2021
Blog, Vermögen // Familie

Deutlich höherer Kindesunterhalt bei guten Einkommensverhältnissen

- Erweiterte Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle -

Bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16.09.2020, Az. XII ZB 499/19, wurde der Kindesunterhalt bei einem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils von über 5.500 € in der Regel nach der Einkommensgruppe 10 der Düsseldorfer Tabelle bestimmt und „nach den Umständen des Falles“ angepasst. In der Praxis bedeutete dies, dass der das Kind betreuende Elternteil im Einzelfall darlegen musste, dass und wofür das gemeinsame Kind höheren Unterhalt benötigt, als den, der der Einkommensgruppe 10 der Düsseldorfer Tabelle entspricht.

Bis zum 31.12.2020 waren damit in der Regel – abhängig vom Alter des Kindes – nur geringe Zuschläge zum Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle nach der Einkommensgruppe 10 möglich. Bis zum 31.12.2010 belief sich der Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle für Kinder bis 5 Jahren auf 591 €, für Kinder von 6-11 Jahren auf 679 € und für Kinder von 12-17 Jahren auf 796 €. Das staatliche  Kindergeld, welches in der Regel an den betreuenden Elternteil ausgezahlt wird, wurde hierauf in aller Regel angerechnet.

Der Bundesgerichtshof hält nunmehr an seiner bisherigen Rechtsprechung einer konkreten Bedarfsermittlung des Kindesunterhaltes bei besonders guten Einkommensverhältnissen nicht mehr uneingeschränkt fest. Es ist, wie der BGH in der Entscheidung vom 16.09.2020 ausführt, nunmehr möglich, bei einem unterhaltsbereinigten Nettoeinkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils von über 5.500 € den weitergehenden Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes durch eine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle über die Einkommensgruppe 10 hinaus zu ermitteln. Eine solche begrenzte Fortschreibung ist – wie der Leitsatz der Entscheidung zu Ziffer b) ausdrücklich hervorhebt – bis zur Höhe des doppelten des zurzeit ausgewiesenen Einkommensbetrages nicht ausgeschlossen.

Das bedeutet, dass dann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil ein monatliches Nettoeinkommen von über 11.000 € erzielt, ohne weiteren Nachweis der Unterhalt aus einer fortgeschriebenen Einkommensgruppe 20 der Düsseldorfer Tabelle hergeleitet werden kann, sodass ab 01.01.2021 Kinder besser verdienender Eltern wesentlich höhere Unterhaltsansprüche durchsetzen können. 

Die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat Auswirkungen nicht nur für Neu- und Erstberechnungen von Kindesunterhaltsansprüchen, sondern könnte auch im Rahmen einer so genannten Unterhaltsabänderung geltend gemacht werden. D.h. sie findet auch auf Fälle Anwendung, in denen der Unterhalt aufgrund der alten Bestimmungen bereits geregelt worden ist.

Noch ist allerdings nicht klar, wie zwingend und konsequent eine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bis Einkommensgruppe 20 umgesetzt werden wird. Die Verfasser der Düsseldorfer Tabelle beließen es dabei, auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.09.2020 hinzuweisen, obwohl es vor Veröffentlichung der Düsseldorfer Tabelle und nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ohne Weiteres möglich gewesen wäre, eine Fortschreibung schon in die Düsseldorfer Tabelle mit aufzunehmen.

Die nachfolgend erstellte Fortführung der Düsseldorfer Tabelle, bietet insoweit nur eine Orientierung, wie bei besonders guten Einkommensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils der Unterhalt schematisch berechnet werden könnte. Die Fortschreibung wurde dabei nach folgenden Kriterien vorgenommen:

  •  Bis zur Einkommensstufe 10 der Düsseldorfer Tabelle erfolgt eine Anpassung des Kindesunterhaltes bei jeder Einkommenserhöhung des Pflichtigen um weitere 400 €. Dementsprechend haben wir die Fortführung der Düsseldorfer Tabelle in entsprechenden 400 € Schritten vorgenommen.
  • Die Düsseldorfer Tabelle erhöht sich in der Altersgruppe 1 von der 9. auf die 10. Einkommensstufe um 31 €, in der 2. Altersstufe um 36 € und in der 3. Altersstufe um 45 €. Diese Erhöhung bei einem gestiegenen Einkommen um jeweils 400 € haben wir entsprechend fortgeführt, d.h. pro 400 € mehr Einkommen steigt der Kindesunterhalt in der 1. Altersstufe um 31 €, in der 2. Altersstufe um 36 € und in der 3. Altersstufe um 45 €.

Die Verrechnung des staatlichen Kindergeldes ist in der fortgeführten Tabelle noch nicht berücksichtigt. Regelmäßig wird das Kindergeld an den betreuenden Elternteil ausgezahlt und es erfolgt eine Verrechnung im Innenverhältnis mit dem geschuldeten Barunterhalt. In diesem Fall kürzt sich der fortgeführte Tabellenunterhaltsbetrag also um das hälftige Kindergeld, d.h. um 109,50 € jeweils für das 1. und 2. Kind.

Erweiterung der Düsseldorfer Tabelle

 

Nettoeinkommen des/der Barunterhaltspflichtigen

Altersstufen in Jahren (§ 1612 a Abs. 1 BGB)

Prozentsatz

 

 

0-5

6-11

12-17

Ab 18

 

11.

5.900

660,00

758,00

890,00

948,00

168

12.

6.300

691,00

794,00

935,00

993,00

176

13.

6.700

722,00

830,00

980,00

1.038,00

184

14.

7.100

753,00

860,00

1.025,00

1.083,00

192

15.

7.500

784,00

902,00

1.070,00

1.128,00

200

16.

7.900

815,00

938,00

1.115,00

1.173,00

208

17.

8.300

846,00

974,00

1.160,00

1.218,00

216

18.

8.700

877,00

1.010,00

1.205,00

1.263,00

224

19.

9.100

908,00

1.046,00

1.250,00

1.308,00

232

20.

9.500

939,00

1.082,00

1.295,00

1.353,00

240


Dr. Udo Völlings
Rechtsanwalt
3. März 2021
 

Referent: Dr. Udo Völlings

Suche

Chronologische Übersicht

Standorte

Köln
Sachsenring 69
D-50677 Köln
T +49 221 / 92 081-0
F +49 221 / 92 081-91
koeln@hwhlaw.de

Leipzig
Beethovenstraße 35
D-04107 Leipzig
T +49 341 / 71 04-4
F +49 341 / 71 04-600
leipzig@hwhlaw.de

Düsseldorf
Ritterstraße 10
D-40213 Düsseldorf
T +49 211 / 17 16 06 57
F +49 211 / 17 16 06 58
duesseldorf@hwhlaw.de

Stuttgart
Königstraße 26
D-70173 Stuttgart
T +49 711 / 18 56 72 16
F +49 711 / 18 56 74 55
stuttgart@hwhlaw.de

Berlin
Hohenzollerndamm 7
D-10717 Berlin
T +49 30 / 88 56 60-0
F +49 30 / 88 56 60-66
berlin@hwhlaw.de

München
Leonrodstraße 68
D-80636 München
T +49 89 / 24 41 03 8-0

F +49 89 / 24 41 03 8-29
muenchen@hwhlaw.de