Tätigkeitsgebiete Immobilie // Bau
Kein Anspruch des Architekten auf Übertragung der Beseitigung des Schadens
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 16. Februar 2017, AZ: VII ZR 242/13 zu der in den Architektenverträgen teilweise enthaltenen Klausel:
„Wird der Architekt wegen eines Schadens am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen, kann er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen wird.“
Stellung genommen.
Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofes ist diese Klausel in einem vom Architekten als allgemeine Geschäftsbedingung gestellten Vertragswerk unwirksam.
Allerdings führt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidungsbegründung aus, dass kein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB oder § 309 Nr. 8 b), bb) BGB vorliegt. Auch eine nach § 309 Nr. 7 a) und b) BGB unzulässige Haftungsbeschränkung liegt nicht vor. Mit der Vertragsbestimmung werden nämlich die Mängelrechte des Bauherrn gegenüber dem Architekten wegen Mängeln der Planung und Überwachung lediglich modifiziert. Die Regelung betrifft nur die Art der Schadensbeseitigung, denn die Klausel begründet zu Gunsten des Architekten ein Optionsrecht, den auf Geld gerichteten Schadensersatzanspruch des Bauherrn wegen eines am Bauwerk eingetretenen Schadens in einen auf Naturalrestitution gerichteten Anspruch umzuwandeln. Sie enthält keine Haftungsbeschränkung, weil neben den Mängelbeseitigungsarbeiten weiterhin auch Gutachterkosten oder Rechtsverfolgungskosten sowie sonstige Einbußen am Vermögen des Auftraggebers geltend gemacht werden können.
Allerdings führt der Bundesgerichtshof im Weiteren in seiner Begründung aus, dass die Klausel gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB verstößt. Sie benachteiligt nach seiner Auffassung den Auftraggeber entgegen Treu und Glauben unangemessen. Eine solche Benachteiligung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann vor, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.
Auszugehen ist davon, dass der Architekt grundsätzlich Schadensersatz wegen der von ihm zu vertretenden Planungs- und Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, schuldet und nicht Beseitigung der Mängel. Der Sache nach handelt es sich um einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB, denn die Mängel können nicht durch Nacherfüllung der Architektenleistung beseitigt werden.
Der Bundesgerichts stellt darauf ab, dass der Schaden des Auftraggebers darin besteht, dass er für das vereinbarte Architektenhonorar im Ergebnis ein Bauwerk erhält, das hinter dem im Architektenvertrag als Ziel vereinbarten Werk zurückbleibt. Nach § 249 Abs. 1 BGB muss der Architekt den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn er nicht mangelhaft geleistet hätte. Dann wäre von vornherein ein mangelfreies Bauwerk durch den Unternehmer entstanden. Der Architekt muss dem Auftraggeber daher die Mittel zur Verfügung stellen, die dieser zur Kompensation des verletzten Interesses benötigt. Dem Auftraggeber steht es in diesem Zusammenhang frei, ob er eine Beseitigung der in Folge des Mangels der Architektenleistung am Bauwerk eingetretenen Mängel veranlassen will oder den Schadensersatz in Höhe des durch die mangelhafte Leistung bedingten Architektenwerkes als Minderwert des Bauwerkes behalten will. Letztere Option wird dem Auftraggeber allerdings durch die Klausel in dem Architektenvertrag abgeschnitten. Er kann sich nicht mehr dafür entscheiden, lediglich Schadensersatz in Höhe des durch die mangelhafte Leistung des Architekten bedingten Minderwerts zu verlangen. Der Architekt kann vielmehr dem Auftraggeber nach dem Wortlaut der Klausel im Vertrag eine Beseitigung der bestehenden Mängel aufzwingen, denn nach dem Wortlaut der Vertragsbestimmung kann der Architekt ohne jede Einschränkung, also auch für den Fall, dass der Auftraggeber eine Beseitigung des Schadens am Bauwerk selbst nicht vornehmen will, eine Übertragung der Beseitigung des Schadens verlangen. Diese Einschränkung des Wahlrechtes beeinträchtigt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes den Auftraggeber entgegen Treu und Glauben unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Eine Beeinträchtigung liegt aber nicht nur dann vor, wenn der Auftraggeber keine Mängelbeseitigung durchführen will, sondern nach Auffassung des Senates auch dann, wenn der Auftraggeber die Beseitigung der eingetretenen Mängel noch anstrebt. Es kann nämlich im Einzelfall dem Interesse des Auftraggebers zuwider laufen, dies durch den Architekten durchführen zu lassen, insbesondere, wenn er das Vertrauen in dessen Leistungsfähigkeit und fachliche Kompetenz verloren hat und ihm die Beseitigung der am Bauwerk eingetretenen Schäden durch den Architekten nicht zuzumuten ist.
Die Klausel führt darüber hinaus auch zu einer wesentlichen Verkürzung des dem Auftraggeber bei einer zum Schadensersatz verpflichtenden mangelhaften Leistung des Architekten zustehenden Rechts, den mit der Beseitigung der Mängel am Bauwerk zu beauftragenden Unternehmer selbst auszuwählen.
Fazit:
Der Bundesgerichtshof macht es sich zur Aufgabe, immer mehr der in den Architektenmusterverträgen vorhandenen Klauseln zum Gegenstand seiner rechtlichen Beurteilung zu machen. Tatsächlich hat die vorliegende Klausel allerdings wenig praktische Relevanz. Es ist eher selten, dass der Architekt verlangt, die Beseitigung des Schadens selber übernehmen zu können.
Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
1. April 2017
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