2016
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Stiftungsorgane haften gegenüber der Stiftung gesamtschuldnerisch

Dies bedeutet aber - entgegen einer noch immer weit verbreiteten Vermutung - nicht, dass einzelne Organe sich zum Teil über den Einwand eines Mitverschuldens anderer Organe entlasten können. Gehaftet wird allein und in vollem Umfang.

Mit Urteil vom 20. November 2014 (Az. III ZR 509/13) hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Wege der Revision über das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 8. November 2013 (Az. 6 U 50/13) zu entscheiden, in dem noch von der Möglichkeit eines entsprechenden Mitverschuldenseinwands ausgegangen wurde.

Die klagende Stiftung verklagte ihren ehemaligen Vorstand auf Schadensersatz da dieser aufgrund pflichtwidriger Vermögensverwaltung, zu hoher laufender Ausgaben im Rahmen des Stiftungsbetriebes und pflichtwidriger Ankäufe einen erheblichen Verlust des Stiftungsvermögens zu verantworten hatte.
Das Kuratorium, welches laut Satzung oberstes Organ der Stiftung war und die Geschäftsführung des Vorstandes zu überwachen und diesem gegebenenfalls Weisungen zu erteilen hatte, wurde von der Stiftung indes nicht verklagt.

Das OLG Oldenburg hatte den Vorstand in erheblichem Umfang verurteilt. Nach Ansicht des OLG hatte der beklagte Vorstand sowohl die gesetzliche Verpflichtung, das Stiftungsvermögen in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten, als auch die sich aus der Satzung ergebende Vermögensverwaltungspflicht verletzt.

Das OLG hatte dann, anders als später der BGH in der Revisionsinstanz, auf den entsprechenden Einwand des Vorstandes, ein hälftiges Mitverschulden des Kuratoriums angenommen. Dieses begründete das OLG damit, dass das Kuratorium von den Vermögensanlagen gewusst habe und gegen diese nicht eingeschritten sei, obwohl es laut der Satzung für die Überwachung des Vorstandes zuständig gewesen sei.

Entsprechend des hälftigen Mitverschuldens wurde der Vorstand nur zum Ersatz der Hälfte des festgestellten Schadens verurteilt.

Der BGH hat den ehemaligen Vorstand der Stiftung in seiner Entscheidung vom 20.11.2014 über die ausgeurteilte Summe hinaus zu einer weiteren Zahlung verurteilt.

Diese zusätzliche Verurteilung resultierte daraus, dass der BGH – anders als das OLG Oldenburg – § 254 BGB nicht für anwendbar hielt und es dem beklagten Vorstand daher verwehrt hat, sich auf den Einwand des Mitverschuldens des Kuratoriums zu berufen.

Der BGH legte seiner Entscheidung die Überlegung zugrunde, dass die Stiftung als juristische Person an der Schadensentstehung selbst nicht mitgewirkt habe. Ein Mitverschulden könne allenfalls aus dem Handeln des Kuratoriums herrühren, was jedoch voraussetze, dass die Stiftung sich dieses anspruchsmindernd anrechnen lassen müsste. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Zur Begründung hat der BGH den Vergleich zur Organhaftung bei GmbH oder Aktiengesellschaft gezogen, bei der eine Berufung auf den Mitverschuldenseinwand ebenfalls nicht möglich sei. In der juristischen Person seien die Pflichten der Organe so ausgestaltet, dass sie nebeneinander bestünden. Jedes Organ sei für die Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen seines Geschäftsbereichs selbstständig verantwortlich und habe deshalb im Falle einer Pflichtwidrigkeit auch voll für den verursachten Schaden einzustehen.
Der BGH stellte klar, dass diese gesellschaftsrechtlichen Grundsätze in gleicher Weise auch für eine Stiftung gelten. Wenn mehrere Organe einer Stiftung diese schädigen, so haften diese, so der BGH, gleichstufig und damit als Gesamtschuldner. Sie könnten sich nicht auf das Mitverschulden eines anderen Organs berufen, sondern seien darauf angewiesen, gegebenenfalls bei dem anderen Organ Rückgriff zu nehmen. Dem stand im zu entscheidenden Fall auch nicht entgegen, dass das Kuratorium gegenüber dem Vorstand gemäß der Satzung weisungsbefugt war.

Das Urteil des BGH bringt Klarheit zu der Frage, in welchem Verhältnis die Haftung mehrerer Stiftungsorgane zueinander steht und beendet damit eine bestehende Unklarheit, ob die zu GmbH und AG entwickelten Haftungsregimes für Organe auch für andere gängige juristische Personen anzuwenden seien.
Für Mitglieder von Stiftungsorganen - in nicht wenigen Fällen Ehrenämter - hat das Urteil zur Folge, dass die Gefahr einer umfassenden Haftung gestiegen ist.
Eine Haftung als Gesamtschuldner mit anderen Stiftungsorganen bedeutet dann, dass die Stiftung den Schadensersatz zwar nur einmal fordern kann, sich dabei aber aussuchen kann, gegen wen sie vorgeht, und von jedem Gesamtschuldner die gesamte Erstattung verlangen kann.
Es ist dann an dem zuerst in Anspruch Genommenen, seinerseits Erstattung von den Mithaftenden zu verlangen. Sofern diese jedoch nicht zahlungsfähig sind, läuft der zuerst in Anspruch Genommene Gefahr, auf den gesamten Kosten sitzen zu bleiben. Außerdem besteht die Gefahr, dass das Gericht, das später über den Regress zu entscheiden hat, die Pflichtverletzungen anders beurteilt als das zuerst mit der Sache befasste Gericht und - wenn überhaupt - zu einer abweichenden Mithaftungsquote kommt. Um dies zu vermeiden, kann der in Anspruch Genommene den Mitgliedern der übrigen Stiftungsorgane den Streit verkünden, wenn diese nach seinem Dafürhalten ebenfalls zu der Schadensverursachung beigetragen haben.

Christan W. Terno
Rechtsanwalt
14. Januar 2016

von Christian W. Terno

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