Tätigkeitsgebiete Verwaltung // Öffentliche Hand
Flüchtlingsunterbringung in Einrichtungen
In Hamburg und Bremen gibt es zwischenzeitlich Sonderregelungen für die Unterbringung von Flüchtlingen in Einrichtungen, die sichergestellt werden auf privaten Grundstücken. Am 1. Oktober 2015 hat Hamburg ein „Gesetz zur Flüchtlingsunterbringung in Einrichtungen“ beschlossen, dass einen Tag später vom Senat verkündet worden ist und damit am 3. Oktober 2015 in Kraft trat. Aufgrund des § 1 des Gesetzes wurde ein § 14 a SOG in das Hamburger Polizeigesetz eingefügt. Eine ähnliche Regelung gibt ist auch bei der Freien Hansestadt Bremen. Dort ist am 22. Oktober 2015 § 23 a BremPolG in Kraft getreten.
Nach den Vorschriften können die zuständigen Behörden zum Zwecke der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden zur Abwehr von bestehenden Gefahren für Leib und Leben Grundstücke und Gebäude sowie Teile davon sicherstellen. Die Sicherstellung ist allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Zum einen müssen Grundstücke und Gebäude ungenutzt sein oder eine Nutzung darin erfolgen, die ausschließlich zur Vereitelung der Sicherstellung dient. Außerdem müssen die in den vorhandenen Erstaufnahme- und Folgeeinrichtungen zur Verfügung stehenden Plätze zur angemessenen Unterbringung der Flüchtlinge oder Asylbegehrenden nicht ausreichen. Eine Sicherstellung darf allerdings keine unzumutbare Beeinträchtigung der Interessen der in Anspruch genommenen Personen mit sich bringen. Auf Antrag kann eine angemessene Entschädigung in Geld gezahlt werden. Die Regelung des § 14 a SOG bezweckt allerdings ausdrücklich nicht die Inanspruchnahme kleiner privater ungenutzter Wohnungen oder die Einquartierung von Flüchtlingen in ungenutzte Teile von Wohnungen. Dies ergibt sich aus der Gesetzesinitiative und Begründung. Ziel ist es, große ungenutzte private Flächen und Immobilien zeitnah und effektiv zur Abwehr der Gefahr der Obdachlosigkeit einer Vielzahl von Menschen sicherzustellen. Dementsprechend müssen die Immobilien hierfür geeignet sein, was Klein- und Kleinstunterkünften nicht gegeben ist.
Bisher gibt es in anderen Bundesländern keine vergleichbaren Regelungen. In Niedersachsen war aber zwischenzeitlich ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg bzw. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen anhängig, das sich mit der Beschlagnahme eines Grundstückes in Lüneburg zur Bereitstellung von Wohnraum für Flüchtlinge beschäftigt. Dort war unter Bezug auf die polizeiliche Generalklausel ein privates Grundstück, auf dem vormals ein Kinder- und Jugendheim betrieben wurde, zur Unterbringung von Flüchtlingen beschlagnahmt worden. Die Beschlagnahme war auf sechs Monate befristet worden und der Eigentümerin wurde aufgegeben, das Grundstück bis zum 12. Oktober 2015 zu räumen. Gleichzeitig wurde die Einweisung von 50 Flüchtlingen in das Gebäude verfügt. Eine Entschädigung wurde festgesetzt. Die Eigentümerin hat hiergegen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht Lüneburg eingereicht. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben und in seinem Beschluss festgehalten, dass die Beschlagnahme rechtswidrig sei. Die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach Polizeirecht seien nicht gegeben. Drohende Obdachlosigkeit stelle zwar eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Hierfür sei aber der Eigentümer als Dritter nicht verantwortlich. Deshalb könne nur unter engen Voraussetzungen des so genannten polizeilichen Notstandes ein Dritter als letztes Mittel in Anspruch genommen werden. Da es sich um einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) handelt, setzte die Beschlagnahme voraus, dass die Stadt die drohende Obdachlosigkeit von Flüchtlingen nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren könne. Dazu müsse sie zunächst einmal alle eigenen Unterbringungsmöglichkeiten ausschöpfen und ggf. Räumlichkeiten auch in Beherbergungsbetrieben anmieten, auch wenn dies sehr kostenintensiv sei. Dabei verkennt das Verwaltungsgericht nicht, dass die Stadt Lüneburg durch die hohe Zahl an Flüchtlingen vor großen Herausforderungen steht. Es sei aber primär Aufgabe der Allgemeinheit und nicht von Privatpersonen, für soziale Fürsorge Gewähr zu bieten. Deshalb dürften Privatpersonen nur als letztes Mittel in Anspruch genommen werden. Die Stadt Lüneburg habe nicht ausreichend dar-gelegt, dass alle anderen Möglichkeiten der Unterbringung ausgeschöpft seien.
Gegen den Beschluss hat die Stadt Rechtsmittel bei dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg eingelegt. Auch das OVG Lüneburg vertritt jedoch die Auffassung, dass die Beschlagnahme des ehemaligen Kinderheims zur Flüchtlingsunterbringung unzulässig sei (Entscheidung des OVG Lüneburg vom 1. Dezember 2015; Az. 11 ME 230/15). Die Beschwerde wurde dementsprechend zurückgewiesen.
Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
14. Dezember 2015
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