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Update Tariftreue- und Vergabegesetz
Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber sorgte mit dem neuen Tariftreue- und Vergabegesetz (TVgG NRW) im Frühjahr 2012 für erhebliches Aufsehen sowie große Unsicherheit und Skepsis bei den mit dem Vergabewesen befassten Praktikern ("Das neue Tariftreue- und Vergabegesetz NRW: Mehr Bürokratie im Vergabeverfahren?").
Bei vielen Vorgaben des Gesetzes stellt sich die Frage, wie sie in der Vergabepraxis adäquat und vor allem–vor dem Hintergrund der empfindlichen Sanktionen bei Verstößen gegen das TVgG NRW - rechtssicher umzusetzen sind. Manche Bestimmungen des TVgG NRW, wie § 19 betreffend die Frauenförderung, können bis dato noch nicht angewendet werden, da die vom Gesetz vorgesehene Rechtsverordnung bislang nicht in Kraft getreten ist. Die Rechtsverordnung wird u.a. den Inhalt der Maßnahmen zur Frauenförderung und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den Kreis der betroffenen Unternehmen regeln.
Die Durchführungsverordnung wurde bereits im Dezember 2012 im Kabinett beschlossen und ist am 08. Mai 2013 Gegenstand der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk gewesen. Nach der "Absegnung" durch den Ausschuss wird die Durchführungsverordnung nunmehr am 01.06.2013 in Kraft treten. Auf einige Regelungen der Verordnung soll im Folgenden eingegangen werden.
In der Rechtsverordnung ist im Hinblick auf die Frauenförderung ein Katalog mit Maßnahmen enthalten, von denen gestaffelt nach Anzahl der Beschäftigten im Unternehmen zwei, drei oder vier auszuwählen und umzusetzen sind. Beispielsweise gelten als Maßnahmen in diesem Sinne, auf die sich die Unternehmen in einer Verpflichtungserklärung festzulegen haben, das "Angebot von Teilzeitarbeit oder flexiblen Arbeitszeitmodellen für alle Beschäftigten mit Familienaufgaben" oder die "Einrichtung von Eltern-Kind-Zimmern für die Beschäftigten".
Hierbei ist beachtenswert, dass sich ein Unternehmen 12 Monate lang, ab Datum des Zuschlags, auf die Verpflichtungserklärung zur Umsetzung von Maßnahmen der Frauenförderung bei anderen Vergabeverfahren berufen kann. Bei Nichtdurchführung der Maßnahmen drohen Vertragsstrafen. Außerdem besteht die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung der Vertragsbeziehung.
Die Energieeffizienz hat nach dem TVgG NRW einen hohen Stellenwert bei der Vergabe. Die Verordnung konkretisiert nun, dass der öffentliche Auftraggeber bei der Festlegung des Leistungsgegenstandes einer Dienst-, Liefer- oder Bauleistung bei Beschaffungsvorhaben oberhalb der EU-Schwellenwerte das "höchste Leistungsniveau an Energieeffizienz" zugrunde zu legen hat. Dies bedeutet, dass bei der Auswahl des Leistungsgegenstandes die "höchste auf dem Markt verfügbare Energieeffizienz" anzusetzen ist, nämlich die mit dem niedrigsten auf dem Markt verfügbaren Energieverbrauch im Verhältnis zur Leistung unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit. Ausnahmen von dieser prinzipiellen Forderung sind besonders zu begründen.
Bezüglich der Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen wird nun nach der Verordnung auf "sensible Produkte" abgestellt. In der Verordnung sind verschiedene Produkte aufgelistet, bei denen die Missachtung der ILO-Kernarbeitsnormen dann zu befürchten ist, sofern diese in Ländern, die in der von der OECD geführten DAC-Liste der Entwicklungsländer und -gebiete aufgeführt sind, gewonnen oder hergestellt worden sind. Als sensible Produkte gelten im Sinne der Verordnung etwa Bekleidung, Stoffe, Textilien, landwirtschaftliche Produkte, Holz, Lederwaren, Teppiche etc. Der Bieter hat zu prüfen und zu erklären, ob die Ware, die angeschafft oder im Rahmen einer Dienst- oder Bauleistung verwandt wird, den aufgeführten Warengruppen zuzuordnen ist und aus einem der DAC-Länder stammt. Wenn dies nicht der Fall ist, hat der Bieter keine weitergehenden Erklärungen abzugeben.
Dies gilt auch für den Fall, dass die Ware zwar ein sensibles Produkt darstellt aber nicht aus einem DAC-Land stammt. Ansonsten hat der Bieter nachzuweisen oder zu erklären, dass die Produkte nachweislich oder gemäß einer entsprechenden Zusicherung nicht unter Missachtung der ILO-Kernarbeitsnormen gewonnen oder hergestellt worden sind.
Gemäß der Verordnung sind die Vorgaben des TVgG NRW bei einem Direktkauf im Sinne des § 3 Abs. 6 VOL/A, der einen Auftragswert von EUR 500 netto nicht übersteigt, nicht anzuwenden (Bagatellbeschaffungen).
Die Vorgaben der RVO zum TVgG NRW sind – außer bei den gerade beschriebenen Bagatellbeschaffungen – bei praktisch allen EU-weiten und nationalen Vergaben durch öffentliche Auftraggeber in NRW zu beachten. Bieter haben sich hierauf einzustellen und müssen sich bei der Teilnahme an Vergabeverfahren zwangsläufig mit dem Regelungsinhalt der RVO beschäftigen.
David Poschen
Rechtsanwalt
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