Quotierung nach Verursachungsanteilen zwischen Gesamtschuldnern

Aus § 426 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet sind, soweit nichts anderes bestimmt ist. Im Baurecht besteht Einigkeit darüber, dass sich die interne Haftungsquote nach den jeweiligen Verursachungsbeiträgen der Gesamtschuldner richtet.

Es ist jeweils im Einzelfall unter Beachtung des Zusammenhangs zwischen Schadens- und Mangelursache bzw. den Aufgaben und Verantwortungsbereichen der jeweiligen Gesamtschuldner zu prüfen, in welchem Maße sie intern haften. Auch wenn in jedem Einzelfall die interne Haftungsverteilung geprüft und festgelegt werden muss, so gibt doch die umfangreiche Rechtsprechung zu den Haftungsquoten Anhaltspunkte für eine Einschätzung der Verursachungsbeiträge.

Die nachfolgende Auflistung unter Angabe der Fundstellen soll eine Entscheidungshilfe bieten. Sie gliedert sich wie folgt: Gesamtschuldner-Innenausgleich

  • zwischen Architekt/Sonderfachmann einerseits und Unternehmer andererseits (I.)
  • zwischen planendem Architekten und bauüberwachendem Architekten (II.)
  • zwischen Architekten einerseits und Sonderfachmann andererseits (III.)
  • zwischen Sonderfachmann, Architekt, bauausführendem Unternehmen (IV.)
  • zwischen Architekten, Unternehmer und Lieferanten (V.)

I. Gesamtschuldner-Innenausgleich zwischen Architekt/Sonderfachmann und bauausführendem Unternehmen

1. Ausgleich zwischen planendem Architekten/Sonderfachmann und bauausführender Firma

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Planungsfehler des Architekten; der Unternehmer hat den Planungsfehler erkannt und ohne Hinweis trotzdem die Planung ausgeführt.

BGH Urteil vom 11.10.1990–VII ZR 228/89–= BauR 91, 79 ff.
BGH Urteil vom 18.01.1973–VII ZR 88/70–= NRW 73, 518 ff.

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Herabstürzende Decke eines Schwimmbads als Folge grob unsachgemäßer Abbrucharbeiten des Unternehmers. Keine Hinweispflicht des planenden und beratenden Architekten auf Gefahr des Eintritts eines derartigen Schadens.

BGH Urteil vom 22.12.2005–VII ZR 71/04 -

Architekt 25 %
Unternehmer 75 %

Fehlerhafte Verlegung einer Drainage und Verletzung von Hinweispflichten durch den Unternehmer; Planungsfehler des Architekten.

OLG Karlsruhe Urteil vom 13.06.2002–9 U 153/01–= BauR 2003, 917

Architekt 33,3 %
Unternehmer 66,6 %

Fehlerhafte Planung des Entwässerungssystems; nicht ausreichende Prüfung der Planung und fehlender Hinweis durch den Unternehmer.

OLG Karlsruhe Urteil vom 19.10.2004–17 U 107/04–= OLGR 2005, 121 ff.

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Fehlender Hinweis des Unternehmers bei leicht erkennbarer fehlerhafter Planung des Architekten.

OLG Düsseldorf Urteil vom 24.11.2000–22 U 8/00–= NZBau 2001, 398 ff.

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Verursachung eines Brandes durch den Unternehmer; Planungsfehler

OLG Düsseldorf Urteil vom 28.02.1997–22 U 182/96–= NJW-RR 1997, 975 ff.

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Planungsfehler des Architekten und Kenntnis des Unternehmers von dem Planungsfehler zu einem Zeitpunkt, in dem Korrekturen noch möglich waren.

OLG Oldenburg Urteil vom 15.07.2004–8 U 121/04–= NZBau 2005, 48 ff.

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Wasserschaden verursacht durch Ausführungsfehler und kumulativ eines beträchtlichen Planungsfehlers des Architekten.

OLG Hamm Urteil vom 15.05.2007–21 U 130/06 -

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Fehlerhafte planerische Leistung als Mangelursache; unterlassener Hinweis durch den Unternehmer trotz Kenntnis von dem Planungsfehler.

OLG Düsseldorf Urteil vom 10.11.2000–22 U 78/00–= BauR 2001, 638

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Fehlerhafte Planung des Architekten sowie zusätzliche Ausführungsfehler des Unternehmers

OLG Hamm Urteil vom 08.06.2000–24 U 127/99–= BauR 2001, 828 ff

Architekt 57,5 %
Unternehmer 42,5 %

Haftungsverteilung bei Mängeln an einem Flachdach. Auf Seiten des Unternehmers werden die reinen Ausführungsfehler und das Unterlassen der Meldung nach § 4 VOB/B berücksichtigt.

OLG Frankfurt Urteil vom 18.07.1995–7 U 33/84–= BauR 1987, 322 ff.

Architekt 75 %
Unternehmer 25 %

Planungsfehler und fehlende Prüfung und Bedenkenanmeldung des Unternehmers.

OLG Stuttgart Urteil vom 26.02.1992–3 U 82/91–= BauR 1992, 806 ff.

Architekt 75 %
Unternehmer 25 %

Unzulängliche Pläne des Architekten; Durchführung von Bohrungen durch den Unternehmer auf Grundlage unzureichender Pläne und Beteiligung des Architekten an der fehlerhaften Einmessung der Bohrpunkte.

OLG Koblenz Urteil vom 03.11.2005–5 U 450/05–= BauR 2006, 1160

Architekt 100 %
Unternehmer 0 %

Verschulden des Unternehmers wegen fehlenden Hinweises auf Planungsfehler tritt hinter dem Verschulden des Planers vollständig zurück.

OLG Celle Urteil vom 11.10.2001–22 U 6/01–= IBR 2004, 12

Sonderfachmann (Vermesser) 20 %
Unternehmer 80 %

Unterlassener Hinweis des Vermessungsingenieurs als Fehler der Vermessertätigkeit; schwerwiegende Nachlässigkeit bei der Arbeitsvorbereitung und Arbeitsausführung durch den Unternehmer.

OLG Hamm Urteil vom 05.02.1991–21 U 111/90–= BauR 1992, 78 ff.

2. Gesamtschuldnerausgleich zwischen bauausführendem Unternehmen und bauüberwachenden Architekten

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Alleinige Haftung des Unternehmers bei Ausführungsfehler, den der Architekt bei ordnungsgemäßer Bauaufsicht hätte erkennen können.

OLG Koblenz Urteil vom 25.06.2007–12 U 1435/05–= www.Fachanwaltsmodule.de

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Bauausführungsfehler und Bauaufsichtspflichtsverletzung

LG Tübingen Urteil vom 15.08.1989–2 O 142/87–= NRW-RR 1989, 1504 ff.

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Ausführungsfehler und Bauaufsichtspflichtsverletzung des Architekten

OLG Koblenz Urteil vom 19.03.2004–8 U 397/03–= IBR 2005, 221

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Ausführungsfehler bei untergeordneten Arbeiten. Es liegt keine Gesamtschuld vor, weil der Architekt den Unternehmer bei den untergeordneten Arbeiten nicht beaufsichtigen brauchte.

OLG Düsseldorf Urteil vom 22.03.1983–21 U 245/82–= BauR 1984, 201 ff.

Architekt 20 %
Unternehmer 80 %

Ausführungsfehler des Unternehmers und nicht ordnungsgemäße Bauaufsicht.

OLG Braunschweig Urteil vom 25.05.1990–2 U 52/90–= BauR 1991, 355 ff.

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Unfall des Arbeitnehmers des Unternehmers aufgrund Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Dem Unternehmer obliegt es in erster Linie, für die Sicherheit der eigenen Arbeitnehmer zu sorgen. Der Architekt hat ihn nur zu überwachen. Der Unternehmer kann dem Architekten nicht vorhalten, nicht genügend darauf geachtet zu haben, dass er seinen eigenen Aufsichtspflichten einhält.

GH Urteil vom 16.02.1971–VI ZR 125/69–= NJW 1971, 752 ff. = VersR 1971, 476 ff.

3. Planung- und Überwachungsfehler einerseits sowie Ausführungsfehler des Unternehmers andererseits

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Planungsfehler und Bauaufsichtsfehler des Architekten; Ausführungsfehler und fehlende Prüfung und fehlender Hinweis in Bezug auf den Planungsfehler.

OLG Köln Urteil vom 07.04.1993–11 U 277/92–= BauR 1993, 744 ff.

Architekt 33,3 %
Unternehmer 66,6 %

Planungs- und Überwachungsfehler des Architekten; Ausführungsfehler bei Aushub und Unterfangungsarbeiten durch den Unternehmer.

OLG Stuttgart Urteil vom 13.02.2006–5 U 136/05–= NZBau 2006, 446 ff. = BauR 2006, 1772 ff.

Architekt 66,6 %
Unternehmer 33,3 %

Planungsfehler und grobe Aufsichtspflichtverletzung des Architekten bei Dacheindeckung. Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht des Unternehmers.

OLG Naumburg Urteil vom 14.01.2003–1 U 80/02–= NJW-RR 2003, 595 ff. = NZBau 2003, 391 ff.

Architekt 100 %
Unternehmer 0 %

Planungs- und Überwachungsfehler des Architekten als Ursache für Hausschwammbefall; allenfalls geringfügige Schuld des Unternehmers, die dahinter zurücktritt.

OLG Düsseldorf Urteil vom 23.11.1993–21 U 78/93–= BauR 1995, 132

Architekt 100 %
Unternehmer 0 %

Fehlende Geeignetheit des Estrichs für Fliesenarbeiten, Planungs- und Bauaufsichtsfehler des Architekten; allenfalls Prüfungs- und Hinweispflicht des Unternehmers, die wegen Geringfügigkeit zurücktritt.

OLG Celle Urteil vom 14.10.2004–5 U 34/04–= BauR 2006, 137

II. Planender Architekt und bauüberwachender Architekt

Planender Architekt 50 %
Bauaufsichtsführender Architekt 25 %
Unternehmer 25 %

Der Architekt hat die Planung vorgenommen und die Bauausführung überwacht. Es liegen Planungsfehler sowie Ausführungsfehler vor.

OLG Karlsruhe Urteil vom 13.03.2007–17 U 304/05–www.fachanwaltsmodule.de, ibr- online.de / IBR 2007, 418

Planender Architekt 100 %
Bauüberwachender Architekt 0 %

Haftung des bauaufsichtsführenden Architekten als Gesamtschuldner beruht alleine darauf, dass er den Primärschädiger nicht ausreichend kontrolliert hat.

OLG Frankfurt Urteil vom 04.02.2004–1 U 52/03–= BauR 2004, 1329

III. Architekt einerseits und Sonderfachmann andererseits oder Haftung mehrerer Sonderfachleute untereinander

Planender Architekt 0 %
Bauleitender Architekt 0 %
Statiker 100 %

Fehlerhafte Konstruktion des Bauwerkes durch den Statiker, keine Überprüfung des planenden bzw. bauleitenden Architekten, der sich auf die Spezialkenntnisse des Statikers verlassen kann.
OLG Köln Urteil vom 10.03.1987–22 U 221/86–= BauR 1988, 241 ff.

IV. Planender Architekt, Sonderfachmann, bauausführendes Unternehmen

Architekt 15 %
Statiker 70 %
Unternehmer 15 %

Fehlende Dehnungsfugen und zu tiefer Einbau der Bewehrung.
Der wesentliche Fehler liegt beim Statiker. Der Architekt haftet, weil die Anlegung von Dehnungsfugen zu dem allgemeinen Wissen des Architekten gehört. Das bauausführende Unternehmen haftet wegen fehlender Bedenkenanmeldung und mangelhafter Ausführung.

LG Stuttgart Urteil vom 24.04.1996–14 O 575/95–= BauR 1997, 137 ff.

Architekt 20 %
Baugrundgutachter 40 %
Unternehmer 40 %

Falsche Einschätzung der Boden- und Grundwasserverhältnisse. Wesentliche Ursachen sind die fehlende gründliche Bodenuntersuchung durch den Baugrundgutachter sowie fehlender Hinweis des mit der Spundwandstatik beauftragten ausführenden Unternehmers. -der Architekt haftet wegen fehlerhafter Koordination aufgrund zeitlich zu eng bemessener Abläufe.

OLG Stuttgart Urteil vom 06.07.1994–4 U 63/93–= BauR 1996, 748 ff.

V. Planender Architekt, ausführender Unternehmer, Lieferant

Architekt 30 %
ausführendes Unternehmen 35 %
Lieferant 35 %

Fehlerhafte Planung, Lieferung eines mangelhaften Baustoffes sowie Ausführungsfehler des Pflasterunternehmens

OLG Brandenburg Urteil vom 05.07.2000–7 U 276/99–= NZBau 2001, 322 ff.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass hilfreiche Ausführungen zum Gesamtschuldner-Innenausgleich insbesondere zu finden sind bei Kniffka BauR 2005, S. 274 ff., Sörgel BauR 2005, S. 239 ff., Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage, Rn. 1964 ff.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Prof. Dr. Ulrich Werner
Rechtsanwälte

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BAG: Geschäftsführerdienstvertrag – Aufhebung des Arbeitsverhältnisses

Mit Entscheidung vom 19. Juli 2007 hat das Bundesarbeitsgericht letzte Unklarheiten bzgl. der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrags beseitigt.
In neuerer Rechtsprechung geht das Bundesarbeitsgericht stets davon aus, dass der Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages mit einem bisherigen Arbeitnehmer das bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Arbeitsverhältnis nicht – entsprechend der älteren Rechtsprechung des BAG – bis zur Beendigung des Geschäftsführerdienstverhältnisses ruhen und danach wieder aufleben lässt, sondern im Zweifel beendet. Solange nicht besondere Umstände vorliegen, aus denen sich etwas anderes ergibt, wird vermutet, dass die Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden wollten.

Mit der oben zitierten Entscheidung hat das BAG nun klargestellt, dass sich auch aus der im Rahmen der AGB-Prüfung zu berücksichtigenden Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB, der seit der Schuldrechtsreform über § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB auch auf vorformulierte Arbeitsverträge Anwendung findet, nichts anderes ergibt.

Auch eventuell bestehende Zweifel, ob die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrags dem für Auflösungsverträge erforderlichen Schriftformerfordernis gemäß § 623 BGB entspricht, hat das BAG ausgeräumt. So heißt es in der Pressemitteilung des BAG: "Durch den schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag wird das Schriftformerfordernis des § 623 BGB für den Auflösungsvertrag gewahrt."

Empfehlung: Wurde ein ehemaliger Arbeitnehmers zum Geschäftsführer bestellt, wird grundsätzlich vermutet, dass das Arbeitsverhältnis mit Abschluss des schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrags einvernehmlich beendet wurde. Nachdem jedoch bei Vorliegen bestimmter Umstände von dieser Vermutung abgewichen werden kann, bleibt der Abschluss eines schriftlichen Aufhebungsvertrags oder einer entsprechenden Klausel im Geschäftsführerdienstvertrag zur Vermeidung eventueller Unklarheiten weiterhin empfehlenswert.

Hiltrud Kohnen
Uta Hesemann
Rechtsanwältin

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LAG Berlin-Brandenburg: § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Altersdiskriminierung unwirksam

§ 622 Abs. 1 BGB regelt die im Falle einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Kündigung geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen bei längerer Beschäftigungsdauer.

Gemäß § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB sollen Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer nicht berücksichtigt werden.

Dies bedeutet bislang, dass z.B. für einen 26jähriger Arbeitnehmer, der sich bereits seit seinem 19. Lebensjahr in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, trotz einer tatsächlichen Beschäftigungsdauer von 7 Jahren eine Kündigungsfrist von nur vier Wochen zum 15. oder Letzten eines Monats gilt. Für einen 36jähriger würde bei gleicher Beschäftigungsdauer eine Kündigungsfrist von 2 Monaten zum Monatsende gelten.

Das LAG Berlin Brandenburg sah in dieser an das Alter des Arbeitnehmers anknüpfenden Ungleichbehandlung eine Altersdiskriminierung, welche mit dem geltenden Europarecht unvereinbar sei. § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB sei daher unwirksam und nicht anwendbar. Vielmehr müssten auch die Zeiten vor dem 25. Lebensjahr des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer gemäß § 622 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt werden.

Zwischenzeitlich sah sich das LAG Düsseldorf mit einem ähnlichem Sachverhalt konfrontiert. Anders als das LAG Berlin Brandenburg hat das LAG Düsseldorf nicht über die Anwendbarkeit des § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB entschieden, sondern hat die Frage der Wirksamkeit der Regelung mit Beschluss vom 21.11.2007 (12 Sa 1311/07) dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu § 14 Abs. 3 TzBfG (Urteil vom 22.11.2005, NZA 2005, 1345) – der EuGH erklärte hierin die Befristungserleichterung für ältere Arbeitnehmer wegen Verstoßes gegen die Gleichbehandlungsgrundsätze für unwirksam – und der dem EuGH folgenden Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 26.04.2006, NZA 2006, 1162) – spricht Vieles für die Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg. Rechtssicherheit wird insoweit jedoch erst dann bestehen, wenn die Entscheidung des EuGH vorliegt.

Empfehlung: Solange eine Entscheidung des EuGH auf sich warten lässt, ist im Falle der Kündigung eines jüngeren Arbeitnehmers abzuwägen, ob statt der verkürzten Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB vorsorglich die längere Kündigungsfrist gemäß Satz 1 gewählt werden sollte. Diese Entscheidung sollte bezogen auf den Einzelfall getroffen werden.

Hiltrud Kohnen
Uta Hesemann
Rechtsanwältin

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Es knarrt im Scharnier zwischen Steuerrecht und Strafrecht

"Die Verhinderung und Bekämpfung der Korruption gehört zu den zentralen gesellschaftspolitischen Aufgaben" (Bundesregierung laut Entwurf-Drucks. 16/6558).

Korruption ist in aller Munde ─ Fahrten von Aufsichtsräten kommunaler Energieversorger, ausländische Großbaustellen Münchner Anlagenbauer, schwedische Möbelhäuser, Verkauf von Flugzeugen, Einkaufsleiter süddeutscher Automobilbauer, Vetternwirtschaft in Brüssel, Zahlungen an Schiedsrichter und Betriebsräte, "schwarze Kassen".

Die Bundesregierung will vor diesem Hintergrund die schon bestehenden scharfen Regeln noch weiter verschärfen (Entwurf vom 04.10.2007 eines Strafrechtsänderungsgesetz ─ Drucks. 16/6558). Die einkommensteuerliche Mitteilungspflicht des § 4 Abs. 5 Nr.10 EStG, laut der Betriebsprüfer und Finanzämter jeden Korruptionsverdacht melden müssen, bekommt somit zunehmende Bedeutung. Diese Denunzierungspflicht widerspricht allerdings der Wertneutralität des Steuerrechts (§ 40 AO).

Steuer- und Strafrecht sind insoweit schlecht miteinander verzahnt.

I. Mitteilungsbefugnis

Amtsträger unterliegen der Mitteilungspflicht des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG, haben aber auch das Steuergeheimnis zu wahren (§ 30 Abs. 1 AO). Verletzt ein Amtsträger das Steuergeheimnis, macht er sich strafbar (§ 355 StGB). Von diesem Schutz werden auch amtlich erlangte Kenntnisse über Allgemeinstraftaten also beispielsweise über Korruptionsdelikte€” erfasst.

1. Erkenntnisse aus der Steuererklärung des Bestochenen

Gibt jemand in seiner Steuererklärung wahrheitsgemäß an, dass er Bestechungsgelder eingenommen hat, erfüllt er seine mit Zwangsmitteln erzwingbaren (§§ 328 ff. AO)€” steuerlichen Erklärungspflichten. Darf das Finanzamt von der so erlangten Kenntnis Mitteilung an die Staatsanwaltschaft machen?

a) § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG
Eine Mitteilungsbefugnis gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG besteht keinesfalls, denn diese Norm befasst sich nur mit der „Zuwendung von Vorteilen” nicht mit dem Empfang von Vorteilen. Erfasst wird entsprechend dem Regelungsgehalt des § 4 EStG€” lediglich die Betriebsausgabenseite, nicht die Einnahmenseite.

b) § 30 Abs. 4 AO
§ 30 AO kennt Ausnahmen vom Steuergeheimnis. Hier käme § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b) AO in Betracht. Diese Norm fordert das "Vorliegen eines zwingenden öffentlichen Interesses (zur Verfolgung von) Wirtschaftsstraftaten …, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören und das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Richtigkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern" (Hervorhebung des Verfassers).

Selbst wenn man in konkreten Einzelfällen zu einer Bejahung der Tatbestandsmerkmale der Norm kommen sollte, scheitert eine darauf basierende Mitteilung. Die Norm ist verfassungswidrig, jedenfalls soweit sie zum Zwecke der Strafverfolgung eingesetzt wird. Da der Steuerpflichtige unter Androhung von Zwangsmitteln (§ 328 ff. AO) zu wahrheitsgemäßen Angaben hinsichtlich aller ─ auch strafbarer (§ 40 AO) — Einnahmequellen verpflichtet ist, gibt es keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für eine hierauf gestützte Strafverfolgung.

Der Steuerpflichtige wird durch das nemo-tenetur-Prinzip geschützt, also seinem verfassungsrechtlichen Recht, sich strafrechtlich nicht selbst belasten zu müssen (str., vgl. Heerspink, AO-StB 2006, 51 ff.; FGJ-Joecks, Steuerstrafrecht, § 393, RN 71 ff.; insoweit problematisch: BGH v. 2.12.2005 ─ 5 StR 119/05 ─ BGHSt 50, 299). Niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten.

2. Erkenntnisse aus der Steuererklärung des Bestechenden

Führt jemand seine Buchhaltung unter Einbeziehung verausgabter Bestechungsgelder, erfüllt er seine steuerlichen Pflichten. Werden die gebuchten Bestechungsgelder nicht als Betriebsausgaben angesetzt (§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG), wird steuerpflichtgemäß agiert.

Da die Bestechungsgelder nicht als Betriebsausgaben angesetzt wurden, hat das Finanzamt auch in diesem Fall keine Mitteilungsbefugnis aus § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG (str., vgl. im Einzelnen Heerspink, AO-StB 2001, 47 ff.).

Selbst der BMF-Erlass vom 10.10.2002 (IV A6-S2145-35/02) verweist unter Textziffer 32 darauf, dass eine Mitteilungspflicht im Regelfall entfällt, wenn eine Vorteilszuwendung aufgedeckt wurde, die nicht zu einer Betriebsausgabe geführt hat. Laut Erlass entfällt eine Mitteilung auch, wenn einem Benennungsverlangen nicht nachgekommen wird und daher eine angesetzte Betriebsausgabe nach § 160 AO außer Ansatz bleibt oder ein Betriebsausgabenabzug ohnehin bereits an § 12 EStG scheitert.
Danach mag die Einladung zur Prunksitzung des Traditionsvereins, dessen Vereinsmitglied man zudem ist, eine strafbare Vorteilsgewährung sein (und wird einem Ermittler ohne Sinn für die rheinländische Sozialadäquanz (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 331 RN 25) jedenfalls so vorkommen).

Da die Kosten aber als gemischt betrieblich und privat veranlasst gelten (vgl. Nachw. bei Schmidt-Drenseck, EStG, § 12 RN 25 „Karneval”), scheitert ein Ansatz als Betriebsausgaben ohnehin am Abzugsverbot des § 12 EStG, so dass § 4 EStG nicht anwendbar ist; im BMF-Schreiben heißt es wie folgt:

Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG

3 ….

4 Die Regelung findet nur Anwendung, wenn es sich bei den Aufwendungen um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt. Sind die Aufwendungen auch privat mitveranlasst, fallen sie unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot nach § 12 EStG; bei gesellschaftsrechtlicher Veranlassung handelt es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen.

Mitteilungspflicht der Finanzbehörde § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 3 EStG)

31 …

32 Eine Mitteilungspflicht besteht im Regelfall nicht schon dann, wenn das Abzugsverbot nicht anwendbar ist (insbesondere bei privat mitveranlassten Aufwendungen, Tz. 4, bei einer Vorteilszuwendung, die nicht zu einer Betriebsausgabe geführt hat, z.B. bei verbilligten Darlehen, Tz. 7, bei Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 EStG oder bei Anwendung des Abzugsverbots wegen Nichtbefolgung eines Benennungsverlangens nach § 160 AO, Tzn. 34 bis 37). …

Trotz Anfangsverdacht einer Korruptionstat entfällt eine Mitteilungspflicht, weil das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 1 EStG nicht angewendet werden muss; der fehlende Betriebsausgabenansatz wird anderweitig erzielt.

Wenn eine Mitteilung stets entfällt, wenn ein anderweitiges Abzugsverbot besteht, kann man den Steuerbürger, der von Anfang an vom Ansatz abgesehen hat, nicht schlechter behandeln. Denjenigen zu privilegieren, der die Betriebsausgaben ansetzt aber die Empfänger nicht benennt (Fall des Abzugsverbot gemäß § 160 AO), kann nicht überzeugen.

3. Erkenntnisse aus einer Selbstanzeige

Die Abgabe einer Selbstanzeige erfolgt in der (nachholenden) Erfüllung steuerlicher Pflichten. Allerdings ist die Position des Steuerpflichtigen hier schwächer, denn eine Selbstanzeige ist nicht durch Zwangsmittel erzwingbar, so dass das nemo-tenetur-Prinzip jedenfalls nicht unmittelbar greift (vgl. Heerspink, AO-StB 2006, 5154). Im Ergebnis kann aber nichts anderes gelten, da die Selbstanzeige nur dann die ─ gesetzgeberisch erwünschte ─ Rückkehr zur Normtreue ermöglicht, wenn die Angaben im Rahmen der Selbstanzeige nicht zum Anknüpfungspunkt der Strafverfolgung gemacht werden können (FGJ-Joecks, Steuerstrafrecht, § 393, RN 55). Es gilt also das bereits oben Ausgeführte entsprechend.

4. Ermittlungsergebnisse der Betriebsprüfung

Da der Steuerpflichtige auch im Rahmen der Betriebsprüfung mitwirkungsverpflichtet (§ 200 AO) und dies auch mit Zwangsmitteln durchsetzbar (§§ 328 ff. AO) ist, gilt hier nichts anderes als im Rahmen der Erkenntnisgewinnung durch Abgabe einer Steuererklärung. Erst der Wegfall der Erzwingbarkeit der Mitwirkung durch Einleitung des Steuerstrafverfahrens würde zur Verwertbarkeit der sodann erzielten Erkenntnisse führen.

5. Ermittlungsergebnisse eines Steuerstrafverfahrens

Ermittlungsergebnisse, die die Steuerfahndung im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens gewinnt, dürfen an die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden. Für den Teil der weitergeleiteten Erkenntnisse, der auf den steuererheblichen Ursprungsangaben beruht, gilt aber gemäß § 393 Abs. 2 AO ein strafrechtliches Verwertungsverbot, so dass insoweit keine Strafe verhängt werden darf.
Beispiel: Im Steuerfahndungsbericht wird festgehalten, dass mit Scheinselbständigen gearbeitet und daher Lohnsteuern und Sozialversicherungsabgaben verkürzt und zudem die Aufträge mit Hilfe von Bestechungsgeldern akquiriert wurden. Letztere wurden nicht als Betriebsausgaben angesetzt. Dürfte dieser Bericht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden?

Da neben der Lohnsteuerhinterziehung ein Allgemeindelikt (Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben, § 266a StGB) gegeben ist, besteht eine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft (§ 386 AO). Darf diese aber auch die Erkenntnisse hinsichtlich der Auftragsakquisition erhalten und ggf. verwenden?

§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG greift nicht, denn die Bestechungsgelder wurden nicht als Betriebsausgaben steuerwirksam gebucht.

Auch eine Mitteilungsbefugnis gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b) AO wird nicht gegeben sein; diese ist verfassungswidrig (str.), jedenfalls aber äußerst restriktiv auszulegen (s. o.).
Jedoch greifen in dem geschilderten Fall die Offenbarungsbefugnisse des § 30 Abs. 4 Nrn. 1 und 4 AO. Da die Mitteilung zur Durchführung des Strafverfahrens wegen Lohnsteuerhinterziehung und Sozialabgabenverkürzung erforderlich ist, dürfen die Erkenntnisse über die Verausgabung von Bestechungsgeldern mitgeteilt werden. Dies gilt jedenfalls, sofern sie nicht abgeschichtet werden können€” z.B. weil sich die Komplexe vermischen.

Da die Erkenntnisse über die Verausgabung von Bestechungsgeldern aber auf steuerpflichtgemäßem Verhalten einer ordnungsgemäßen Buchführung beruhen, dürfen sie gemäß § 393 Abs. 2 AO nicht verwendet werden. Für sich betrachtet unterliegt die Erkenntnis über die Verausgabung von Bestechungsgeldern dem Steuergeheimnis, sie wird nur als Annextatsache aufgrund der Unlösbarkeit der übrigen strafverfolgungsrelevanten Komplexe mitgeteilt.

6. Konsequenz

Das nemo-tenetur-Prinzip widerstreitet bei freiwillig gemachten Pflichtangaben einer Mitteilung an die Staatsanwaltschaft. In diesen Fällen wird durch die Mitteilung § 355 StGB verletzt.

Eine Verletzung scheidet nur dann aus, wenn freiwillig gemachte Pflichtangaben über strafbares Verhalten als Annex zu mitteilungsrelevanten Tatsachen offenbart werden. In diesen Fällen greift zum Schutz des Steuerpflichtigen lediglich ein Beweisverwertungsverbot.

Freiwillig gemachte steuerliche Angaben dürfen nicht in eine strafrechtliche Selbstbelastung umfunktioniert werden.

III. Offenbarungsvoraussetzung: Anfangsverdacht

Zur Durchbrechung des Steuergeheimnisses ist mindestens der Anfangsverdacht einer Straftat zu fordern. Eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft zur Prüfung, ob ein Anfangsverdacht überhaupt vorliegt, wäre rechtswidrig. In einem derartigen Falle würde das Steuergeheimnis durchbrochen, obwohl noch kein Anfangsverdacht bejaht wurde. Der Durchbrechung des Steuergeheimnisses würde in einem solchen Fall der rechtfertigende Grund fehlen, so dass der Amtsträger sich strafbar (§ 355 StGB) machen würde.

Die Finanzverwaltung muss also in eigener Kompetenz prüfen, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Nur wenn sie diesen bejaht, darf sie abgeben.

IV. Verfall und seine Rückwirkung auf den Inhalt der Mitteilungspflicht

Vorteile, die aus strafbaren Taten erwachsen, unterliegen grundsätzlich dem Verfall (§§ 73 ff. StGB). Gleichzeitig sind sie aber auch steuerpflichtige Einnahmen (vgl. § 40 AO). Gibt man das bezogene Bestechungsgeld nicht an und fällt dies im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens auf, kommt es zu folgender Merkwürdigkeit: Das Schmiergeld wird nachversteuert (§ 40 AO). Das Steuerstrafverfahren wird an die Staatsanwaltschaft abgegeben (§ 386 AO, § 30 Abs. 4 Nrn. 1 und 4 AO). § 393 Abs. 2 AO bietet keinen Schutz, denn die weitergegebenen Daten basieren auf der Hinterziehung, sind also nicht solche, die der Steuerpflichtige in Erfüllung steuerlicher Pflichten und vor der Bekanntmachung eines Strafverfahrens preisgegeben hätte.

Mangels Verwertungsverbots kann das Gericht im Rahmen des Urteils das erlangte Bestechungsgeld für verfallen erklären (§§ 73 ff. StGB). Vom Verfallsbetrag wird eine etwa schon bezahlte Steuer in Abzug gebracht (str., vgl. Heerspink, AO-StB 2003, 173 ff.). Der Verfallsbetrag ist wiederum eine negative Einnahme und steuerlich zu berücksichtigen (BFH v. 6.4.2000 - IV R 31/99, BStBl. II 2001, 536 ff.). Soweit bilanziert wird, kann eine entsprechende Rückstellung gebildet werden (BFH v. 20.3.2001 ─ IX R 97/97 ─ BB 2001, 1830).

Im Ergebnis wirkt sich die Arbeit der Steuerfahndung für den Fiskus nicht aus. Denn der Einnahmeerhöhung durch Ansatz des Bestechungsgeldes steht in gleicher Höhe die Minderung der Einnahmen aufgrund Verfalls gegenüber; ein steuerliches Mehrergebnis entstünde allenfalls zufällig aufgrund Periodenverschiebung.

Wollte man also eine Mitteilungspflicht der Finanzbehörden auch für den Fall annehmen, dass der Steuerpflichtige aktiv die eigene Bestechlichkeit und die damit verbundenen Einnahmen offenbart, und wollte man weiter annehmen, dass jegliche Mitteilung zum Zwecke der Ahndung der Bestechlichkeit verwertbar ist, würde man die Finanzbehörden zu bloßen Aufdeckungsgehilfen der Staatsanwaltschaft degradieren und den Steuerpflichtigen systematisch zum Beweismittel gegen sich selbst machen. Denn bei konsequenter Anwendung einer Mitteilungspflicht und Verneinung eines strafrechtlichen Verwertungsverbots sind keine Mehreinnahmen zu erzielen.

Dann aber könnte in der Angabe einer Bestechungseinnahme keine steuerliche Pflicht mehr liegen, denn steuerliche Ziele könnten mit einer derartigen Erkenntnisgewinnung nicht verfolgt werden. Der Steuerpflichtige würde mittels des Steuerrechts lediglich gezwungen, strafrechtliches Beweismaterial gegen sich selbst zu liefern. Die Pflicht zur Erklärung von Einnahmen wäre somit ein strafrechtlicher Geständniszwang. Eine solche Regelung wäre mit § 136a StPO und Verfassungsrecht unvereinbar.
Dieses Ergebnis zeigt die Widersinnigkeit einer extensiven Auslegung der Mitteilungspflicht. Fiskalisch ist dergleichen nicht begründbar.

Wenn aber kein fiskalischer Grund vorhanden ist, kann die Mitteilungspflicht nur strafrechtlich begründet sein. Bei einer strafrechtlichen Motivation muss die Mitteilung aber immer dann ausscheiden, wenn aus strafrechtlichen Gründen ohnehin keine Strafbarkeit in Betracht kommt. Dies ist etwa bei einer strafrechtlichen Unverwertbarkeit der Fall, also stets dann, wenn der Steuerpflichtige sich zwar korruptiv aber steuerehrlich verhalten hat.

V. Fazit

Es ist reichlich unübersichtlich geworden vor lauter Verfolgung hehrer Ziele. Das Steuerrecht wird systemwidrig zur Verfolgung außersteuerlicher Zwecke — der Brandmarkung von Korruption €” aufgeladen. Dabei wird das eigentliche Ziel des Steuerrechts — die Finanzierung des Gemeinwesens €” verfehlt. Die aus dem berechtigten Ansatz der Wertneutralität folgende Besteuerung illegaler Einkünfte muss aber auch "moralisch" durchgehalten werden. Wer zur Angabe gesetzeswidriger Einnahmen auffordert, darf vor lauter Moralität nicht die gesetzeskonform gemachten Angaben zur Bekämpfung eben dieser Steuerbürger machen; pecunia non olet. Wer sich an dieser Weisheit Vespasians nicht orientieren will, soll seine steuerliche Nase nicht in den Bodensatz des Wirtschaftslebens stecken.

Dr. Fank Heerspink
Rechtsanwalt

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BAG: Surfen im Internet – Kündigung

Die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeiten kann je nach Art und Ausmaß selbst ohne das Vorliegen eines Nutzungsverbots eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.BAG, Urteil vom 31.Mai 2007 2 AZR 200/06

In Fortführung seiner Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht Ende März erneut entschieden, dass die private Internetnutzung während der Arbeitszeit auch ohne ausdrückli-ches Verbot eine so erhebliche Pflichtverletzung darstellen kann, dass sie den Arbeitgeber zur Kündigung ohne vorherige Abmahnung berechtigt.

Bereits mit Urteilen vom 27. April 2006 (2 AZR 386/05) und 07. Juli 2005 (2 AZR 581/04) hatte der 2. Senat entschieden, dass das private Surfen im Internet sogar einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darstellen und damit den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigten kann.

Ob die in der privaten Internetnutzung liegende Pflichtverletzung das für eine (fristlose) Kündigung erforderliche Gewicht hat, misst sich u. a. an Umfang und Art der Nutzung. Für den Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer privat das Internet nutzt, erhält er Arbeitsentgelt für eine Arbeitsleistung, welche er tatsächlich nicht erbringt. Je größer daher der zeitliche Umfang der Internetnutzung, desto erheblicher ist die darin liegende Pflichtverletzung des Arbeitszeitbetrugs.

Die Art der Nutzung kann z.B. dann eine erhebliche Pflichtverletzung begründen, wenn der Arbeitnehmer Internetseiten z.B. pornographischen Inhalts aufruft, da dies zu einer Rufschädigung des Arbeitgebers führen kann. Auch das Herunterladen größerer Datenmengen kann eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen, da hiermit das Betriebssystem des Arbeitgebers zum einen durch Überlastung gestört werden kann, dies zum anderen aber auch die Gefahr birgt, das System mit Viren oder "Trojanern" zu belasten.

Einer vorherigen Abmahnung bedarf es auch ohne das Vorliegen eines Verbots nicht, wenn die private Nutzung des Internets durch den Arbeitnehmer solche Ausmaße annimmt, dass er nicht darauf vertrauen kann, dass der Arbeitgeber dies tolerieren wird. Dies ist der Fall, wenn die Nutzung während der Arbeitszeiten in einem erheblichen zeitlichen Umfang stattfindet und/oder eine erhebliche Menge an Daten auf das betriebliche Betriebssystem heruntergeladen wird.

Empfehlung: Es empfiehlt sich, die private Nutzung des Internets in Form einer Arbeitsanweisung oder Betriebsvereinbarung eindeutig zu regeln, z.B. dergestalt, dass den Arbeitnehmern die private Nutzung in Pausen und außerhalb der Arbeitszeiten gestattet, im Übrigen verboten wird. Kontrollrechte des Arbeitgebers unterliegen besonderen datenrechtlichen Bestimmungen, so dass in der praktischen Umsetzung sensibles Vorgehen geboten ist.

Hiltrud Kohnen
Uta Hesemann
Rechtsanwältinnen

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BAG: Datenschutzbeauftragte – Widerruf der Bestellung – Kürzung der Zusatzvergütung

Der wirksame Widerruf der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Datenschutzbeauftragten bedarf regelmäßig der gleichzeitigen Teilkündigung des Arbeitsvertrags BAG, Urteil vom 13.03.2007, Az. 9 AZR 612/05

Gemäß § 4 f Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) haben öffentliche und nichtöffentliche Stellen, die personenbezogene Daten automatisiert bearbeiten, einen Beauftragten für Datenschutz schriftlich zu bestellen. Nachdem eine Beauftragung mit den Aufgaben des Datenschutzbeauftragten regelmäßig nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst ist, beinhaltet eine mit Einverständnis des Arbeitnehmers erfolgte Bestellung in der Regel gleichzeitig die einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrags.

Mit Urteil vom 13. März 2007 hat das BAG entschieden, dass ein Widerruf der Bestellung nur bei gleichzeitiger Teilkündigung der arbeitsvertraglichen Aufgabe als Datenschutzbeauftragter wirksam ist. Eine solche Teilkündigung sei ausnahmsweise zulässig, da die Sonderaufgabe als Datenschutzbeauftragter nicht in einem inneren Zusammenhang mit den sonstigen Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis stehe, sondern lediglich zu den übrigen Rechten und Pflichten hinzutrete, und damit der Wegfall dieser zusätzlichen Sonderaufgabe nicht zu einem einseitigen wesentlichen Eingriff in das Ordnungs- und Äquivalenzgefüge des gesamten Arbeitsverhältnisses führe.

Fazit: Bei Widerruf der Beauftragung zum Datenschutzbeauftragten muss gleichzeitig die Teilkündigung der entsprechenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung erfolgen.

Soweit eine Zusatzvergütung für die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter erfolgen soll, sollte ausdrücklich arbeitsvertraglich vereinbart werden, dass es sich hierbei um eine Sondervergütung für die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter handelt und dass ein arbeitnehmerseitiger Anspruch auf Zahlung dieser Vergütung nur für die Dauer dieser Tätigkeit besteht, d.h. mit Widerruf der Beauftragung entfällt.

Nur so ist die Wirksamkeit der Teilkündigung bezüglich der Tätigkeit und der Sondervergütung aufgrund deren Unabhängigkeit von den übrigen Rechten und Pflichten des Arbeitsverhältnisses gewährleistet.

Hiltrud Kohnen
Rechtsanwältin

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