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Kurzarbeit in Zeiten der Corona-Krise

10 Fragen und Antworten zur Kurzarbeit in einer branchenübergreifenden Ausnahmesituation

Die Bundesregierung versucht mit kurzfristig auf den Weg gebrachten milliardenschweren Maßnahmenpaketen den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise entgegenzuwirken. Schon letzte Woche wurden Erleichterungen und Verbesserungen bei der sog. Kurzarbeit beschlossen. Die wichtigsten Fragen rund um das aktuelle Thema „Kurzarbeit“ behandeln wir nachfolgend:

1.    Was bedeutet Kurzarbeit und welchen Sinn hat sie?

Kurzarbeit bedeutet die vorübergehende Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeit (Arbeitsausfall) mit welcher eine Verringerung des Entgeltes einhergeht. Von ihr kann der gesamte Betrieb betroffen sein, möglich ist sie aber auch in einzelnen organisatorisch abgrenzbaren Einheiten (Abteilung). Erfolgt eine Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeit z. B. um 100 %, ist die Rede von „Kurzarbeit Null“.

Die Kurzarbeit dient der vorübergehenden wirtschaftlichen Entlastung des Arbeitgebers und soll damit den Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglichen.

2.    Welche Voraussetzungen müssen für einen Antrag auf Kurzarbeit erfüllt sein?

a)    Vereinbarung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern

Da Kurzarbeit unmittelbar auf die Vertragsbedingungen im Arbeitsverhältnis einwirkt, kann sie nicht einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden. Vielmehr bedarf es einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmervertretung (Gewerkschaft oder Betriebsrat). Sollte ein einschlägiger Tarifvertrag entsprechende Regelung nicht enthalten, empfiehlt sich eine Betriebsvereinbarung zur Einführung der Kurzarbeit. Sollte ein Betriebsrat nicht vorhanden sein, wird der Arbeitgeber das Einverständnis jedes von der Kurzarbeit betroffenen Beschäftigten einholen müssen.

b)    Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalles von vorübergehender Natur, der zu einem Entgeltausfall führt


Für die Gewährung von Kurzarbeitergeld muss ein erheblicher und vorübergehender Arbeitsausfall vorliegen, der im Ergebnis zu einem Entgeltausfall bei den betroffenen Beschäftigten führt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt wenn,

•    der Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,
•    in dem Betrieb (oder der Betriebsabteilung) mindestens 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind (vor der Neuregelung mussten ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein),
•    innerhalb der Förderdauer wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit gerechnet werden kann,
•    mindestens 10 % der wegen des Arbeitsausfalles betroffenen Beschäftigten ein um mehr als 10 % vermindertes Entgelt erhalten.

c)    Der Arbeitsausfall darf nicht vermeidbar sein, § 96 Abs. 1 Nr. 3 SGB III

Kurzarbeit wird nur gewährt, wenn der Arbeitsausfall unvermeidbar ist. Unvermeidbar ist ein Arbeitsausfall gemäß § 96 Abs. 4 SGB III, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalles ganz oder teilweise zu verhindern. Entsprechend sollen zunächst Zeitguthaben aus Überstunden und ggf. Urlaub eingesetzt werden, um Kurzarbeit zu vermeiden. So sind etwa die im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen zu nutzen, um Kurzarbeit ganz oder teilweise zu verhindern. Auf letzteres wird nunmehr insoweit verzichtet, als dass Beschäftigte keine negativen Arbeitszeitsalden aufbauen müssen.   

3.    Welche weiteren Erleichterungen sind im Falle des Bezuges von Kurzarbeitergeld vorgesehen?

a)    Sozialversicherungsbeiträge


Der Arbeitgeber trägt folgende Beiträge allein:

•    Pflegeversicherung, § 58 Abs. 1 Satz 2 SGB XI
•    Krankenversicherung, § 249 Abs. 2 SGB V
•    Unfallversicherung, § 150 Abs. 1, Satz 1 SGB VII
•    Rentenversicherung, § 168 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI

Diese Beiträge werden dem Arbeitgeber im Rahmen der geschaffenen Erleichterungen vollständig durch die Bundesagentur für Arbeit erstattet.

Beiträge zur Arbeitslosenversicherung fallen nicht an, da es sich um eine von der Bundesagentur geleistete Entgeltersatzleistung handelt.

HINWEIS zum Arbeitgeberzuschuss:

Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld bleiben bei der Beitragsberechnung grundsätzlich unberücksichtigt, da sie nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zählen. Etwas anderes gilt nur, wenn mit dem Arbeitgeberzuschuss mehr als 80 % des Lohnverlustes ausgeglichen wird.  

b)    Leiharbeit

Kurzarbeit wird nun auch für Leiharbeitnehmer/innen gewährt.

4.    Für welche Mitarbeiter kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Das Kurzarbeitergeld kann nur für Mitarbeiter beantragt werden, die

•    ungekündigt versicherungspflichtig beschäftigt sind und
•    durch den Arbeitsausfall ein verringertes Entgelt beziehen.
Zu beachten ist hierbei, dass Kurzarbeitergeld auch für Mitarbeiter in Betracht kommt, deren Entgeltverringerung weniger als 10 % ausmacht, wenn mindestens 10 % der Mitarbeiter mit einer Entgeltverringerung von mehr als 10 % betroffen sind.

5.    Kann Kurzarbeitergeld auch für einzelne Abteilungen beantragt werden?

Ja. Kurzarbeitergeld wird in Betrieben gewährt, in denen mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt wird. Als Betrieb gilt nach § 97 Satz 1 SGB III auch die Betriebsabteilung.

6.    Was ist zu beachten, wenn ein Betriebsrat vorhanden ist?

Der Betriebsrat hat, soweit eine tarifliche Regelung für das betroffene Unternehmen nicht anwendbar ist,  bei der Einführung von Kurzarbeit ein zwingendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Demnach ist der Arbeitgeber zur einseitigen Einführung der Kurzarbeit nicht berechtigt. Dies gilt selbst dann, wenn einzelne Mitarbeiter ihr Einverständnis erklären. Da eine Betriebsvereinbarung unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse einwirkt (§ 77 Abs. 4 BetrVG), hat sie aus Sicht des Arbeitgebers den Vorteil, dass dieser nicht auf das Einverständnis eines jeden Beschäftigten angewiesen ist. In der aktuellen Situation empfiehlt es sich daher, möglichst zeitnah Gespräche mit dem Betriebsrat aufzunehmen, um eine entsprechende Betriebsvereinbarung zu verhandeln und abzuschließen. Zu beachten ist, dass eine sog. „Regelungsabrede“ für die Einführung von Kurzarbeit – wegen des Fehlens einer normativen Wirkung – auf keinen Fall ausreicht.

HINWEIS für Betriebsparteien:
 

Sollten die Betriebsparteien (Arbeitgeber und Betriebsrat) sich hinsichtlich der Einführung der Kurzarbeit nicht einig werden, können sowohl Arbeitgeber als auch Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, § 87 Abs. 2, Satz 2 BetrVG. Dies kann unter Umständen zu zeitlichen Verzögerungen führen, weshalb auch aus diesem Grund das zeitnahe Gespräch zwischen den Betriebsparteien anzuraten ist.
 
7.    Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Gemäß § 105 SGB III beträgt das Kurzarbeitergeld

•    für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, 67 % und
•    für die übrigen Arbeitnehmer 60 % des Nettoentgeltes.

Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen, sind solche Arbeitnehmer mit mindestens einem steuerlich zu berücksichtigendem Kind i.S.v. § 32 Abs. 1 und 3 bis 5 EStG.

8.    Wie lange und ab wann wird Kurzarbeitergeld geleistet?

Gemäß § 104 Abs. 1 SGB III wird Kurzarbeitergeld frühestens von dem Kalendermonat an, in dem die Anzeige für den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist, für längstens zwölf Monate geleistet. Gemäß § 109 Abs. 1 Nr. 2 SGB III kann die Bezugsfrist durch Verordnung bis zur Dauer von 24 Monaten verlängert werden, wenn „außergewöhnliche Verhältnisse auf dem gesamten Arbeitsmarkt vorliegen“. Von einer entsprechenden Verlängerung der Bezugsdauer dürfte auszugehen sein.

9.    Können auch geringfügig Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten?

Nein. Da geringfügig Beschäftigte gem. § 27 Abs. 2 SGB III zu den versicherungsfreien Personen zähen, ist für sie Kurzarbeitergeld nicht vorgesehen.  

10.    Kann Beschäftigten während Kurzarbeit gekündigt werden?

Auch während der Kurzarbeit ist der Arbeitgeber weiterhin berechtigt, personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, wenn entsprechende Kündigungsgründe vorliegen. Eine betriebsbedingte Kündigung kommt etwa dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber während der Kurzarbeit feststellt, dass der Arbeitsausfall doch nicht (nur) von vorübergehender sondern von dauerhafter Natur ist und der Beschäftigungsbedarf eines oder mehrerer Arbeitnehmer dauerhaft wegfällt. In diesem Fall kann der Arbeitgeber (ggf. nach ordnungsgemäßer vorheriger Anhörung eines vorhandenen Betriebsrates) trotz zuvor für den/ die betroffenen Arbeitnehmer in Anspruch genommene Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen.


Özer Arslan
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
25. März 2020

 

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