2011
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Die Mediation im neuen gesetzlichen Gewand

Die bisher im deutschen Recht weitgehend ungeregelten verschiedenen Formen der Mediation werden mit dem vom Bundestag am 15. Dezember 2011 beschlossenen "Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (Mediationsgesetz)" geregelt.

1. Grundsätzliches
Die bisher im deutschen Recht weitgehend ungeregelten verschiedenen Formen der Mediation werden mit dem vom Bundestag am 15. Dezember 2011 beschlossenen "Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (Mediationsgesetz)" geregelt. Das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten, es ist an den Bundesrat weitergeleitet worden, wobei es als Einspruchsgesetz nicht seiner Zustimmung bedarf.

Mediation ist im Sinne des Gesetzes "ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben".

Nach dem Gesetz sind zwei Einrichtungen der Konfliktbeilegung zu unterscheiden, nämlich die der eigentlichen Mediation und die des sog. Güterichters. Im laufenden Rechtsstreit kann das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteverhandlungen vor einen Güterichter als beauftragten oder ersuchten Richter verweisen. Die ursprüngliche amtliche Gesetzesbegründung der Bundesregierung betrachtete diese Verweisung gemäß dem geänderten § 278 Abs. 5 ZPO alleine im Ermessen des Gerichts stehend (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/053/1705335.pdf); eine Zustimmung der Parteien hierzu sei nicht notwendig. Anders sieht es die spätere Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages, wonach der Verweis vor einen zur Durchführung einer Güteverhandlung bereiten Güterichter nur mit Einverständnis der Parteien in Betracht komme. Begründet wird diese vorzugswürdige Prämisse mit der Überlegung, dass die Güteverhandlung und weitere Güteversuche vor einem Güterichter wohl nur aussichtsreich seien, wenn die Parteien für eine einvernehmliche Konfliktlösung offen und deshalb grundsätzlich bereit sind, sich auf ein solches Verfahren einzulassen. Da sich das Erfordernis der Zustimmung der Parteien zur Verweisung an den Güterichter aus dem Gesetz selbst nicht ergibt, bleibt abzuwarten, wie die Verweisung an den Güterichter künftig in der gerichtlichen Praxis vonstattengeht.  

Jedenfalls das Mediationsverfahren basiert auf der freiwilligen Entscheidung der Parteien. Es kann sowohl vor als auch im laufenden Rechtsstreit aufgenommen werden. Im laufenden Rechtsstreit kann das Gericht den Parteien die Aufnahme der Mediation vorschlagen.

2. Person des Mediators

Der Mediator ist eine unabhängige, neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die allen Parteien gleichermaßen verpflichtet ist. Als Mediatoren kommen auch und gerade Rechtsanwälte in Betracht. Der Mediator ist grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet, wobei sich diese Pflicht auf alles bezieht, was ihm in Ausübung seiner Tätigkeit bekannt geworden ist. Ferner bestehen für den Einzelfall Tätigkeitsbeschränkungen, etwa wenn der Mediator oder eine mit ihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundene Person vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei, beispielsweise durch anwaltliche Mandatierung, tätig gewesen ist. Dem Mediator steht ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu.   

Die Bezeichnung "Mediator" ist nach bisheriger Rechtslage nicht geschützt. Nunmehr wird das Führen der Bezeichnung "zertifizierter Mediator" gesetzlich verankert. Voraussetzung des Führens dieser Bezeichnung ist eine geeignete Aus- und Fortbildung, deren Inhalt, Umfang und Durchführung durch eine Verordnung des Bundesministeriums der Justiz näher bestimmt werden wird.  

3. Vergütung des Mediators

Eine gebührenrechtliche Regelung wurde nicht in das Mediationsgesetz aufgenommen. Die Vergütung des Mediators ist nach der Gesetzesbegründung zwischen ihm und den Parteien frei verhandelbar. Für den Rechtsanwalt als Mediator ergibt sich eine entsprechende gebührenrechtliche Regelung aus § 18 BORA iVm. § 34 Abs. 1 RVG, wonach er auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken soll.

4. Die Mediation in Abgrenzung zum sog. Güterichterkonzept

Das Institut des Güterichters ersetzt die bislang in manchen Bundesländern praktizierten unterschiedlichen Modelle der gerichtsinternen Mediation. Bisher ist ein recht weitgehendes gerichtsinternes Mediationsprojekt beispielsweise in Niedersachsen durchgeführt worden und es gab auch einzelne Modellprojekte in Nordrhein-Westfalen, u.a. das Kölner Mediationsprojekt.

Das neue Güterichterkonzept gilt nicht nur für die ordentliche Gerichtsbarkeit, sondern ist ebenso auf die Verfahrensordnungen der Arbeits-, Sozial-, Verwaltungs-, Patent-, Marken- sowie Finanzgerichte ausgedehnt worden. Güterrichter kann–abhängig von der Verweisung des Gerichts - ein beauftragter oder ein ersuchter Richter sein. Dieser ist befugt, den in grundsätzlich nichtöffentlicher Verhandlung vorgetragenen Sachverhalt rechtlich zu bewerten und den Parteien eine Lösung des Streits zu unter-breiten. Gerade in der Befugnis zur rechtlichen Bewertung liegt ein bedeutender Unterschied zur bisherigen gerichtsinternen Mediation.

Eine Protokollierung des richterlich geführten Gütegesprächs erfolgt nur, wenn die Parteien dies übereinstimmend beantragen. Diese Regelung gilt aber gemäß dem geänderten § 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur für den ersuchten Richter. Bei einem beauftragten Richter ist eine Abweichung von der Protokollierungspflicht gerichtlicher Verhandlungen nicht vorgesehen, da der beauftragte Richter ohnehin dem erkennenden Gericht angehört. Er hat also die Güteverhandlung zu protokollieren.

Die Alternative zum Güterichtermodell stellt das eigentliche–außergerichtliche - Mediationsverfahren dar. Dieses dürfte etwa von Parteien vorzuziehen sein, die einen über das Güterichtermodell hinausgehenden Schutz der Vertraulichkeit wünschen. Entscheiden sich die Parteien zur Durchführung einer Mediation, ordnet das Gericht das Ruhen des Verfahrens an. Im Gegensatz hierzu ruht das gerichtliche Verfahren nicht, wenn das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung an einen Güterichter verweist.

Zu beachten ist, dass eine anwaltliche Begleitung der Parteien im Mediationsverfahren nur mit Zustimmung sämtlicher Parteien möglich ist. Dies soll nach der Gesetzesbegründung aus § 2 Abs. 4 Mediationsgesetz folgen, der die Einbeziehung Dritter in die Mediation regelt. Unter „Einbeziehung” sei die persönliche Anwesenheit in der Mediation zu verstehen; als "Dritte" werden ausdrücklich Rechtsanwälte genannt. Für das Verfahren vor dem Güterichter soll das Zustimmungserfordernis ausweislich der Gesetzesmaterialien aber nicht gelten.

5. Vollstreckbarkeit der Mediationsvereinbarung

Die Titulierung der Mediationsvereinbarung kann gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO in Verbindung mit § 797 ZPO durch Protokollierung bei einem deutschen Gericht oder Beurkundung durch einen deutschen Notar erfolgen. Die Protokollierung dürfte nach allgemeinen Regeln auch durch den ersuchten Richter im Rahmen des Güterichterkonzepts möglich sein. Die Vollstreckungsfähigkeit kann auch gemäß § 796a ZPO durch einen anwaltlichen Vergleich herbeigeführt werden.

6. Hemmung der Verjährung

Im Hinblick auf die Verjährung hat der Gesetzgeber keinen weiteren Regelungsbedarf gesehen. Die Verjährung ist bereits dann nach § 203 Satz 1 BGB gehemmt, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen über den Anspruch oder über die den Anspruch begründenden Umstände schweben; eine Mediation stellt eine solche Verhandlung dar. Lassen die Parteien die Mediation zwischenzeitlich ruhen, um die bisher erzielten Ergebnisse zu überprüfen und dann über eine mögliche Fortführung zu entscheiden, endet die Hemmung erst, wenn eine der Parteien eine Fortsetzung der Mediation klar und deutlich ablehnt.

Hinzuweisen bleibt aber darauf, dass alleine über die Hemmungsregelung des § 203 BGB die Aussetzung gesetzlicher Ausschlussfristen, welche vor allem im Arbeitsrecht eine große Rolle spielen, nicht gewährleistet ist. Zu empfehlen ist daher die Aufnahme einer Regelung in den zu erstellenden Mediationsvertrag, wonach während des Mediationsverfahrens alle gesetzlichen oder vertraglichen Verjährungs- und Ausschlussfristen in Bezug auf den Konfliktfall–soweit rechtlich möglich - gehemmt sind.   

7. Übergangsbestimmung

Die bestehenden Angebote für die Durchführung einer gerichtsinternen Mediation können für einen Zeitraum von einem Jahr nach dem Inkrafttreten des Mediationsgesetzes fortgeführt werden. Nach Inkrafttreten des Gesetzes bis zum Ablauf des Übergangszeitraums können neue gerichtsinterne Mediationsverfahren eingeleitet und durchgeführt werden.

8. Praktische Folgen

Das Gesetz hat gemäß dem neuen § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auch Auswirkungen auf das Verfassen der Klageschrift. Hiernach soll die Klageschrift die Angabe enthalten, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Damit ist unmittelbar eine neue Informationspflicht für die Klageschrift geschaffen worden, auch wenn diese lediglich als Soll-Bestimmung gekennzeichnet ist. 

David Poschen
Rechtsanwalt

 

Downloads

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses

 

Referent: David Poschen

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