Unternehmer nicht in der Handwerksrolle eingetragen – Vertrag ist wegen Schwarzarbeit nichtig!

So hat es das OLG Frankfurt mit Urteil vom 24.05.2017 - 4 U 269/15, IBRRS 2018, 1177 entschieden.

Da wird sich manch einer überrascht fragen, was denn die Eintragung in die Handwerksrolle mit Schwarzarbeit zu tun hat. Bei Schwarzarbeit denkt man zu allererst an die berühmte Frage: „Brauchen Sie eine Rechnung?“ So hat sich bisher auch der BGH ausschließlich mit der Thematik befasst, ob Schwarzarbeit in der Form der Steuerhinterziehung zur Nichtigkeit des Vertrages führt und schließlich festgestellt, dass ein solcher Vertrag nichtig ist. Der Unternehmer hat keinen Anspruch auf Vergütung oder Wertersatz für seine Leistung, der Auftraggeber hat keine Mängelansprüche und kann gezahlten Werklohn nicht zurückverlangen (grundlegend BGH Urteil v. 10.04.2014 - ZR 241/13, IBR 2014, 327; dazu kritisch Dölle, BauR 2015, 393).

Aber das OLG Frankfurt hat jedenfalls insoweit Recht, als sich der gesetzlich definierte Begriff der Schwarzarbeit nicht auf Fälle der Steuerhinterziehung (ohne-Rechnung-Abrede) beschränkt. Es heißt vielmehr in § 1 Abs. 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG):

(2)  Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder
ausführen lässt und dabei

1. als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbständiger seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt,
2. als Steuerpflichtiger seine sich aufgrund der Dienst- über Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
3. als Empfänger von Sozialleistungen seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erfüllt,
4. als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbständigen Betriebes eines Gewerbes (§ 14 der Gewerbeordnung) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (§ 55 der Gewerbeordnung) nicht erworben hat,
5. als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung).

Die Schwarzarbeit, an die jeder denkt, ist also der Unterfall § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Dem OLG Frankfurt lag die Variante gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwarzArbG vor. In dem entschiedenen Fall hatte der Unternehmer, Maler-, Tapezier-, Trockenbau-, Fliesenleger-, Fußboden- und Rohbauarbeiten übernommen, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein. Da auch dies einen Fall der Schwarzarbeit darstellt, scheiterte der Unternehmer mit seiner Werklohnklage, ebenso wie der Auftraggeber mit seiner Widerklage wegen Gegenansprüchen. Das Gericht entschied, wie der BGH zum Fall der Steuerhinterziehung (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG), dass es Ziel des im Jahre 2004 reformierten Gesetzes sei, Schwarzarbeit im Sinne der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 schlechthin zu verbieten und vor allem jeglicher Leistungsaustausch zwischen den „Vertragspartnern“ im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung und zur Verhinderung oder zumindest zur Einschränkung von Wettbewerbsverzerrungen zu unterbinden (BGH, Urteil vom 16.03.2017-  AZ: VII ZR 197/16, NJW 2017, 1808). Das OLG Frankfurt sah keine Veranlassung, den Fall der fehlenden Eintragung in die Handwerksrolle anders zu behandeln, als den der Steuerhinterziehung. Beide Verstöße würden nach § 1 Abs. 2 SchwarzArbG im Hinblick auf den Gesetzeszweck (Schwarzarbeit zu verhindern, § 1 Abs. 1 SchwarzArbG) gleichwertig behandelt.

Ob die Auffassung des OLG Frankfurt auch die Zustimmung des BGH finden würde, ist allerdings offen. Das gilt insbesondere für die Frage, ob die Nichtigkeit des Vertrages auch dann gegeben ist, wenn der Verstoß nur einseitig (hier auf Seiten des Unternehmers) vorliegt und der Auftraggeber bei Vertragsschluss keine Kenntnis davon hatte, das beispielsweise die Eintragung in die Handwerksrolle fehlt.

Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 01.03.2016 - 23 U 110/15, IBR 2016, 265) jedenfalls hat die Auffassung vertreten, dass bei Verstößen gegen § 1 Abs. 2 Nr. 4 und 5 der Werkvertrag, unabhängig von der Kenntnis des Auftraggebers, nicht zur Nichtigkeit des Werkvertrages führt, weil es sich lediglich um Ordnungsvorschriften handele, deren Missachtung durch öffentlich-rechtliche Sanktionen hinreichend geahndet werden könne (Sack/Seibl in Staudinger, BGB 2011, § 134 Rn. 275; siehe auch Werner, in: Werner/Pastor 16. Aufl., Rdn. 1302; Pastor, in: Werner/Pastor 16.Aufl. Rdn. 1959). Im Übrigen komme Nichtigkeit nur in Betracht, wenn der Bauherr weiß, dass Umsatzsteuer nicht abgeführt werden soll und den Verstoß für seine Zwecke ausnutzen wolle (OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Zum Teil wird vertreten, dass ein einseitiger Verstoß des Auftragnehmers gegen das Gesetz nicht zur Nichtigkeit führe (Kniffka in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts 2014, 5. Teil Rn. 19 unter Verweis auf die ältere BGH-Rechtsprechung).

Die Thematik ist also noch nicht abschließend geklärt. Die Entscheidung des OLG Frankfurt gibt aber nachdrücklich Anlass, beiden Vertragsparteien die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu empfehlen. Die drohende Nichtigkeit des Vertrages mit der Konsequenz, dass wechselseitig keinerlei Ansprüche bestehen, kann dramatische Folgen haben.

Ulrich Dölle
Rechtsanwalt
17. April 2018

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Wann ist eine Unterschrift unter einer Honorarvereinbarung unwirksam?

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 2016, AZ: 17 U 81/16 (Beschluss BGH vom 19. Juli 2017, AZ: VII ZR 13/17) mit der Frage auseinandergesetzt, welche Anforderungen an eine Unterschrift im Zusammenhang mit der Unterzeichnung eines Architektenvertrages zu stellen sind. Eine handschriftliche Eintragung als Oberschrift oder eine Unterschrift am Rande reicht nicht aus. Die Unterschrift muss vielmehr den Urkundentext räumlich abschließen.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
3. April 2018

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