2016
Immobilie // Bau

Keine Haftung des Architekten auf Schadensersatz, wenn der Unternehmer nachbesserungsbereit ist

Das Oberlandesgericht Dresden hat in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2016, AZ. 13 U 74/16 den Fall zu behandeln gehabt, dass ein Bauunternehmer bereit war zur Mängelbeseitigung, der Bauherr diesem jedoch den Vertrag kündigte, bevor die gesetzte Nachbesserungsfrist überhaupt abgelaufen war und obwohl der Unternehmer mit der Nachbesserung teilweise sogar schon begonnen hatte. Der 13. Senat lehnte deshalb nicht nur einen Anspruch des Bauherrn gegenüber dem Unternehmer auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten ab, sondern auch einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem bauüberwachenden Architekten. Dabei ließ es der Senat dahinstehen, ob überhaupt ein Bauüberwachungsfehler vorlag. In jedem Falle sei der Klägerin eine Inanspruchnahme des Architekten aus den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt.

Grundsätzlich ist die Entscheidung begrüßenswert. Es handelt sich allerdings um eine seltene Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Bauherr es in der Hand hat zu entscheiden, welchen der am Bau Beteiligten er in Anspruch nehmen will, wenn eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen diesen besteht. Die Wahl des Anspruchsgegners wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 2. Mai 1963 – VII ZR 171/61, Rn. 37, zitiert nach Juris) nur dann eingeschränkt, wenn eine Inanspruchnahme rechtsmissbräuchlich ist. Der Gläubiger darf nämlich bei seinem Entschluss, gegen welchen Gesamtschuldner er vorgeht, nicht jede Rücksichtnahme auf den anderen vermissen lassen. Er hat vielmehr seine Rechte nach Treu und Glauben auszuüben (§ 242 BGB). So kann er ausnahmsweise daran gehindert sein, einen Architekten wegen eines Bauaufsichtsfehlers in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit er auf einfachere, insbesondere billigere Weise von dem Unternehmer die Beseitigung des Mangels erlangen kann (BGH Urteil vom 29. Juli 2007 – VII ZR 5/06, Rn. 24, zitiert nach Juris). Dabei ist es dem Bauherrn allerdings nicht zuzumuten, sich nennenswerten Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seiner Ansprüche gegen den Unternehmer auszusetzen, z.B. den Unternehmer zu verklagen (BGH Urteil vom 2. Mai 1963 a.a.O.).

Ist allerdings der Unternehmer nachbesserungsbereit und entzieht der Bauherr diesem unberechtigter Weise den Auftrag, dann unterbindet er eine einfachere und billigere Beseitigung der Mängel, die er ohne unzumutbare Schwierigkeiten hätte erlangen können. Wenn er in einem solchen Fall den bauüberwachenden Architekten auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, so ist dies nach zutreffender Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden treuwidrig. Aus diesem Grund hat das Oberlandesgericht Dresden den Schadensersatzanspruch daher zutreffend abgelehnt.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
5. Dezember 2016

Referent: Dr. Petra Christiansen-Geiss

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