2018
Verwaltung // Öffentliche Hand

Für Kommunen zwingend, aber haftungsträchtig: Schließung von Spielhallen als Folge der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages

1.
Bereits im Jahr 2012 trat der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. GlüÄndStV)  als Staatsvertrag zwischen allen deutschen Bundesländerung in Kraft. In Nordrhein-Westfalen wurde der Staatsvertrag durch das Ausführungsgesetz vom 13.11.2012 (AG GlüSTV NRW) umgesetzt . Besondere Anforderungen an die Kommunen stellt der Glückspielstaatsvertrag,  weil er „zur Bekämpfung der Spielsucht“ bundesweit insbesondere Abstandsbeschränkungen für Spielhallen vorsieht. Die Durchsetzung dieser Beschränkungen ist nunmehr Aufgabe der Kommunen.

Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ist ausgeschlossen (Verbot der Mehrfachkonzessionen). Ein Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle soll nicht unterschritten werden. Die Spielhalle soll nicht in räumlicher Nähe zu öffentlichen Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe betrieben werden; dabei soll regelmäßig der erwähnte Mindestabstand zu Grunde gelegt werden. Die für die Erlaubnis zuständige Behörde darf unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls jedoch von der Maßgabe zum Mindestabstand abweichen.

Der Betrieb einer Spielhalle steht unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Dies bedeutet, dass der Betrieb einer Spielhalle grundsätzlich untersagt ist, wenn keine gesonderte Erlaubnis erteilt wurde. Rechtsgrundlage für die Erteilung der Erlaubnis ist § 24 Abs. 1 GlüStV und § 16 AG GlüStV NRW.
Für den Erlass einer entsprechenden Erlaubnis ist die örtliche Ordnungsbehörde – also die Kommune – verantwortlich. Diese hat zu prüfen, ob die Voraussetzung für die Erteilung vorliegen, mithin auch, ob der vorgenannte Mindestabstand eingehalten wird. Hierbei handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift, so dass die Erteilung der Erlaubnis grundsätzlich zwingend abzulehnen ist, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten wird. Die Behörde kann lediglich unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls von der Maßgabe des Mindestabstands abweichen. Liegen also keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so ist die Erteilung der Erlaubnis bei Nichteinhaltung des Mindestabstandes zwingend abzulehnen.

Diese Vorgaben galten zunächst nur für die Neueröffnung von Spielhallen. Für bestehende Glücksspielbetriebe wurde ein fünfjähriger Bestandsschutz festgelegt, welcher allerdings im Juli 2017 ausgelaufen ist (sog. fünfjähriger Übergangszeitraum für Altspielhallen). Dies bedeutet, dass die bestehenden Konzessionen der sog. Altspielhallen erlöschen und neu beantragt werden müssen. Die Neuerteilung der Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle ist dann zu versagen, wenn ihr Weiterbetrieb den in § 1 GlüStV aufgeführten Zielen, wie z.B. der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes zuwiderläuft. Dies ist wiederum der Fall, wenn die oben dargestellten Abstandsgebote nicht eingehalten werden.
Vor allem wegen der jetzt geltenden Abstandsbeschränkungen wird es zum einen zu diversen Schließungen von Spielhallen kommen müssen. Problematisch sind zum anderen die zahlreichen Fälle, in denen eine Auswahl zwischen mehreren Antragstellern getroffen werden muss, von denen wegen der Abstandsgebote nur einer eine Konzession erhalten kann.

2.
Bei der Verteilung knapper Ressourcen oder Berechtigungen stehen der Verwaltung unterschiedliche Auswahlmethoden zur Verfügung, wenn entschieden werden muss, wer von mehreren Bewerbern den Zuschlag erhält. Im Rahmen dieser Auswahlmethoden kommt auch das Losverfahren in Betracht. Es hat den Vorteil, dass es besonders einfach zu handhaben ist und nur wenig Zeit in Anspruch nimmt.
Eine Auswahl kann aber auch nach materiellen Kriterien getroffen werden. So kann berücksichtigt werden, inwieweit ein Betreiber bislang die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere zum Spieler- und Jugendschutz, beachtet hat. Dabei muss es nicht nur auf solche schweren Straftaten ankommen, die zur gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit im Sinne des § 33 c Abs. 2 Nr. 1 GewO führen. Zudem könnte das Vorliegen einer Zertifizierung für Spielhallen berücksichtigt werden. Weiterhin könnten die unterschiedlichen Auswirkungen auf das Wohnumfeld und das Stadtbild ein zielorientiertes Auswahlkriterium sein. Ferner könnte die Auswahl auf die unterschiedliche Belastung der verschiedenen Spielhallenbetreiber abheben. Die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit fällt schließlich sehr unterschiedlich aus, je nachdem, wie viele Spielhallen ein Unternehmer betreibt. Betreibt er nur eine Halle, dann gefährdet deren Verlust möglicherwiese seine Lebensgrundlage.

Bei Anwendung dieser vorgenannten möglichen Auswahlkriterien ist schließlich auch die Angemessenheit im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit, welche stets bei einem Grundrechtseingriff und insbesondere bei einem Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigen ist, gewahrt. Mithin entsprechen diese Auswahlkriterien mehr den Anforderungen des Grundrechts als das Losverfahren. Ein Losverfahren kann aber in der Regel dann herangezogen werden, wenn die erwähnten Auswahlkriterien zu einem Gleichstand der Bewertung führen, da dann der Einsatz des Losverfahrens grundrechtlich legitimiert werden kann .

Fazit:

Die Ablehnung einer Spielhallenkonzession durch die Kommune ist außerordentlich streitträchtig. Es muss somit dafür Sorge getragen werden, dass die Auswahlentscheidung, orientiert an den widerstreitenden Grundrechten, im zu erlassenden Bescheid nachvollziehbar begründet werden. Eine gute, sorgfältig erarbeitete und begründete Auswahlentscheidung schützt vor einer Anfechtbarkeit im Verwaltungsrechtsweg und vor einer etwaigen Haftung der Kommune.

Dr. Norbert Reuber                             Daniela Mechelhoff
Rechtsanwalt                                      Rechtsanwältin
Fachanwalt für Verwaltungsrecht










Referent: Dr. Norbert Reuber

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