oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden seien.
Ist eine bestimmte Funktionstauglichkeit vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung bzw. Ausführungsart nicht zu erreichen, so schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit. An dieser Auslegung des Begriffes "vereinbarte Beschaffenheit" habe auch die Schuldrechtsmodernisierung nichts geändert. Allerdings ergäbe sich jetzt aus § 633 Abs. 2 BGB n. F. eine andere Rangfolge in der Beurteilung des Sachmangels. Zunächst sei zu prüfen, ob das Werk die vereinbarte Beschaffenheit habe. Soweit eine Beschaffenheit nicht vereinbart sei, ist das Werk nur frei von Sachmängel, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die dem Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Der Bundesgerichtshof macht in der vorliegenden Entscheidung deutlich, dass § 633 Abs.2 Satz 1 BGB nicht dahingehend verstanden werden kann, dass eine Leistung des Unternehmers als mangelfrei einzuordnen wäre, wenn die im Vertrag vorgesehne Leistungs- oder Ausführungsart nicht geeignet ist ein funktionstaugliches Werk herzustellen. Dies würde nämlich die vereinbarte Funktion aus der Beurteilung der vereinbarten Beschaffenheit ausblenden und damit den Willen der Parteien in einem wichtigen, für die Errichtung des Werks in aller Regel maßgeblichen Punkt, unberücksichtigt lassen.
Danach ist die von der Klägerin errichtete Heizungsanlage mangelhaft. Nach Feststellungen des Gerichtes habe der Beklagte die Errichtung der Heizungsanlage und deren Anschluss an das Blockheizkraftwerk in Auftrag gegeben, um sein Haus ausreichend zu beheizen und mit Warmwasser zu versorgen. Diesen vertraglich vereinbarten Gebrauchszweck habe die Anlage nicht erfüllt. Die Heizkörper werden nicht ausreichend erwärmt. Dabei sei es ohne Bedeutung, dass die Klägerin die Heizungsanlage ordnungsgemäß errichtet habe. Sie erfülle den vereinbarten Funktionszweck nicht.
Es komme auch nicht darauf an, dass die Funktion der Heizungsanlage ausschließlich daran scheitert, dass das Blockheizweck keine ausreichende Wärme zur Verfügung stellt. Das Werk der Klägerin sei nämlich auch dann mangelhaft, wenn es die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht erfülle, weil die vom Besteller zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer von denen die Funktionsfähigkeit des Werkes abhängt, unzureichend sind. Der Unternehmer kann in diesen Fällen seiner Verantwortung nur dann entgehen, wenn er seinen Prüfungs- und Hinweispflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist.
Liegen diese Voraussetzung nicht vor, muss der Werkunternehmer den Mangel so lange nachbessern, bis die vereinbarte Funktionstauglichkeit erreicht wird. Sind dazu Leistungen nötig, die von der vereinbarten Leistungs- und Ausführungsart nicht erfasst ist, muss geprüft werden, ob der Besteller im Rahmen des Vorteilsausgleichs bzw. unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten, diese Leistungen bezahlen muss. Der Unternehmer muss seine Vertragspflicht allerdings regelmäßig nur erfüllen, wenn der Besteller ihm eine geeignete Vorleistung zur Verfügung stellt. Der Besteller muss also im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht dafür sorgen, dass die ungeeignete Vorleistung verändert wird, so dass der Unternehmer in der Lage ist, sein Werk vertragsgerecht zu erstellen.
Der Bundesgerichtshof führt im Weiteren näher aus welche Anforderungen an die Prüfungs- und Hinweispflicht zu stellen sind. Ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit wie sie sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darstellen. Steht die Arbeit eines Werkunternehmers in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen Unternehmers oder ist sie auf Grund dessen Planung auszuführen, muss er prüfen und ggf. auch geeignete Erkundigungen einziehen, ob diese Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen können.
Auch dann, wenn der Auftragnehmer den Besteller darauf hingewiesen hat, dass bestimmte Voraussetzungen für sein Werk vorliegen müssen, muss er sich grundsätzlich vor Ausführung seines Werkes vergewissern, ob diese Voraussetzungen eingehalten worden sind. Er kann sich auch nicht darauf verlassen, dass diese Voraussetzungen vorliegen, weil er sie mit dem Vorunternehmer abgesprochen hat. Vielmehr muss er im Rahmen des Zumutbaren selbständig eine Überprüfung durchführen.
Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
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