Tätigkeitsgebiete Unternehmen // Unternehmer
Mein Bild gehört mir!
Die Nutzung von Bildern und Videoaufnahmen von Arbeitnehmern durch das Unternehmen
„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ – getreu diesem so einprägsamen wie richtigen Mantra des Marketings versuchen Unternehmen, positive Informationen über ihre Leistungen und Werte durch Fotografien und Videoclips zu transportieren. Vom Handwerksbetrieb bis zum internationalen Konzern wird umfänglich bebildert – meist aufgelockert oder versinnbildlicht durch Personen. Wenn es sich dabei aus Kostengründen oder der größeren Authentizität wegen um eigene Mitarbeiter handelt, stellt sich für den Arbeitgeber die Frage: Darf ich Fotos und Aufnahmen von Mitarbeitern verwenden? Und wenn ja, wie lange?
Das BAG hat in zwei grundlegenden Entscheidungen (BAG, Urt. V. 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13 und BAG, Urt. V. 19.02.2015 – 8 AZR 1011/13) die Rechte und Pflichten von Arbeitgeber (AG) und Arbeitnehmer (AN) aufgearbeitet. Kern der Entscheidungen ist, unter welchen Bedingungen dem Arbeitgeber die Nutzung von Bildmaterial, auf dem AN abgebildet sind, überhaupt gestattet ist und ob eine berechtigte Nutzung von dem Arbeitnehmer später widerrufen werden kann.
In beiden Fällen hatte der AG eine Namensliste herumgereicht, auf dem sich auch die späteren Kläger durch Unterschrift mit der Nutzung eines Videos auf der Unternehmenshomepage einverstanden erklärt hatten. Die AN waren in einzelnen Bildsequenzen für wenige Sekunden erkennbar. Beide Mitarbeiter klagten nach ihrem Ausscheiden und dem erfolglosen Widerruf der Nutzung gegen den AG auf Unterlassung und Schadensersatz. Das BAG hat die vorangegangenen Entscheidungen des LAG Rheinland-Pfalz bestätigt und beide Klagen abgewiesen.
Die Entscheidungsgründe:
Das BAG stellt zunächst fest, dass das KunstUrhG als spezielleres Gesetz dem BDSG vorgeht. Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich auch aus dem KunstUrhG für die Kläger jedoch nicht. Denn die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen sei nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH zum sogenannten abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KunstUrhG zu beurteilen. Danach komme eine Tangierung von Persönlichkeitsrechten nur dann in Betracht, wenn
1. die abgebildete Person überhaupt erkennbar und individualisierbar sei, in diesem Fall
2. die Person nicht nur auf „Bildern“ als Beiwerk einer Landschaft, Örtlichkeit oder Versammlung fungiere oder eine Person der Zeitgeschichte sei, deren berechtigte Interessen nicht verletzt würden („Caroline von Hannover“, BGH, Urt. v. 06.03.2007 – VI ZR 51/06) und
3. eine Einwilligung vorliege.
Das BAG hält fest, dass die Kläger auf – wenn auch wenigen und kurzen – Bildsequenzen zu erkennen und identifizieren seien, so dass eine Persönlichkeitsrechtsverletzung jedenfalls nicht bereits in der ersten Prüfungsstufe ausgeschlossen sei. Auf die Frage, ob es sich bei den Gruppenaufnahmen um „Bilder“ handele, komme es nicht an, da jedenfalls die – bei verfassungskonformer Auslegung von § 22 KunstUrhG notwendig schriftliche – Einwilligung der Kläger durch Unterzeichnung der Namensliste vorgelegen habe. Zu den sog. Personen der Zeitgeschichte gehörten die Kläger erkennbar nicht (interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Teilnahme an regelmäßig öffentlich veranstalteten Festen deren Besucher zu Personen der Zeitgeschichte machen, vgl. z.B. BGH, Urt. v. 08.04.2014 – VI ZR 197/13, jährliches Mieterfest einer Genossenschaft).
Eine Einwilligung – so das BAG weiter – werde grundsätzlich unbefristet erteilt und erlösche auch nicht zwangsläufig mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Dies gelte jedenfalls für Bilder und Filme, die Veranschaulichkeitszwecken und nicht der individuellen Darstellung des AN dienten. Die Einwilligung könne aber widerrufen werden, wenn hierfür ein „plausibler“ Grund vorliege. Diese Plausibilität ergebe sich aus einer Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des AN und dem Verwertungsinteresse des AG. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne einen plausiblen Grund darstellen, wenn der AN für eine individuelle Aufnahme keine Vergütung erhalten habe und mit dieser im Unternehmen weiterhin geworben werde. Sei – wie in den entschiedenen Fällen – der AN Bestandteil einer Gruppe, sein Name unbekannt und werde nicht der Eindruck erweckt, die Aufnahme zeige die aktuelle Belegschaft, sei eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht gegeben.
Der Praxistipp:
Die Verwendung von Fotos oder Videoaufnahmen von Arbeitnehmern sollte im Zweifel mit einer schriftlichen Einwilligung abgesichert werden. Ist beabsichtigt, die Aufnahmen für eine Vielzahl von Verwendungszwecken zu nutzen (Firmenbroschüre, Internetauftritt, Werbeauftritt), muss die Einwilligung die beabsichtigten sowie ggfs. zukünftig geplanten Zwecke umfassen.
Hiltrud Kohnen
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
1. November 2015
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