Bombenexplosion – Kein Anspruch auf Schadensersatz

Urteil des Oberlandesgerichtes Köln vom 20. Dezember 2015 (Az. 25 U 16/15)

In dem vorgenannten Verfahren geht es um den Ersatz von Schäden aufgrund einer Bombenexplosion. Der Beklagte betreibt einen Recyclingbetrieb für Bauschutt. Als einer seiner Baggerführer mit der Zange ein großes Betonteil aufnahm, um es zu zerkleinern, kam es zu einer Explosion auf dem Grundstück. Ursache war eine Bombe aus dem 2. Weltkrieg, die sich in dem Bauschutt befunden hatte. Der Baggerführer kam bei dem Vorfall ums Leben, weitere Personen wurden verletzt. Ferner entstanden unter anderem an umstehenden Gebäuden Schäden. Die Klägerin als Gebäudeversicherung eines der Nachbarhäuser verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht, gestützt auf § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 308 StGB sowie aus § 831 BGB Schadensersatz.

Der Anspruch wurde von dem Landgericht abgelehnt. Ebenso wie das Landgericht hat das Oberlandesgericht einen Schadensersatzanspruch der Versicherung verneint. Eine Haftung nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog, scheide aus, weil das beeinträchtigende Verhalten nicht dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstückes zugeordnet werden könne. Nicht in den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch fallen nämlich störende Verhaltensweisen, die auf dem Grundstück stattfinden, durch die jedoch die spezifischen Beziehungen der Grundstückseigentümer oder Nutzer zueinander nicht berührt werden. Ein solcher Fall liegt dann vor, wenn eine Handlung nur gelegentlich des Aufenthaltes auf dem Grundstück vorgenommen wird, genauso aber auch an anderer Stelle hätte vorgenommen werden können. Es sei zwar hier zu einer Explosion auf dem Grundstück der Beklagten bei Verarbeitung des Bauschutts gekommen. Das sei aber nicht risikospezifisch für die Immobilie. Die Handlung, die zum Schadenseintritt führte, hätte vielmehr auch an anderer Stelle vorgenommen werden können, nämlich beispielsweise auf der Baustelle, wo Bauschutt abgebrochen wurde. Es sie letztendlich Zufall, ob die Betonteile zerkleinert oder in großen Betonteilen auf dem Hof der Beklagten landeten. Im vorliegenden Fall war es sogar wesentlich naheliegender, dass die Explosion während des Aushubs oder beim verladen des Aushubs auf den LKW bzw. bei der Fahrt passieren würde. Dass sie in der Recyclinganlage erfolgte, stellt einen reinen Zufall dar.

Nach Meinung des Senates fehlt es aber auch an der Störereigenschaft des Beklagten. Diese ist gemäß § 1004 Abs. 1 BGB im Rahmen einer entsprechenden Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB Voraussetzung für eine Haftung. Danach muss es zumindest dem mittelbaren Willen des Eigentümers oder Besitzers entsprechen, die Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes zu bewirken. Es muss also Sachgründe geben, dem Eigentümer oder Besitzer des Grundstückes die Verantwortung insoweit aufzuerlegen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn sich aus der Art der Nutzung des Grundstückes eine Sicherungspflicht des Eigentümers oder Besitzers in Bezug auf die Nachbargrundstücke ergibt. Eine solche Sicherungspflicht gab es hier jedoch nicht. Anders als bei dem Aushub von Grundstücken, bei denen mit dem Auffinden von Bomben gerechnet werden muss, ist dies bei Arbeiten auf dem Recyclinghof nicht der Fall. Mit einer Bombenexplosion konnte und war nicht zu rechnen. Es gibt keinerlei Erfahrungen dahingehend, dass sich in Bauschutt auf Recyclinganlagen Bomben befinden. Dementsprechend lehnt der Senat zutreffend auch eine Verletzung von Sicherungspflichten durch den Beklagten ab. Insbesondere gibt es keine Verpflichtung des Betreibers einer Recyclinganlage, zwecks Auffinden von Bomben den Bauschutt durch Röntgen oder Durchleuchten zu überprüfen.

Wegen fehlender Verletzung einer Sicherungspflicht scheidet dementsprechend auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 308 StGB aus. Gleiches gilt für § 831 BGB.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm macht deutlich, dass bei der Frage der Haftung aus nachbarrechtlichen Vorschriften sorgfältig geprüft werden muss, inwieweit das störende Verhalten der konkreten Nutzung des Grundstücks zuzuordnen ist und inwieweit der Anspruchsgegner als Störer haftet.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
27. Januar 2016

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