Tätigkeitsgebiete Immobilie // Bau
Eigenschaft einer Kaufsache
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2019 – V ZR 38/18 folgendes ausgeführt:
1.
Öffentliche Äußerungen vor Vertragsschluss bestimmen die Eigenschaft einer Sache, die der Käufer erwarten kann, nicht, wenn und soweit die Vertragsparteien eine abweichende Beschaffenheit des Kaufobjektes vereinbart haben.
2.
Regeln die Kaufvertragsparteien dass eine bestimmte Eigenschaft des Kaufobjekts nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört, liegt darin keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB.
3.
Ein allgemeiner Haftungsausschluss erfasst auch die nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers im Sinne des § 434 Abs. 1, S. 3 BGB zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks.
In dem streitigen Verfahren hatten die Klägerin und ihr Ehemann von der Beklagten zu 1) unter Ausschluss der Haftung ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück gekauft. Im notariellen Vertrag hieß es unter anderem:
„…. die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung oder bestimmten Verwendung gehört nicht zur vereinbarten Beschaffenheit des Grundbesitzes.“
In dem Verkaufsexposé des Beklagten zu 3), des Maklers, hieß es unter anderem:
„Es besteht die Erlaubnis 2 bis 3 Pferdeboxen auf dem hinteren Grundstücksteil zu errichten. Daneben gibt es eine angrenzende Weide, die gepachtet werden kann.“
Die Klägerin und ihr Ehemann erklärten den Rücktritt von dem Kaufvertrag, nachdem sie feststellten, dass für die Bebauung mit Pferdeboxen weder eine Baugenehmigung vorlag, noch eine solche Bebauung genehmigungsfähig war.
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagten zu 1) und 3) stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zu 1) und 3) blieb erfolglos.
Die revisionsrechtliche Nachprüfung im Verhältnis zur Beklagten zu 1) hatte Bestand, die Revision des Beklagten zu 3) dagegen Erfolg.
In Bezug auf die Verkäuferin, die Beklagte zu 1), führte der Senat aus, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin und ihres Ehemannes gegen die Beklagte zu 1) aus § 434 Abs. 1 S. 3, § 437 Nr. 2, § 323, § 346 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums am erworbenen Grundstück zu Recht bejaht habe. Das Kaufobjekt weise einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB auf, weil abweichend von den Angaben in dem Verkaufsexposé, keine Baugenehmigung für die Errichtung von bis zu 3 Pferdeboxen auf dem hinteren Grundstücksteil erteilt war und eine solche Baugenehmigung öffentlich-rechtlich auch nicht genehmigungsfähig war.
In dem Zusammenhang wies der Senat nochmals darauf hin, dass zur Sollbeschaffenheit der Kaufsache die Eigenschaften gehören, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten darf. Hierzu zählen auch Angaben in einem Exposé. Vorliegend konnten die Käufer erwarten, dass die Pferdeboxen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften und damit auch baurechtlich zulässig sind. Die Annahme eines Sachmangels wegen des Fehlens einer Eigenschaft der Kaufsache, setzt nicht voraus, dass die Eigenschaft in dem notariellen Kaufvertrag Erwähnung findet.
Das Gesetz unterscheidet zwischen einer von den Vertragsparteien vereinbarten und der gesetzlich vorgegebenen Beschaffenheit einer Kaufsache. Die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten kann, zählen zu der nach dem Gesetz geschuldeten Beschaffenheit, wie sich – so der Bundesgerichtshof – daraus ersehen lasse, dass es in § 434 Abs. 1 S. 3 BGB heißt, diese Eigenschaften gehörten „zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2“.
Im Weiteren setzt sich der Bundesgerichtshof mit der Argumentation auseinander, dass es wertmäßig keinen Unterschied machen könne, ob der Verkäufer Angaben zur Kaufsache in einer öffentlichen Äußerung mache oder aber nur gegenüber dem Käufer, z.B. anlässlich einer Besichtigung des Grundstücks. Zwar sei in beiden Fällen – anders als bei der Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB – zu beurteilen, welche Rechtsfolgen eine Information des Verkäufers über die Kaufsache nach sich ziehe. Der Maßstab sei aber jeweils ein anderer. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs richtet sich eine öffentliche Äußerung des Verkäufers an die Öffentlichkeit. Dies präge die Erwartung an die Beschaffenheit der Sache. Deshalb steht diese Eigenschaft den in § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB bezeichneten Eigenschaften gleich. Wann eine Äußerung des Verkäufers, die nur an den späteren Käufer gerichtet sei, zu einer vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 führe, sei dagegen eine Frage der Auslegung. Hierzu hat der Senat die Auslegungsgrundsätze entwickelt, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führe.
Der Bundesgerichtshof sieht es auch als rechtsfehlerfrei an, wenn das Berufungsgericht annimmt, dass die öffentliche Äußerung der Beklagten zu 1) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht durch die Übergabe von Kopien der Bauakte im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3 Halbsatz 2 BGB in gleichwertiger Weise berichtigt worden sei. Eine Berichtigung setze jedenfalls voraus, dass der Verkäufer klar darauf hinweist, dass eine bestimmte öffentliche Äußerung unrichtig ist. Es sei dagegen nicht ausreichend, wenn aus den übergebenen Unterlagen für den Käufer Zweifel an der Richtigkeit der öffentlichen Angaben des Verkäufers entstehen könnten.
Die Haftung der Beklagten zu 1) sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass in dem notariellen Kaufvertrag ausdrücklich erwähnt ist, dass die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung nicht zur vereinbarten Beschaffenheit des Grundbesitzes gehört. Mit dieser Formulierung hätten die Parteien keine von den Angaben im Exposé abweichende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen.
In dem Zusammenhang weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass die Vorschrift des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB unter dem Vorbehalt steht, dass nichts Anderweitiges vereinbart worden ist. Das betrifft auch den vereinbarten Haftungsausschluss. Öffentliche Äußerungen vor Vertragsschluss bestimmen die Eigenschaft einer Sache, die der Käufer erwarten kann nicht, wenn und soweit die Vertragsparteien eine abweichende Beschaffenheit des Kaufobjekts vereinbart haben. Haben die Vertragsparteien daher über die Beschaffenheit der Sache eine von der öffentlichen Äußerung abweichende Vereinbarung getroffen, scheidet ein Rückgriff auf die öffentliche Äußerung aus. Regeln die Kaufparteien jedoch, dass eine bestimmte Eigenschaft des Kaufobjektes nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört, liegt darin keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 BGB. Denn es wird kein bestimmter Zustand der Kaufsache als vertragsgemäß festgelegt, vielmehr ist eine solche Abrede darauf gerichtet, für eine bestimmte Beschaffenheit nicht einstehen zu wollen. Dieses vorausgesetzt handelt es sich bei der Regelung im notariellen Kaufvertrag, wonach die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung oder bestimmten Verwendung nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört, nicht um eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Eine bestimmte Eigenschaft in Bezug auf die Bebauung oder Verwendung des Grundstückes – so der Bundesgerichtshof – werde gerade nicht vereinbart. Eine gegenüber den Angaben im Exposé vorrangige Beschaffenheitsvereinbarung hätte nämlich einen bestimmten Zustand des Grundstückes in Bezug auf die Pferdehaltung zum Gegenstand haben müssen. Daran fehle es hier. Das Exposé wurde hier also nicht berichtigt. Die Regelung bringt nur zum Ausdruck, dass der Verkäufer für die Möglichkeit einer weiteren Bebauung nicht einstehen will. Damit handelt es sich zwar möglicherweise um einen wirksamen Haftungsausschluss. Da sich der allgemeine Haftungsausschluss nicht auf solche Beschaffenheiten erstreckt, die die Parteien nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbart haben, sei eine Regelung, wonach eine bestimmte Eigenschaft nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehöre, jedenfalls zur Klarstellung sinnvoll.
Der Bundesgerichtshof geht allerdings davon aus, dass der vereinbarte allgemeine Haftungsausschluss auch die nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstückes erfasse. Hierauf könne sich die Beklagte zu 1) jedoch gem. § 444 BGB nicht berufen, weil sie den Mangel arglistig verschwiegen haben. Die Offenbarungspflicht der Beklagten zu 1) habe sich daraus ergeben, dass die unrichtigen Angaben im Exposé über die Zulässigkeit der Errichtung von Pferdeboxen eine Fehlvorstellung der Klägerin hervorgerufen habe. Die Beklagte zu 1) habe den Sachmangel zumindest für möglich gehalten. Sie war damit einverstanden, die Angaben zur Errichtung der Pferdeboxen in das Exposé aufzunehmen. Sie wusste, dass hierfür jedoch keine sichere Tatsachengrundlage bestand. Dass für die Klägerin und ihren Ehemann die Pferdehaltung auf dem Grundstück wichtig war, war dem Beklagten zu 3) bekannt. Dieses Wissen muss sich die Beklagte zu 1) zurechnen lassen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zeigt einmal mehr, dass Vorsicht geboten ist bei Äußerungen, die in Maklerexposés aufgenommen werden.
Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
18. Juni 2019
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