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Grundstückskauf – Fehlende notarielle Beurkundung von Eigenschaften

Urteil des Bundesgerichtshofes vom 6. November 2015 (Az. V ZR 78/14)

Der Bundesgerichtshof hat in o.g. Urteil ausgeführt, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstückes oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in der Regel nicht dazu führt, dass eine entsprechen-de Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB getroffen wird.

Die Beklagten haben mit notariellem Vertrag ein Wohnhaus an den Käufer veräußert. Zuvor hatten sie auf ihrer Internetseite Informationen gegeben und ein Exposé eingestellt, welches eine Wohnfläche von ca. 200 m² und eine Nutzfläche von ca. 15 m² beinhaltete. Auf Nachfrage er-hielten die Käufer Grundrisszeichnungen, die insgesamt eine Fläche von 215,3 m² ergaben. Nach Erwerb des Grundstückes ließen die Käufer durch einen Architekten die Wohnfläche des Gebäudes berechnen. Unter Zugrundelegung der Wohnfläche pro Wohnung kam dieser zu einer tatsächlichen Gesamtwohnfläche von 171,74 m². Das war Anlass für den Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau, von den Beklagten eine Zahlung von 66.411,00 € nebst Zinsen als Kaufpreisminderung sowie den Ersatz weiterer Schäden zu verlangen. In allen In-stanzen hatte seine Klage keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof führt in der o. g. Entscheidung aus, dass eine Haftung der Beklagten aus den Angaben des Exposés nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB nicht besteht, weil die tatsächliche Wohnfläche der Räume nicht von der Größe abweicht, die ein durchschnittlicher Käufer bei einer Wohnflächenangabe von ca. 200 m² erwarten durfte. Begründet wird dies damit, dass die tatsächliche Fläche aller Räume und der Dachterrasse nach den eigenen Angaben der Kläger über 200 m² betrage und die Frage, ob und in welchem Umfang der Hauswirtschaftsraum und die Dachterrasse bei der Berechnung der Wohnfläche in Ansatz zu bringen seien, Bewertungstoleranzen unterliege. Eine bestimmte Berechnungsgrundlage sei im Exposé nicht genannt.

Auch eine Haftung aufgrund Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB liege nicht vor. Die Angaben im Exposé und in den Anzeigen seien nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien geworden. Eine Beschaffenheitsvereinbarung setzt zwar keine ausdrückliche Erklärung der Parteien voraus, sondern kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses ergeben. Die Frage besteht hier allerdings, ob aufgrund einer Äußerung des Veräußerers über eine bestimmte Eigenschaft des Kaufgegenstandes eine Beschaffenheitsvereinbarung zustande kommt, wenn diese in der Vertragsurkunde keinen Niederschlag gefunden hat. Dies entscheidet der Senat in dem vorgenannten Urteil dahingehend, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstückes oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB führt. Die Parteien müssen bei einem beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäft alle Erklärungen in den Vertrag aufnehmen, die eine Regelung enthalten, d. h. Rechtswirkungen erzeugen sollen. Dazu gehören die Vereinbarungen über die Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB.

Der BGH führt dazu aus:

 „Sie konkretisieren die Verpflichtung des Verkäufers nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB, dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen, dahingehend, dass dieser – abweichend von den in § 434 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmten allgemeinen Anforderungen – dem Käufer eine der individuell vereinbarten Beschaffenheit gemäße Sache schuldet ... . Dass die Parteien eine solche Bindung gewollt haben – selbst wenn in der Urkunde zu der Vereinbarung eine Beschaffenheit nicht aufgenommen wurde – ist vor dem Hintergrund des ihnen bekannten Beurkundungserfordernisses in aller Regel nicht anzunehmen“.

Nach Meinung des Senates resultiert dies aus einer interessengerechten Vertragsauslegung. Ein Käufer könne nicht davon ausgehen, dass der Verkäufer mit ihm eine bestimmte Beschaffenheit vereinbaren wolle, wenn die geschuldete Beschaffenheit im Kaufvertrag nicht erwähnt wird. Wollte man dies anders sehen, dann bestünde die Gefahr, dass die nicht beurkundete Beschaffenheitsvereinbarung zur Nichtigkeit des zwischen Parteien geschlossenen Vertrages führt (§ 125 S. 1 BGB). Im Zweifel sei eine Auslegung zu wählen, die nicht zur Formnichtigkeit des Vertrages führt. Die Parteien wollen im Zweifel keinen Vertrag schließen, der wegen Nichtbeurkundung einer Beschaffenheitsvereinbarung formnichtig wäre. Dies hätte nämlich ansonsten unter anderem zur Folge, dass eine zur Sicherung des Anspruchs des Käufers eingetragene Auflassungsvormerkung nicht entstünde und damit kein Schutz nach § 883 Abs. 2 BGB ge-genüber einer zwischenzeitlichen Verfügung und Vollstreckungsmaßnahme böte. Zwar könne grundsätzlich die Formnichtigkeit nach § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB mit Auflassung und Eintragung geheilt werden. Es bestünde jedoch keine Sicherheit, dass eine Heilung eintritt, weil es bis zur Eintragung jeder Partei freisteht, sich auf die Formunwirksamkeit des Vertrages zu berufen.

Hinweis:
Es ist bei notariell beurkundungsbedürftigen Verträgen angebracht, sämtliche wichtigen Angaben und Absprachen mit beurkunden zu lassen.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
18. Februar 2016

 

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