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Die Europäische Kommission legt einen Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz vor

Bereits im Jahr 2021 hat der deutsche Gesetzgeber das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ (LkSG) beschlossen. Dieses tritt zum 01.01.2023 in Kraft; Adressaten dieses Gesetzes sind dann Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mindestens 3.000 Arbeitnehmern. Im Jahr darauf wird die Zahl der maßgeblichen Arbeitnehmer auf 1.000 herabgesenkt, wodurch immer mehr Unternehmen unmittelbar von diesem Gesetz betroffen sein werden. Das Gesetz soll – ganz allgemein gesprochen – die Durchsetzung von Menschen- und Umweltrechten in den globalen Lieferketten durchsetzen. Zu dem Gesetz gab es Kritik, dass hierdurch nationale Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren internationalen Konkurrenten hätten. Ebenfalls wurde kritisiert, dass das Gesetz nicht weit genug gehe, da etwa keine eigene Haftung enthalten sei. Außerdem, so hieß es, könne die nationale Regelung zeitnah obsolet werden, da die EU ebenfalls eine Regelung zu Umwelt- und Menschenrechten in globalen Lieferketten plane.

Und der Entwurf einer solchen Richtlinie wurde, mit einiger Verzögerung, nun von der Europäischen Kommission vorgelegt. Das Europäische Parlament hatte die Kommission bereits vor einiger Zeit aufgefordert, einen entsprechenden Entwurf zu erarbeiten. Dieser sollte eigentlich auch bereits im Jahre 2021 vorgelegt werden. Nun ist er „endlich“ da. Der offizielle Name lautet „Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit.“ Und jetzt stellt sich die Frage: „Was lange währt, wird endlich gut?“

Dies ist sicher eine Frage, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig zu beantworten ist. Denn es ist noch unklar, wie der genaue Text der Richtlinie am Ende lauten wird. Zunächst müssen das Europäische Parlament und der Europäische Rat die Richtlinie noch billigen, so dass es noch zu Änderungen des Regelungsrahmens kommen kann. Nach der Ratifizierung haben die Mitgliedstaaten dann zwei Jahre Zeit, die Regelungen in nationales Recht umzuwandeln. Dennoch lohnt sich bereits jetzt ein Blick in die europäische Regelung und die darin enthaltenen Abweichungen von dem deutschen LkSG. Wo genau liegen also die Unterschiede in den Regelungen?

Da wäre zum einen der unterschiedliche sachliche Anwendungsbereich. Von der europäischen Regelung sind (europäische) Unternehmen bereits ab einer Arbeitnehmeranzahl von 500 Beschäftigten betroffen. Andererseits muss ein Nettoumsatz von mindestens 150 Mio. EUR weltweit erzielt werden; im LkSG sind keine Umsatzschwellen geregelt. Für gewisse, besonders risikobehaftete Unternehmen gilt die Richtlinie bereits ab 250 Beschäftigten und einem Umsatz von netto 40 Mio. EUR weltweit. Gleiches gilt für in der EU tätige Unternehmen aus Drittstaaten, sofern die Umsatzzahlen innerhalb der EU erwirtschaftet werden. Zu den risikobehafteten Sektoren zählen dabei etwa die Textilindustrie und der Bergbau, nicht jedoch das Transportwesen oder die Bauindustrie.

Einschränkungen nimmt die europäische Regelung hingegen bei der Definition der Lieferkette vor, da diese nur erfasst ist, wenn es sich um etablierte Geschäftsbeziehungen („established business relationship“) handelt. Wer also bereits an der nationalen Regelung Kritik aufgrund mangelnder Bestimmtheit geäußert hat, wird sicherlich nicht durch die europäische Regelung überzeugt werden. Hier wird es einer weiteren Klärung durch die Gerichte und Leitlinien der Kommission bedürfen.

Weiter als das LkSG geht die Richtlinie jedoch in der Haftungsfrage. Fehlt dem LkSG noch eine eigene Haftungsregelung, ist eine solche in der Richtlinie enthalten. Dies ermöglicht es Betroffenen gegen Unternehmen zu klagen, die gegen die Sorgfaltspflichten verstoßen. Ebenfalls sind Bußgeldtatbestände und weitere Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen. Im Übrigen finden sich bereits aus dem LkSG bekannte Pflichten wie das Monitoring, die Identifizierung von Risiken und die Entwicklung von Abhilfemaßnahmen auch in dem Richtlinienentwurf wieder. Neu hingegen ist, dass die Unternehmen ebenfalls einen Klimaschutzplan erstellen müssen, welcher die Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen darlegt.

Wie beim LkSG, gilt es auch bei dem Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission abzuwarten, wie die Regelungen tatsächlich durch die Behörden überwacht und durchgesetzt werden. Jedoch sollte der Aufwand, der auf die betroffenen Unternehmen und auch mittelbar auf die Vertragspartner dieser Unternehmen zukommt, nicht unterschätzt werden. Bereits jetzt sollten Unternehmen Strategien entwickeln, wie sie die zahlreichen Pflichten der Regelungen erfüllen können, um so mitunter sehr drastische Strafen zu vermeiden.
 

Alexander Thesling
Rechtsanwalt

15. März 2022

 

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