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Stifterjagd – Mittels Medien zu Millionen
Die Presseberichterstattung im Fall Zumwinkel und dessen angeblichen Beziehungen zur LGT Bank in Liechtenstein, Vaduz, sowie dortigen Stiftungen gibt Anlass für einige kritische Überlegungen.
Die von den Staatsanwaltschaften geführten Ermittlungsverfahren sind grundsätzlich Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die in den Verfahren gesammelten Erkenntnisse unterliegen dem besonderen Schutz der Verschwiegenheit. So hat der Beschuldigte selbst hat kein eigenes Akteneinsichtsrecht, seinem Verteidiger kann die Einsicht verwehrt werden, wenn die Ermittlungen durch die Einsichtnahme gefährdet werden. Insoweit soll die Heimlichkeit die Erkenntnisgewinnung und Wahrheitsfindung durch die Ermittlungsbehörden schützen.
Aber nicht nur die Wahrheitsfindung, auch die betroffenen Bürger sollen durch die Heimlichkeit eines Ermittlungsverfahrens geschützt werden. Da bei Einleitung des Ermittlungsverfahrens noch ungeklärt ist, ob sich der Bürger strafbar gemacht hat, bedarf er des Schutzes vor öffentlicher Vorverurteilung. Die Unschuldsvermutung gilt fort und der öffentliche Pranger ist weder im Sanktionenkatalog des Strafgesetzbuches noch als Mittel der Fahndung in der Strafprozessordnung vorgesehen. Die für Staatsanwälte geltenden Richtlinien verpflichten diese daher alles zu unterlassen, was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen kann.
Da das Ermittlungsverfahren sowohl zum Schutze des Betroffenen wie auch zum Schutz der Richter und Zeugen vor Beeinflussung heimlich geführt werden soll, sieht § 353d Strafgesetzbuch sogar Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr vor, wenn bestimmte amtliche Schriftstücke aus der Ermittlungsakte öffentlich mitgeteilt werden.
Auch eine steckbriefliche Fahndung in der Öffentlichkeit darf nur unter engen Voraussetzungen erfolgen. Eine solche Fahndungsmaßnahme sieht die Strafprozessordnung (§ 131) nur vor, "bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung ..., wenn andere Formen der Aufenthaltsermittlung erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert" sind. Dies ist nach dem Wortlaut der Strafprozessordnung der einzige Fall, in dem sich die Staatsanwaltschaften während eines laufenden Ermittlungsverfahrens an die Öffentlichkeit wenden dürfen.
All dies gilt umso mehr, wenn das Steuergeheimnis (§ 30 Abgabenordnung) betroffen ist. Der Bruch des Steuergeheimnisses ist mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert (§ 355 Strafgesetzbuch).
Gleichwohl war bei der Durchsuchung im Fall Zumwinkel von Anfang an die Presse mitsamt Übertragungswagen vor Ort. Man wird kaum an Zufall glauben können, wenn aus einer langen Reihe angeblicher Verdächtiger dieser äußert prominente Name als erster Fall für die Ermittlungen ausgesucht wird. Dass gerade in einem solchen Fall, dem regelmäßig eine besonders sorgfältige Bearbeitung zugute kommt, vorab Informationen an die Presse durchsickern, ist jedenfalls auffällig.
Eine derartige, faktisch mit einer öffentlichen Vorverurteilung einhergehende Vorgehensweise erscheint nicht zufällig, sondern aus den Bankenverfahren vertraut und vor allem auch nützlich. Wie bereits im Zusammenhang mit den Verfahren wegen Auslandskonten in Luxemburg und der Schweiz oder der Kundenliste eines Schweizer Treuhänders B. wird über die Medien genau das erreicht, was den Ermittlungsbehörden jedenfalls in kurzer Zeit nicht gelingt: Die Berichterstattung über spektakuläre Durchsuchungsmaßnahmen beflügelt den Eingang von Selbstanzeigen und generiert ein hohes Steueraufkommen.
Dass ein solcher Effekt für die Ermittlungsbehörden nicht unerwünscht ist, ist nachvollziehbar: Noch ist unklar, welche Qualität die Informationen haben, auf die sich die Staatsanwaltschaft stützt. Sowohl im Tatsächlichen wie im Rechtlichen ist die Qualität der Unterlagen unbekannt.
Ob eine Verwertbarkeit dieser jedenfalls im Ursprung rechtswidrigen Informationsbeschaffung besteht, bleibt abzuwarten. Eine Unverwertbarkeit ist nach innerdeutschen Regn zwar nur schwer durchsetzbar. Sollte der Staat allerdings gezielt auf rechtswidrige Weise Informationen gesammelt haben, wären diese wohl im Rahmen des Strafverfahrens und unter gewissen Umständen auch im Steuerverfahren unverwertbar. Der Ausgang der wegen dieser Form der Erkenntnisgewinnung erstatteten Strafanzeige bleibt abzuwarten.
Wer hingegen eine Selbstanzeige abgibt, liefert eigenständig Informationen und kann sich auf eine etwaige Unverwertbarkeit der gekauften BND-Unterlagen nicht berufen. Als Stifter muss man sich also entscheiden, ob man mittels Selbstanzeige den sicheren Hafen der Straffreiheit ansteuert oder auf die ungewisse Chance einer Unverwertbarkeit der Informationen vertraut.
Aber auch die tatsächliche Qualität der Unterlagen ist noch unklar. Kann mit Hilfe der überlassenen Unterlagen tatsächlich eine gerichtlich tragfähige Beweiskette geknüpft werden, mit deren Hilfe der Steuerbürger überführt werden kann? Insoweit kommt es entscheidend darauf an, wie belastbar die Kette zwischen der anonymen Stiftung und dem Klarnamen ist. Weiter wird von Bedeutung sein, ob die Unterlagen ein umfassendes Bild der Ertrags- und Bestandsentwicklung bietet oder lediglich Anhaltspunkte für Schätzungen darstellen.
Der Stifter steht auch insoweit vor dem gleichen Dilemma: Die Selbstanzeige verschafft den Behörden steuerlich tragfähige Beweismittel und ihm Straffreiheit, das Abwarten eröffnet ihm hingegen die Chance durchs Netz zu gehen; entweder weil der eigene Name nicht in den Unterlagen auftaucht oder die dort verzeichneten Tatsachen nicht zu einer Besteuerung und Bestrafung hinreichen.
Wie die Qualität der Informationen sich am Ende darstellt, hängt auch entscheidend davon ab, in welcher Form nunmehr die Betroffenen reagieren.
Die wie auch immer erfolgte Einschaltung der Medien dürfte jedenfalls einige Betroffene veranlassen, Selbstanzeige zu erstatten. Die aus den Selbstanzeigen gewonnenen Erkenntnisse werden sodann mit dem BND-Material abgeglichen. Je mehr Selbstanzeigen die Richtigkeit der Unterlagen bestätigen, desto durchschlagender wird die Beweiskraft der Unterlagen auch in den Fällen, in denen keine Selbstanzeige vorliegt. Jede Selbstanzeige erhöht damit die Beweiskraft der rechtswidrigen BND-Unterlagen.
Die öffentliche Berichterstattung ist für die Fahnder also in doppelter Weise dienlich. Zum Einen werden Selbstanzeigen provoziert und so ein vermutlich erhebliches Steueraufkommen generiert. Zum Anderen kann die Beweiskraft der angekauften Unterlagen verifiziert werden und mit umso besseren Argumenten gegen die eine Selbstanzeige verweigernden Stifter vorgegangen werden.
Ob eine Selbstanzeige abgegeben werden soll oder man sich evtl. besser einigelt und das weitere Vorgehen abwartet, ist eine Frage des Einzelfalls und auch der persönlichen Nervenstärke und Finanzdecke. Trotz einiger anderweitiger Meldungen könnten jedenfalls auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt mittels einer Selbstanzeige die steuerstrafrechtlichen Folgen abgewendet werden. Solange kein Fahnder mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür steht oder in sonstiger Weise das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren bekannt gegeben wurde, ist eine Selbstanzeige auch noch strafbefreiend möglich.
Dr. Frank Heerspink
Rechtsanwalt
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