2016
Immobilie // Bau

Kündigungsrecht aus wichtigem Grund auch beim VOB-Bauvertrag

OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.02.2016 – 10 U 143/15 (IBR 2016, 2578)

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in der vorliegenden Entscheidung noch einmal herausgearbeitet, dass neben den in der VOB/B ausdrücklich geregelten Kündigungsgründen für den AG gem. § 8 Abs. 2, Abs. 3 (bei Insolvenz  bzw. auf Grund von Verzug des AN) dem AG bei VOB/B-Bauverträgen ein allgemeines Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zustehen kann. Ein wichtiger Grund soll insbesondere bei schuldhaft begangenen Vertragsverletzung des AN vorliegen, wenn der Vertragszweck durch die Verletzung derart gefährdet ist, dass es dem AG nicht mehr zumutbar ist, am Vertrag festzuhalten.


Im vorliegenden Fall, in welchem der AN mit der Ausführung von Schlosserarbeiten zur Herstellung von Fluchtwegen an einer Schule beauftragt war, sah das OLG Stuttgart die Kündigung des AG aus wichtigem Grund als gerechtfertigt an. Der AN hatte im Rahmen des Bauprojektes die Begleichung von Abschlagszahlungen, welche ihm erkennbar nicht zustanden, verlangt und darüber hinaus die Stellung einer Sicherheit durch den AG gegenüber seinem Materiallieferanten verlangt und hiervon die weitere Erbringung der eigenen Arbeiten abhängig gemacht. Der AG hatte zuvor mehrfach Frist zur Wiederaufnahme der Arbeiten gesetzt.

Die Ablehnung der Erbringung weiterer Leistungen des AN, solange (objektiv) unberechtigte Abschlagszahlungen nicht geleistet seien sowie eine nicht geschuldete Sicherheit nicht gestellt würde, rechtfertigten nach vorliegender Entscheidung eine Kündigung aus wichtigem Grund. Nach Ansicht des OLG hätten auf Grund des Verhalten des AN erhebliche Zweifel an der Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des AN bestanden. Es sei dem AG unter diesen Umständen nicht zumutbar gewesen, weiterhin an dem Vertrag festzuhalten.

In Fällen von Leistungsunwilligkeit des AN kann der AG – und dies verdeutlicht die Entscheidung des OLG noch einmal – zur sofortigen Kündigung des VOB-Bauvertrages berechtigt sein. Aufgrund der erheblichen Rechtsfolgen für den AG im Falle einer im Nachhinein nicht gerechtfertigten Kündigungserklärung sollte der AG die Kündigung jedoch nach wie vor als „ultima ratio“ verstehen und genau abwägen, ob die Kündigung tatsächlich gerechtfertigt ist.

Zunächst ist der AG gut beraten, vor Ausspruch einer Kündigung sorgsam zu prüfen, ob dem AN nicht doch ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht, beispielsweise im Falle offener und berechtigter Abschlagsforderungen. Selbst wenn der AN die weitere Leistungserbringung von der Zahlung nicht gerechtfertigter offener Abschlagszahlungen abhängig macht, ist dem AG jedenfalls zu empfehlen, vor Ausspruch einer Kündigung schriftlich eine angemessene Nachfrist zur Wiederaufnahme der Leistungen zu setzen und für den Fall, dass diese erfolglos verstreicht, die Kündigung  des Bauvertrages anzudrohen. Das OLG Koblenz (OLG Koblenz, Az. 3 U 819/13 = NZ Bau 2014, 499) hatte noch am 04.02.2014 entschieden, dass der AG auch bei  mündlicher Ankündigung des AN, seine Arbeiten erst nach Leistung einer (objektiv unberechtigten) weiteren Abschlagszahlung fortzusetzten, nicht unmittelbar ohne weitere Fristsetzung kündigen dürfe. Vielmehr sei dem AN eine angemessene Frist zur Wiederaufnahme der Arbeiten zu setzen, damit der AN seine Entscheidung überdenken und unter Umständen rechtlichen Rat einholen könne.

Ulrich Zimmermann
Rechtsanwalt
20. April 2016
 

von Ulrich Zimmermann

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