2016
Immobilie // Bau

Schwarzgeldabrede zwischen Bauherr und Unternehmer: Haftet bei Baumängeln der bauüberwachende Architekt vollumfänglich alleine?

Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen zu § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG entschieden, dass durch die Nichtigkeit des Vertrages zwischen Unternehmer und Architekten keinerlei Mängelansprüche des Bauherrn gegen den Unternehmer bestehen. Dies kann unangenehme Folgen für den Architekten haben. Hat zum Beispiel der Unternehmer mangelhaft gearbeitet und haftet der Architekt wegen Bauüberwachungsfehlern, dann trifft den Architekten die volle Haftung im Außenverhältnis zum Bauherrn. Er kann aber seinerseits wegen fehlendem Vertrag zwischen Bauherr und Unternehmer keinerlei Ausgleichsansprüche aus § 426 Abs. 1 u. 2 BGB gegenüber dem Bauunternehmer geltend machen. Dies ist besonders bitter, wenn der Ausgleichsanspruch sehr hoch gewesen wäre.

Fraglich ist, ob in solchen Fällen nicht Lösungsansätze bestehen, wonach der Architekt im Außenverhältnis gegenüber dem Bauherrn die fehlende Haftung des Bauunternehmers aus dem gesamtschuldnerischen Innenverhältnis geltend machen kann. Zu überlegen wäre, ob Ansprüche des Architekten gegen den Bauherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten oder vorvertraglicher Pflichten bestehen oder, ob die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs Anwendung finden können. Diese Grundsätze werden unter anderem diskutiert bei nachträglichen vertraglichen Haftungsbeschränkungsregelungen zwischen Gläubiger und einem der Schuldner oder aber auch bei von vorneherein fehlender gesamtschuldnerischer Außenhaftung, zum Beispiel aufgrund gesetzlicher Privilegierung (MüKo BGB/Bydlinski BGB § 426 Rdnr. 7, 11). Eine solche von vornherein nicht bestehende Gesamtschuld liegt beispielsweise bei der Haftungsprivilegierung der §§ 104 f. SGB VII vor (MüKo BGB a.a.O. Rdnr. 62).

In den Fällen der §§ 104 f. SGB VII besteht Einigkeit, dass die Haftungsprivilegierung bei Arbeitsunfällen nicht zu Lasten eines außenstehenden Zweitschädigers gehen darf (MüKo BGB/Wagner BGB § 840 Rdnr. 34). Die Rechtsprechung hat sich dahingehend entwickelt, dass sie den Regress des Geschädigten gegen den Zweitschädiger in diesen Fällen nur in dem Maße zulässt, in dem der Zweitschädiger anteilig im Innenverhältnis zum Erstschädiger gehaftet hätte. Der Anspruchsausgleich im Innenverhältnis wurde also zu einer Anspruchskürzung im Außenverhältnis umgewandelt (MüKo BGB/Bydlinski BGB § 426 Rdnr. 62). Der nicht privilegierte Schädiger haftet nach der Rechtsprechung des BGH somit im Außenverhältnis lediglich reduziert, wobei der Bundesgerichtshof § 254 BGB analog anwendet (MüKo BGB/Bydlinski BGB § 426 a.a.O.). Zuletzt hat der Bundesgerichtshof dies nochmals bestätigt in seiner Entscheidung vom 18.11.2014 – VI ZR 47/13 (NJW 2015, 940).

Es spricht einiges dafür, die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleiches auch auf Fälle anzuwenden, bei denen ein Gesamtschuldverhältnis erst gar nicht entsteht, weil der Vertrag zwischen Bauherrn und Unternehmer nichtig ist. Es liegt hier zwar keine gesetzliche Haftungsbefreiung des Unternehmers vor. Die Fälle könnten aber vergleichbar sein. Dies zeigen die folgenden Überlegungen: Besteht dem Bauherrn gegenüber eine gesamtschuldnerische Haftung von mehreren am Bau Beteiligten wegen Mängeln, dann steht es dem Bauherrn grundsätzlich frei mit einzelnen Gesamtschuldnern haftungsbeschränkende Vereinbarungen zu schließen. Eine solche Vereinbarung muss dann ausgelegt werden. Normalerweise ist bei diesen Vereinbarungen nicht davon auszugehen, dass der Bauherr mit der Haftungsprivilegierung eines Schuldners auch den anderen Gesamtschuldner privilegieren will und auf die Haftung diesem gegenüber verzichten möchte. In diesen Fällen haftet dann der privilegierte Schuldner nicht, gleichwohl aber der andere Gesamtschuldner, und zwar vollumfänglich. Eine Reduzierung der Haftung des Schuldners im Außenverhältnis findet nicht statt. Dies ist auch nicht unbillig, weil dieses z.B. der Architekt im Innenverhältnis gegenüber dem Bauunternehmer in dem Umfange Regress nehmen kann, in dem der Bauunternehmer für die Mängel im Außenverhältnis gehaftet hätte. Der Unterschied zum vorliegenden Fall besteht aber darin, dass ein solcher Rückgriffsanspruch hier nicht möglich ist, denn es liegt wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG keine Gesamtschuld vor. Wenn der Bauherr aber bewusst auf Ansprüche gegenüber dem Unternehmer verzichtet, weil die Vereinbarung mit dem Ausführenden gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstößt, dann ist es nur billig, wenn die Lasten daraus der Bauherr und nicht der Architekt trägt. Es wäre daher angemessen, wenn im Außenverhältnis dem Bauherrn nur entsprechend gekürzte Ansprüche gegenüber dem Architekten zustehen, wie dies auch bei Anwendung der Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs der Fall ist. Ansonsten wäre für den Bauherrn ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG weitgehend folgenlos, weil er seine Ansprüche vollumfänglich gegenüber dem (versicherten) Architekten durchsetzen kann. Das ist mit dem Ziel des SchwarzarbeitsG wohl kaum vereinbar. Die Konsequenzen des wegen Verstoßes nichtigen Vertrages soll nicht einen Dritten, hier den Architekten, sondern die Vertragspartner der nichtigen Vereinbarung treffen. Ansonsten erhielte der Bauherr den Schadensersatzbetrag vollumfänglich vom Architekten und der Unternehmer müsste für eine mangelhafte Leistung nicht haften, ein gutes Geschäft für Bauherrn und Unternehmer.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
28. April 2016

Referent: Dr. Petra Christiansen-Geiss

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