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Preisgleitklauseln – Zulässigkeit und Praktikabilität

Bereits in Zeiten vor der Corona-Pandemie und dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine spielten Preissteigerungen im Bausektor eine wesentliche Rolle. Dies äußerte sich etwa in einem rasanten Anstieg von Preisen für Stahl, Holz oder Bitumen. Aufgrund der globalen Entwicklungen in den letzten drei Jahren wurden solche Preissteigerungseffekte nochmals gesteigert und weiteten sich auf zusätzliche Bereiche aus. Mittlerweile sorgen Lieferkettenengpässe und horrende Energiekosten für Schwierigkeiten. Auftraggebern und Auftragnehmern wird es so erschwert, solide Kalkulationen vorzunehmen und Projekte für beide Parteien finanziell lohnenswert umzusetzen. Eine Vorhersage der preislichen Entwicklung ist nahezu unmöglich und erschwert daher auch die Realisierung von Bauvorhaben.

In der Vergangenheit – als sich die Steigerungen lediglich auf einzelne Produkte oder Produktgruppen auswirkten – wurde diesem Problem mit einer Stoffpreisgleitklausel begegnet. Doch stellt sich die Frage: Ist eine solche Klausel überhaupt noch praktikabel, wenn nahezu jeglicher (Bau-)Stoff davon betroffen ist? Wäre eine allgemeinere Preisgleitung nicht einfacher zu handhaben oder besteht auch die Möglichkeit, eine gewerkeweise Preisgleitung zu vereinbaren? Auf der anderen Seite können Preisgleitklauseln auch inflationsbeschleunigend wirken und die aktuelle Entwicklung weiter verstärken. Ihre Zulässigkeit ist daher im Preisklauselgesetz (PreisklG) stark eingeschränkt.

Daher befasst sich dieser Beitrag einerseits mit den Grundlagen zu Preisgleitklauseln, andererseits mit der Zulässigkeit anderer denkbarer Preisgleitungen. Allgemein handelt es sich bei Preisgleitklauseln um Wertsicherungsklauseln, welche aus drei Elementen bestehen. Neben den Anpassungsvoraussetzungen, also den Voraussetzungen, die die Anpassung des Preises auslösen, müssen auch der Bewertungsmaßstab und der Anpassungszeitpunkt festgelegt werden. Neben Aspekten des AGB-Rechts sollen auch vergabe- und preisklauselrechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden.

1.    Das Preisklauselgesetz (PreisklG)

Nach dem Grundsatz des § 1 Abs. 1 PreisklG darf der Betrag von Geldschulden nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind. Preisklauseln, die dagegen verstoßen, werden mit dem Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes unwirksam (§ 8 PreisklG). Das Verbot des § 1 Abs. 1 PreisklG gilt gemäß § 1 Abs. 2 PreisklG allerdings nicht für Leistungsverbotsklauseln, Spannungsklauseln, Kostenelementeklauseln und solche Klauseln, die lediglich zu einer Ermäßigung der Geldschuld führen. Außerdem bestehen nach den §§ 2 ff. PreisklG Ausnahmen vom generellen Verbot von Preisgleitklauseln insbesondere für langfristige Verträge.

a)    Stoffpreisgleitklauseln

Bei den üblichen Stoffpreisgleitklauseln handelt es sich regelmäßig um Kostenelementeklauseln im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 PreisklG. In Kostenelementeklauseln wird der geschuldete Betrag insoweit von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen. Dies trifft für Stoffpreisgleitklauseln zu, die aufgrund eines Kostenelements den Gesamtpreis proportional anpassen lassen und es sich nicht nur um Selbstkosten des Auftragnehmers handelt, die sich mittelbar aus dem Erwerb des geschuldeten Guts ergeben. Eine Stoffpreisgleitklausel, wie sie etwa die Formblätter 225 und 225a des VHB Bund vorsehen, ist danach als Kostenelementeklausel nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 PreisklG zulässig.

b)    Gewerkepreisgleitklauseln

Denkbar ist es auch, eine Gewerkepreisgleitklausel zu vereinbaren, welche die Preisgleitung an ein bestimmtes Gewerk, etwa die Dachdeckerarbeiten knüpft. Eine solche Klausel könnte ebenfalls als Kostenelementeklausel zulässig sein.

Zu den berücksichtigungsfähigen Selbstkosten des Auftragnehmers im Rahmen einer zulässigen Kostenelementeklausel gehören dabei nur solche, die die Kosten seiner Gegenleistung unmittelbar beeinflussen. Mittelbare Selbstkosten dürfen nicht Bestandteil der Preisgleitklausel werden. Mittelbare Kosten sind solche, die transaktionsunabhängig sind, also etwa die Büromiete. Die unmittelbaren Kosten werden jedoch erst durch die vertragliche Leistung ausgelöst. Es ist insoweit fraglich, ob einzelne Gewerke ein solches unmittelbares Kostenelement darstellen. Bei einem Generalunternehmervertrag werden beispielsweise regelmäßig einzelne Gewerke insgesamt fremdvergeben und nicht von dem Generalunternehmer selbst ausgeführt. Diese Gewerke wären dann als unmittelbare Kosten zu qualifizieren, da sie durch den Auftrag selbst ausgelöst werden. In diesem Fall wäre nach unserer Auffassung davon auszugehen, dass eine Gewerkepreisgleitklausel als Kostenelementeklausel nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 PreisklG zulässig wäre.

Voraussetzung für eine Gewerkepreisklausel als zulässige Kostenelementeklausel ist außerdem, dass ein Index als Anpassungsmaßstab zur Verfügung steht und vereinbart wird, der die Preisentwicklung in genau dem jeweiligen Gewerk darstellt. Gewerkeweise Indizes finden werden durch das Statistische Bundesamt erhoben.

Wenn allerdings die Vereinbarung einer Gewerkepreisgleitklausel in einem Vertrag in Betracht gezogen werden soll, ergäbe sich ein praktisches Problem. Der Auftragnehmer müsste in den Vertragsverhandlungen bereits wissen, welche Gewerke er untervergeben wird. Nur diese Gewerke können nämlich rechtssicher einer gewerkeweisen Preisgleitung unterliegen. Noch komplizierter wird es bei förmlichen Vergabeverfahren. Hier müsste der öffentliche Auftraggeber bereits bei Erstellung der Vergabeunterlagen Kenntnis von den untervergebenen Gewerken haben. Eine solche Kenntnis ist jedoch bei dem Auftraggeber nicht vorhanden. Eine solche Klausel kann daher lediglich in privaten Bauverträgen eine Rolle spielen.

c)    allgemeine Preisgleitklausel

Eine „allgemeine“ Preisgleitklausel, nach der der gesamte Pauschalpreis nach einem Index angepasst werden soll, wäre hingegen keine Kostenelementeklausel und daher jedenfalls nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 PreisklG nicht zulässig.

Eine solche allgemeine Preisindexierung könnte auch nicht als Spannungsklausel nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PreisklG vereinbart werden. Unter diesen Tatbestand fallen Regelungen, bei denen die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Güter oder Leistungen im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind. Insoweit besteht ein Begründungserfordernis. Es müsste daher definiert werden können, weshalb sich die zu erbringende Leistung auf den Gesamtpreis auswirkt und inwiefern ein bestimmter Index, etwa ein allgemeiner Baupreisindex, vergleichbar oder gleichartig mit der vereinbarten Leistung ist. Dies wird im Regelfall nicht gelingen.

Des Weiteren ist die Frage zu betrachten, welche Art von Index als Anknüpfungspunkt für eine allgemeine Preisgleitklausel verwendet werden kann. Hier kommt neben dem Baupreisindex auch der Baukostenindex als Maßstab in Betracht. Bei dem Baupreisindex handelt es sich um den Index, der die Preise für die Besteller – also den öffentlichen Auftraggeber – anzeigt. Der Baukostenindex hingegen stellt die Einkaufspreise der Unternehmer für Lohn und Material dar. Die Verwendung des Baukostenindexes erscheint näherliegend und interessensgerechter, da allein dieser die Kalkulationsfaktoren des Auftragnehmers betrifft. All diese Indizes werden vom Statistischen Bundesamt erhoben und veröffentlicht.

Ein allgemeiner Baupreisindex oder Baukostenindex ist jedoch nicht mit konkret vereinbarten Bauleistungen vergleichbar. Die Indizes sind sehr allgemein gehalten und differenzieren lediglich hinsichtlich Wohn-, Büro- und Gewerbegebäuden. Eine tiefergehende Differenzierung der Indizes findet lediglich in Bezug auf einzelne Gewerke statt (s. o.), jedoch nicht hinsichtlich Nutzung oder gar der Lage. So werden bereits bei der Ermittlung der Indizes nicht miteinander vergleichbare Objekte mit einbezogen. Zudem werden gegebenenfalls zu erbringende Planungsleistungen nicht bewertet. Dadurch ist auch eine Vergleichbarkeit mit der konkreten Leistung nicht gegeben.

Schließlich dürfte eine allgemeine Preisindexierung auch als Leistungsvorbehaltsklausel im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PreisklG nicht in Frage kommen. Bei Leistungsvorbehaltsklauseln steht einer der beteiligten Parteien oder einem außenstehenden Dritter ein (möglicherweise begrenzter) Ermessensspielraum hinsichtlich des Ausmaßes der Änderung des geschuldeten Betrages zu. Das Interesse einer Partei, die Höhe der Vergütung in das einseitige Ermessen der anderen Partei zu legen, wird dabei naturgemäß sehr gering sein. Außer bei langfristig angelegten Geschäftsbeziehungen wird die eine Partei immer die eigenen Interessen im Blick behalten. Diese Lösung erscheint indes nicht praktikabel.

2.    Die AGB-Kontrolle

Preisgleitklauseln, die von Auftraggebern genutzt werden, sind im Regelfall Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), da sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und einseitig gestellt werden.

Sie unterliegen damit der vollen AGB-Prüfung nach den §§ 307 ff. BGB. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 8 PreisklG, welcher besagt, dass die Unwirksamkeit der Klauseln nur durch Gerichte festgestellt werden kann. Diese Norm stellt lediglich eine speziellere Regelung zu § 306 BGB dar und verschiebt den Zeitpunkt der Unwirksamkeit der Klausel auf den der gerichtlichen Feststellung. Aus der Verschiebung des Zeitpunktes der Unwirksamkeit folgt, dass die Nutzung unwirksamer Preisgleitklauseln regelmäßig zunächst faktisch ohne Folge bleibt, da sie für ihre rechtliche Unwirksamkeit zunächst einer gerichtlichen Entscheidung bedarf. Allerdings kann die Unwirksamkeit jederzeit in einem gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden.

Die AGB-Prüfung bei Preisgleitklauseln erfolgt somit umfassend. Insbesondere greift die Prüfungsbeschränkung aus § 307 Abs. 3 BGB für reine Preisvereinbarungen nicht, da es sich bei Preisgleitklauseln um kontrollfähige Preisnebenabreden handelt. In der Vergangenheit hat der BGH mehrfach Stoffpreisgleitklauseln als ungewöhnliche und überraschende Klauseln bewertet und deshalb als nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam beurteilt. So wurde 2014 die Stoffpreisgleitklausel „HVA B-StB-Stoffpreisgleitklausel 03/06“ für unwirksam erklärt (BGH, Urt. v. 01.10.2014 – VII ZR 344/13, NJW 2015, 49). Grund für die Bewertung der Klausel als überraschende Klausel war, dass sie den Auftragnehmer zur Vermeidung erheblicher Nachteile bei Stoffpreissenkungen dazu anhielt, bereits in seiner Kalkulation von üblichen Grundsätzen abzuweichen. Durch diese spezielle Klausel war es möglich, dass der Auftrag-nehmer im Ergebnis für das beschaffte Material überhaupt keine Vergütung erhielt. Eine solche Klausel ist nach der zitierten Entscheidung des BGH derart unüblich, dass der Auftrag-nehmer mit ihr nicht rechnen musste.

Maßgeblicher Anpassungszeitpunkt für die Klausel war allein der Marktpreis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Vergabeunterlagen. Dieser wurde dann mit dem Preis zum Zeitpunkt des Einbaus der Stoffe verglichen, um auf dieser Grundlage die Mehr- oder Minderaufwendungen zu ermitteln. Der BGH nannte ein Beispiel, in dem der Marktpreis zunächst auf EUR 1.000 festgesetzt wird. Bereits bis zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe sei dieser Preis auf EUR 500 gefallen, bliebe aber dann bis zum Einbauzeitpunkt stabil. Dies würde dazu führen, dass der Auftragnehmer keine Vergütung für den Stoff erhalte, da er selbst in seinem Angebot mit dem zu diesem Zeitpunkt aktuellen Preis von EUR 500 kalkuliert habe.

Der BGH hat diese Rechtsprechung einige Jahre später bestätigt (BGH, Urt. v. 25.01.2018 – VII ZR 2019/14). Auch dort wurde die Stoffpreisgleitklausel für unwirksam erklärt, da auch diesmal der Auftragnehmer bei seiner Kalkulation von üblichen Grundsätzen abweichen musste. Insbesondere ändere auch eine Branchenüblichkeit nichts daran, dass die Klausel als überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB und damit als unwirksam zu beurteilen sei.

Als Reaktion auf die beiden Urteile des BGH wurde die Stoffpreisgleitklausel im Vergabe-handbuch des Bundes mehrfach angepasst. Nach der aktuellen Fassung des Formblattes 225 gibt der Auftraggeber zu den betreffenden Stoffen Basispreise zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Vergabeunterlagen an, die sowohl auf die Zeitpunkte des Angebotes als auch der Abrechnung indexiert werden. In dem alternativen Formblatt 225a werden die vom Bieter selbst eingetragenen Stoffpreise zum Zeitpunkt der Stellung des Angebotes als Grundlage für die spätere Preisanpassung verwendet. Dies verhindert, dass eine vom BGH bemängelte kalkulatorische Intransparenz entsteht. Eine gerichtliche Überprüfung der „neuen“ Klausel hat jedoch bisher nicht stattgefunden.

AGB-rechtliche Rechtsprechung zu Gewerkepreisgleitklauseln oder allgemeinen Preisgleit-klauseln gibt es, soweit ersichtlich, bisher nicht. Allerdings lässt sich die Rechtsprechung bezüglich der Stoffpreisgleitklauseln auf andere Preisgleitklauseln übertragen. „Überraschende“ Klauseln, die zu Abweichungen von allgemeinen Kalkulationsgrundsätzen zwingen, sind zu vermeiden. Ermöglicht wird dies durch klare Ermittlung der für die Preisanpassung maßgeblichen Bewertungsmaßstäbe sowie ggf. entsprechende Hinweise des Auftraggebers hinsichtlich der Risiken der Preisgleitklauseln, sofern sich diese nicht bereits aus der Klausel selbst ergeben.

Zivilrechtlich können allgemeine Preisgleitklauseln vereinbart werden. Deren Wirksamkeit bemisst sich umfassend nach den §§ 307 ff. BGB und sind einer allgemeinen AGB-Kontrolle zugänglich. Insbesondere Hinweise auf etwaige Risiken in der Vergütung durch den Auftragnehmer sind für die Transparenz erforderlich. Die Klauseln, die der BGH für unwirksam erklärt hat, sind in ihrem Aufbau und Inhalt der Klausel des Formblattes 225 sehr ähnlich. Jedoch handelt es sich bei dem aktuellen Formblatt um ein angepasstes Formular, das die Rechtsprechung des BGH berücksichtigt. So wurde das aktuelle Formblatt 225 bisher nicht als unwirksam und überraschend angesehen, jedoch auch nicht abschließend gerichtlich überprüft. Daher sollte bei der Ausgestaltung der Klausel und der Vergabeunterlagen ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, die Transparenz zu wahren. Jegliche Unklarheiten bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders nach § 305c Abs. 2 BGB.

3.    Das Vergaberecht

Die Thematik von Preisgleitklauseln ist im Vergaberecht bei Bauleistungen insbesondere im § 9d EU VOB/A verankert. Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen für eine Änderung der Vergütung bei der Vergabe von Bauleistungen. Denn bei einer Preisgleitklausel handelt es sich um eine Abweichung von dem Grundsatz, dass der Preis als notwendiger Mindestinhalt in Verträgen fest vereinbart ist. Eine Änderung dieser Vergütung ist daher nur möglich, wenn es sich um zu erwartende, wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen handelt. Der Eintritt und/oder das Ausmaß dieser Änderungen muss zudem ungewiss sein und die Änderung der Vergütung angemessen. Nach § 9d EU S. 2 VOB/A sind schließlich die Einzelheiten der Preisänderung festzulegen.

Dies bedeutet, dass die Preisentwicklung der Baukosten vor ungewissen Änderungen stehen muss. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Lieferkettenprobleme, der Baupreissteigerung der letzten Jahre, der aktuell sehr dynamischen Entwicklung der Energiekosten, der generellen Inflation und der Auswirkungen des Ukrainekrieges sowie weiterhin Folgen der Corona-Pandemie ist es derzeit nahezu unmöglich vorherzusagen, wie sich die Preise entwickeln werden und in welchem Umfang sie dies tun werden. Zudem sind die Umstände, die zu den Änderungen führen können, nicht von den Vertragsparteien beeinflussbar.

Weiter müssten wesentliche Änderungen zu erwarten sein. Wann eine Änderung wesentlich ist, ist anhand einer Einzelfallbetrachtung zu bewerten. Wie bereits zuvor ausgeführt, sind größere Preisschwankungen in nahezu allen Gewerken und Kostenelementen zu erwarten. Daher ist auch mit wesentlichen Änderungen dieser Kostenelemente zu rechnen. Möglich ist außerdem die Bestimmung einer Minimalschwelle, ab der Indexentwicklungen zu einer Preisanpassung führen, wie dies das Formblatt 225 des VHB Bund auch vorsieht.

Bei der Verwendung einer Preisklausel muss aus den Vergabeunterlagen eindeutig hervorgehen, inwiefern diese für den Zuschlag relevant ist. Dabei kann der Auftraggeber entweder die Klausel für alle Bieter gleichermaßen vorgeben. Oder er unterzieht die angebotene Klausel ebenfalls der Wertung. Einfacher in der Anwendung ist sicherlich erstere Alternative, da so eine Vergleichbarkeit der Angebote besser möglich ist. Die wirtschaftliche Bedeutung unterschiedlicher Klauseln wäre hingegen im Rahmen der abschließenden Wertung nur schwer zu beurteilen. Ein Wertungsmaßstab bei den Zuschlagskriterien wäre daher nur schwer zu finden.

Über die Art der zu verwendenden Preisgleitklauseln trifft das Vergaberecht keine Regelungen. Als Anknüpfungsparameter kommen neben den Lohn- und Materialkosten auch Transportkosten oder Umsatzsteuerklauseln in Betracht. Auch eine bereits genannte Anknüpfung an die Gewerke ist aus vergaberechtlicher Sicht möglich. Preisänderungsklauseln, die etwa als Leistungsvorbehaltsklauseln ein Ermessen einer der Beteiligten oder eines Dritten vorsehen, wären hingegen unzulässig, weil sie entgegen § 9d EU S. 2 VOB/A die Einzelheiten der Preisänderung nicht festlegen.   

4.    Zusammenfassung

Abschließend ist festzuhalten, dass Preisgleitklauseln gem. § 1 Abs. 1 PreisklG grundsätzlich unzulässig sind. Allerdings fallen die üblichen Stoffpreisgleitklauseln unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 3 PreisklG. Auch eine Preisgleitklausel, die auf die Gewerke abstellt, wäre nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 PreisklG zulässig, wenn einzelne Gewerke vollständig untervergeben werden und somit als Kostenelemente des Auftragnehmers einzustufen sind sowie ein das betreffende Gewerk abbildender Index als Anpassungsmaßstab vereinbart wird. Eine allgemeine Preisklausel, angebunden z. B. an den Baupreisindex oder den Baukostenindex, ist hingegen je nach Ausgestaltung entweder unzulässig oder unpraktikabel.

Hinsichtlich der Ausgestaltung der Klausel im Vertragswerk ist vor allem auf die Vermeidung einer überraschenden Regelung und auf Transparenz zu achten. Der BGH hat mehrfach Klauseln, die den Auftragnehmer benachteiligen können, als unwirksam erklärt, sofern dieser dadurch angehalten wird, bereits bei seiner Kalkulation von üblichen Grundsätzen abzuweichen. Außerdem müssen auch die maßgeblichen Bewertungsmaßstäbe für die Preisanpassung, ähnlich wie bereits beim PreisklG, hinreichend bestimmt sein und dürfen den Auftragnehmer nicht einseitig benachteiligen.

Die vergaberechtlichen Voraussetzungen für die Verwendung einer Preisgleitklausel sind insoweit erfüllt, als eine wesentliche Änderung der Preise zu erwarten ist, deren Ausmaß jedoch ungewiss ist. Die Klausel selbst muss die Einzelheiten der Preisänderung festlegen.

Dies zeigt jedoch auch eindringlich, dass Klauseln, die auf den ersten Blick unkomplizierter und pragmatischer wirken als die sehr detailreiche Stoffpreisgleitklausel, ebenfalls mit eigenen Risiken und Fallstricken einhergehen, die schlimmstenfalls zu einer Unwirksamkeit der verwendeten Klausel und komplizierten Rückabwicklungen führen kann. Daher gilt es, eine solche Klausel sorgsam in das Vertragskonstrukt einzubinden. Die Relevanz von Preisgleitklauseln wird jedenfalls mittelfristig nicht abnehmen, sondern eher an Bedeutung gewinnen. Wie die Entwicklung der Ausgestaltung aussehen wird, gilt es hingegen zu beobachten und abzuwarten.
 

Alexander Thesling                      David Poschen                                       Dr. Norbert Reuber
Rechtsanwalt                                Rechtsanwalt                                         Rechtsanwalt
                                                          Fachanwalt für Vergaberecht            Fachanwalt für Verwaltungsrecht


10. November 2022

 

 

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