Für viele Gewerbemieter stellt sich die Frage, ob sie, nachdem sie in Folge wörtlicher Anordnung zur Schließung ihres Ladenlokales verpflichtet worden sind, auch weiterhin verpflichtet sind, ihre monatliche Miete zu zahlen. So schmerzhaft dies für die betroffenen Gewerberaummieter ist, die Antwort dürfte wohl „ja“ lauten. In der Presse ist derzeit vereinzelt zu lesen, dass eine behördliche Anordnung zur Einstellung des Geschäftsbetriebes in einem Ladenlokal im Zusammenhang mit der Corona-Krise einen den Gebrauch der Mietsache beeinträchtigenden und damit letztlich zur Minderung führenden Mangel darstellt. Die Mieter wären in einem solchen Falle berechtigt, die Miete zu mindern. Dieser Rat ist gefährlich! Ohne entsprechende gesetzliche Regelungen, die offenbar durch die Bundesregierung derzeit vorbereitet werden, läuft der Mieter Gefahr, dass das Mietverhältnis durch den Vermieter bei einem entsprechenden Zahlungsverzug von z.B. zwei Monatsmieten zu Recht außerordentlich fristlos gekündigt wird.
Eine behördliche Anordnung zur Einstellung des Geschäftsbetriebs in Folge der Corona-Krise dürfte nämlich keinen Mangel der Mietsache darstellen. Grundsätzlich ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter das Mietobjekt in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zur Verfügung zu stellen. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, dürften sie nicht durch eine behördlich angeordnete Betriebseinstellung im Zusammenhang mit der Corona-Krise beseitigt werden. Die Behörde untersagt nämlich nicht die Nutzung der Räume zum vertragsgemäßen Gebrauch, sondern untersagt dem Mieter die Aufrechterhaltung des Betriebes mit Blick auf gefahrenabwehrrechtliche Aspekte. Die Rechtsgrundlage für entsprechende Anordnungen findet sich dementsprechend für Nordrhein-Westfalen in §§ 32, 28 Abs. 1 S. 1, 2 Infektionsschutzgesetz i.V.m. der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Ziel dieser behördlichen Anordnung ist die Vermeidung unnötiger Sozialkontakte und die Vermeidung des Aufeinandertreffens verschiedenster möglicherweise infizierter Personen oder Personengruppen. Bei der Anordnung zur Einstellung des Betriebes geht es somit nicht um die Frage, ob das Mietobjekt weiterhin zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignet ist oder nicht, sondern vielmehr um Maßnahmen der Gefahrenabwehr, nämlich die Verfolgung des Ziels, dass nicht unnötige weitere Sozialkontakte entstehen. Die Anordnung der Behörde richtet sich demnach auch nicht, wie dies zum Beispiel bei baurechtlichen Nutzungsuntersagungsverfügungen (die Gebrauchshindernisse darstellen können) der Fall wäre, an den Vermieter und an den Mieter, sondern ausschließlich an den Mieter. Vor diesem Hintergrund dürfte wohl eher kein Mangel der Mietsache mit der Folge der Entstehung des Minderungsrechtes vorhanden sein. Es ist also bei übereilten Mietminderungen Vorsicht geboten. Hiervon sollte zunächst Abstand genommen werden.
Nach Presseberichten ist damit zu rechnen, dass die Bundesregierung kurzfristig über eine gesetzliche Regelung entscheidet, die hoffentlich vor der fälligen Aprilmiete in Kraft tritt. Hierüber werden wir berichten.
Wir können daher vor Mietminderungen ohne Rücksprache und Einvernehmen mit dem Vermieter nur abraten, zumal in einem Großteil der gewerblichen Mietverträge das Recht zur Minderung durch Einbehalt der Miete ausgeschlossen ist. Wer hier auf der sicheren Seite sein will, sollte die Miete unter dem Vorbehalt der Rückzahlung wegen etwaiger Mängel zahlen und die weitere Entwicklung sowohl hinsichtlich der Gesetzeslage als auch bezüglich der rechtlichen Diskussion abwarten.
Michael Schu
Rechtsanwalt
24. März 2020