2015
Unternehmen // Unternehmer

Steuergefahr für Kommanditisten

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 9. Juli 2015 (Az. IV R 19/12) eine überraschende Entscheidung für all diejenigen gefällt, die sich an einer Publikums-KG bzw. einer Publikums-GmbH & Co. KG beteiligt haben, also beispielsweise für alle Immobilien- oder Schiffsfondsbeteiligten. Typischerweise werden dort dem Anleger während der Zeit seiner Beteiligung erhebliche Verluste zugewiesen, die er mit seinen übrigen positiven Einkünften verrechnen kann. Der Bundesfinanzhof meint nun, dass bei Ausscheiden § 15a EStG anzuwenden und damit ein entstandenes negatives Kapitalkonto zu versteuern sei. Die Richter sind sogar der Meinung, dass es für die Versteuerung keine Rolle spiele, aus welchen Gründen das Kapitalkonto negativ geworden ist.

Im entschiedenen Fall beteiligte sich der Steuerpflichtige in den Jahren zwischen 1981 und 1999 neben einer Vielzahl anderer als Kommanditist an einer Fonds-GmbH & Co. KG mit einer Einlage einschließlich Agio von 105.000,00 DM. Im Gesellschaftsvertrag war keine Nachschusspflicht vorgesehen. Das Geschäftsergebnis sollte nach Abzug einer Vorwegvergütung für die Komplementärin auf alle Gesellschafter entsprechend der Höhe ihre Einlage verteilt werden. Weiter war im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass der zu verteilende Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet wird, soweit nicht das Verlustvortragskonto noch nicht wieder ausgeglichen ist oder die Liquiditätslage der Gesellschaft eine Ausschüttung nicht zulässt. Weiter war bestimmt, dass Entnahmen abseits der Ausschüttungen nur dann zulässig sind, wenn die Liquiditätslage der Gesellschaft dies zulässt und die Gesellschafterversammlung einen entsprechenden Beschluss mit den Stimmen der persönlich haftenden Gesellschafterin fasst. Entnahmen sollten nur einheitlich von allen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen erfolgen dürfen.

In den ersten zehn Jahren seiner Beteiligung wurden dem Kläger nur Verluste zugewiesen, sodann ab dem Jahr 1991 bis zu seinem Ausscheiden Gewinnanteile. Der Verlustanteil betrug nach Saldierung mit den Gewinnanteilen ca. 75.000,00 DM. Seit 1984 nahm der Fonds auch Ausschüttungen aus der Liquidität für alle Kommanditisten vor, der klagende Steuerpflichtige erhielt insgesamt ca. 78.000,00 DM. Als er im Jahr 1999 aus dem Fonds ausschied, ermittelte sein Finanzamt einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn von ca. 71.000,00 DM, der sich aus einer Verrechnung des Kapitals zuzüglich Agio abzüglich des Saldos aus den Gewinn- und Verlustzuweisungen und den Ausschüttungen aus der Liquidität zuzüglich des Auseinandersetzungsguthabens ergab. Diesen vermeintlichen Versteuerungsgewinn wollte der Steuerpflichtige nicht versteuern, ist nun aber beim Bundesfinanzhof letztinstanzlich unterlegen.

Der Bundesfinanzhof geht in seinem Urteil von dem Grundsatz aus, dass der zu berücksichtigende Veräußerungsgewinn oder Veräußerungsverlust derjenige Betrag ist, um den der Veräußerungspreis den Wert des Anteils am Betriebsvermögen zum Zeitpunkt des Ausscheidens übersteigt bzw. unterschreitet. Auch der auf den Entnahmen beruhende Teil sei einzubeziehen, denn das durch die Entnahme belastete Kapitalkonto müsse, so die Richter, aus dem künftigen Vermögenszuwachs der Gesellschaft ausgeglichen werden. Der Steuerpflichtige müsse also bis zum Ausgleich des durch Entnahmen entstandenen Negativkontos auf Gewinnanteile verzichten und diese seinen Mitgesellschaftern überlassen. Diese Verpflichtung entfalle jedoch mit dem Ausscheiden aus dem Fonds, so dass sich der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn um den Betrag der Verpflichtung erhöhe.

Hier zeigt sich die Kehrseite der steuerlichen Vorteile in der Zeit der gesellschafterlichen Beteiligung am Fonds. Die Verluste, die der Steuerpflichtige Jahre zuvor genutzt hat, muss er bei seinem Ausscheiden versteuern. Im Hinblick auf die kompromisslose Entscheidung des Bundesfinanzhofs sind Gestaltungen kaum erfolgversprechend umzusetzen. Anders ist es in den Fällen, in denen eine Haftungsinanspruchnahme auch nach dem Ausscheiden droht, dann ist ein eventueller Veräußerungsgewinn um den zu erwartenden Haftungsbetrag zu kürzen, was durch Einstellung einer entsprechenden Rückstellung in eine Sonderbilanz des ausscheidenden Kommanditisten abzubilden ist. Dies wird in der Praxis oft übersehen. Handlungsbedarf besteht auch bei einem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Fonds, etwa im Falle der Insolvenz der Gesellschaft. Dann ist oft eine Einigung mit der Finanzverwaltung möglich, um zumindest Progressionseffekte aufzufangen.


Lutz Schade
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht
10. Dezember 2015

Referent: Lutz Schade

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