Podcast „Anwalt & Architekt“, Episode 2 | Sonderfolge: Schnelles Bauen trotz Vergaberecht? Lessons Learned aus Genua

In der zweiten Episode unseres Podcasts Anwalt & Architekt diskutieren Dr. Norbert Reuber (HECKER WERNER HIMMELREICH), David Poschen (HECKER WERNER HIMMELREICH), Juan Carlos Klug (Ankura) und Max Hoederath (Ankura) über die Frage, ob das Vergaberecht die zügige Durchführung von Bauprojekten verhindert. Nachdem in Genua im Jahr 2018 die Morandi-Brücke eingestürzt war, konnte die dortige Autobahnverwaltung in weniger als zwei Jahren eine neue Autobahnbrücke errichten und eröffnen. Ist das ein Beispiel für öffentliche Bauprojekte auch in Deutschland? Besprochen wird, welche Möglichkeiten der Beschleunigung das Vergaberecht bietet.
 
Link zum Podcast: Anwalt & Architekt | Podcast Serie | Episode 2, Max Hoederath, Juan Carlos Klug (ankura.com)

Ansprechpartner:
Dr. Norbert Reuber
David Poschen

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Podcast „Anwalt & Architekt“, Episode 1: Hilfe die Baustelle steht: Wie kann man der Supply-Chain-Krise jetzt noch entkommen?

In unserem Podcast Anwalt & Architekt diskutieren Dr. Norbert Reuber (HECKER WERNER HIMMELREICH), David Poschen (HECKER WERNER HIMMELREICH), Juan Carlos Klug (Ankura) und Max Hoederath (Ankura) über aktuelle Themen und Herausforderungen für Bauvorhaben. Hierzu beleuchten wir jeweils juristische Perspektiven und Standpunkte aus der Projektleitung und klären, inwieweit sich die Sichtweisen vereinen lassen.

Das Thema dieser Podcast-Staffel ist „Rette Rette Lieferkette: Weiterbauen trotz Lieferschwierigkeiten“ und in dieser Episode besprechen wir, was getan werden kann, wenn die laufende Baustelle durch Lieferkettenprobleme ins Stocken kommt.
In der Episode besprochene Themen:

•    Verlängerung der Ausführungsfristen vor dem Hintergrund der Zumutbarkeit
•    Flexible Anpassung der Bauabläufe
•    Anforderungen an eine belastbare Terminplanung
•    Flexibles Ermöglichen von Planungs- und Ausführungsänderungen
•    Übernahme von Mehrkosten bei Pauschal- und Einheitspreisverträgen
•    Der Weg zum „Best-for-Project-Denken“

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Ansprechpartner:
Dr. Norbert Reuber
David Poschen

1. April 2022

 

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Änderung der Kommunalen Vergabegrundsätze NRW

Durch einen Runderlass vom 13.12.2021 hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen die Vergabegrundsätze für Gemeinden nach § 26 der Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen (Kommunale Vergabegrundsätze) geändert. Eigentlich traten die Kommunalen Vergabegrundsätze am 31.12.2021 außer Kraft, wurden jedoch nunmehr um ein Jahr verlängert und teilweise abgeändert. So wurden die Auftragswerte teilweise angehoben, bis zu denen eine Direktvergabe, eine freihändige Vergabe oder eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb möglich ist.

Seit dem 14.12.2021 können Bauleistungen sowie Liefer- und Dienstleistungen bis zu einem Auftragswert von EUR (netto) 25.000 ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens direkt vergeben werden. Bisher war dies nur bis zu einem Auftragswert von EUR (netto) 15.000 möglich. Eine freihändige Vergabe nach § 3 Nr. 3 VOB/A kann bei Bauleistungen bis zu einem Gesamtauftragswert von EUR (netto) 200.000 oder für jedes Gewerk bis zu einem Einzelauftragswert von EUR (netto) 100.000 durchgeführt werden. Eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Nr. 2 VOB/A ist bei Bauleistungen sogar bis zu einem Gesamtauftragswert von EUR (netto) 2.000.000 möglich. Bei Einzelauftragswerten kann dieses Verfahren bis zu einem Wert von EUR (netto) 1.000.000 gewählt werden.

Diese angepassten und erhöhten Grenzwerte bieten den Gemeinden in NRW somit mehr Spielraum, insbesondere kleinere Bauleistungen ohne Durchführung eines komplexen und zeitaufwendigen Vergabeverfahrens zu vergeben. Die Auftragsgrenzwerte werden dabei teilweise fast verdoppelt. Dies sollte den öffentlichen Auftraggeber entgegenkommen und eine zügigere Abwicklung unterhalb der neuen Grenzwerte ermöglichen. Unter dem nachfolgenden Link finden Sie den genauen Wortlaut des Runderlasses:

MBl. NRW. Ausgabe 2021 Nr. 38 vom 30.12.2021 Seite 1095 bis 1120 | RECHT.NRW.DE

Sollten Sie Fragen zu den neuen Grenzwerten und der Anwendbarkeit der Kommunalen Vergabegrundsätze NRW haben, melden Sie sich gerne bei uns.

Alexander Thesling                                             
Rechtsanwalt

Dr. Norbert Reuber                                           
Rechtsanwalt                                                          
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

5. Januar 2022

 

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Falsche Eignungsprüfung: Vertrauensschutz des Bieters?

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 19.03.2021, Verg 9/21, welche Gegenstand dieser Besprechung ist, hat bereits zu einiger Irritation geführt (Vergabeblog.de vom 06/09/2021, Nr. 47800).  Denn es überrascht durchaus, dass das Gericht den Vertrauensschutz des vermeintlich ungeeigneten Bieters höher gewichtet als das Vertrauen der übrigen Bieter in die Grundsätze der Vergabe. Dabei lässt das Gericht nur einen kleinen Ausweg im Falle eines Missbrauchs offen, welcher in dieser Entscheidung vom 19.03.2021 keine Rolle spielte. Insbesondere die Konsequenz aus dieser Entscheidung, den Rechtsschutz der übrigen Bieter gänzlich auszuschließen, sorgt dabei für Verwunderung.

I.    Sachverhalt

Der Auftraggeber schrieb die Vergabe der Programmierung von Systemsoftware in einem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit aus. Nach Eingang der Teilnahmeanträge stellte der Auftraggeber die Eignung sowohl der Antragstellerin als auch der Beigeladenen in dem Nachprüfungsverfahren fest. Nach Unterrichtung der Antragstellerin durch ein Vorabinformationsschreiben des Auftraggebers, in dem der Auftraggeber mitteilte, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene. Die Antragstellerin war der Ansicht, dass die Beigeladene die Eignungskriterien nicht erfüllen könne, da entsprechende Referenzen nicht vorliegen könnten. Nachdem der Auftraggeber der Rüge nicht abhalf, stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Nachprüfung bei der Vergabekammer Rheinland. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag zurück. Daraufhin legte die Antragstellerin sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer beim OLG Düsseldorf ein.

II.    Entscheidung und rechtliche Erwägungen

Das OLG lehnte den Antrag der Antragstellerin ebenfalls ab. Die Gründe, welche das Gericht hierfür aufführte, überraschen dabei jedoch.

Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Die Antragstellerin sei nicht in ihrem Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Ein Wertungsausschluss des Angebots der Beigeladenen wegen einer ungenügenden Referenz käme nicht mehr in Betracht, da die Eignung im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs bereits festgestellt wurde. Durch die positive Feststellung der Eignung habe der Auftraggeber einen Vertrauenstatbestand nach Treu und Glauben geschaffen, der einen nachträglichen Ausschluss des Angebots unmöglich mache. Die Mitbieter in einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb haben danach einen Vergaberechtsverstoß ab Begründung des Vertrauenstatbestands zu dulden. Vorliegend prüfte das Gericht die Referenz nicht. Etwas anderes könnte lediglich dann gelten, wenn die fehlerhafte Bejahung der Eignung auf sachfremden, manipulativen Erwägungen beruhe. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall.

III.    Kritik

Die Begründung des OLG Düsseldorf in der vorliegenden Entscheidung überzeugt nicht. Insbesondere verkennt sie den Grundsatz der Gleichbehandlung im Vergabeverfahren nach § 97 Abs. 2 GWB. Ebenso ist das Ergebnis nicht mit § 122 Abs. 1 GWB und dem darin enthaltenen Grundsatz der Eignung vereinbar. Auch der Verweis auf die vom Gericht zitierte vorausgehende Rechtsprechung ist für die getroffene Entscheidung nicht überzeugend.

Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung ergibt sich, dass alle Bewerber und Bieter gleichbehandelt werden müssen. Diejenigen Bieter, die die Eignungskriterien erfüllen, haben auch ein begründetes Vertrauen darin, dass ungeeignete Bieter nicht den Zuschlag erhalten. Damit einher geht die Regelung aus § 122 GWB, nach der Aufträge nur an geeignete Unternehmen vergeben werden. Diese Regelung lässt insofern eigentlich keinen Auslegungsspielraum zu, dass auch ein ungeeignetes Unternehmen einen öffentlichen Auftrag erhalten kann.

Zwar ist nachvollziehbar, dass das Gericht der Beigeladenen grundsätzlich zuspricht, Vertrauen in die ausgesprochene Eignungsentscheidung zu haben. Die Argumentation, weshalb das Angebot dann im Nachgang jedoch nicht ausgeschlossen werden darf, überzeugt hingegen nicht. Vielmehr schützt ein möglicher Vertrauenstatbestand lediglich das Vertrauen des Bieters in seine Eignung, nicht jedoch in die Auftragserteilung. Ein Vertrauensschaden kann sich dabei nur auf die Aufwendungen für die Angebotserstellung beziehen, aber der Vertrauenstatbestand darf nicht zu einer Zuschlagserteilung an einen ungeeigneten Bieter führen. Die Beigeladene durfte dementsprechend nicht darauf vertrauen, den Zuschlag zu erhalten. Ein solcher Vertrauenstatbestand würde zu weit gehen. Es muss dem Auftraggeber gestattet sein, einen zu Unrecht für geeignet erklärten Bieter auch noch zu einem späteren Zeitpunkt des Vergabeverfahrens aufgrund der mangelnden Eignung auszuschließen. Hinsichtlich der Duldung des Vergaberechtsverstoßes verweist das Gericht auf einen Senatsbeschluss vom 3. April 2019, VII-Verg 49/18 (OLG Düsseldorf). Dieser Entscheidung lag jedoch eine andere Konstellation zu Grunde, da die fehlende Referenz dort nachgereicht wurde. Insofern überzeugt auch dieser Verweis nicht.

Sofern man der Argumentation des OLG Düsseldorf folgt, besteht für einen tatsächlich geeigneten Bieter keinerlei Möglichkeit, seine Rechte aus § 97 GWB gegenüber dem ungeeigneten – aber fälschlicherweise durch den Auftraggeber als geeignet bestätigten – Bieter zu verteidigen. Denn zum Zeitpunkt der Eignungsfeststellung hat ein Bieter keine Informationen über den restlichen Bieterkreis und deren Eignung. Daher kann er auch keine Einschätzung zur fehlerhaften Eignung eines Konkurrenten vornehmen. Die Feststellung der Eignung durch den Auftraggeber stellt jedoch - nach dem OLG Düsseldorf - einen Vertrauenstatbestand dar. Zu einem späteren Zeitpunkt würde dieser Vertrauenstatbestand den eigentlich ungeeigneten Bieter dann hingegen schützen. Ob dies mit dieser Konsequenz vom OLG Düsseldorf gewollt ist, darf bezweifelt werden.

IV.    Zusammenfassung

Es bleibt abzuwarten, ob es sich bei der Entscheidung des OLG um eine Einzelfallentscheidung handelt oder ob die Entscheidung auch für zukünftige Verfahren Gültigkeit hat. In Anbetracht der zuvor geäußerten und dargelegten Kritik, wäre es wünschenswert, wenn das OLG Düsseldorf zukünftig nicht an der Entscheidung festhalten würde. Denn die Rechte der übrigen Bieter müssen ebenfalls gewahrt werden. Sie genießen insofern auch einen Vertrauensschutz im Hinblick auf ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren. Daher bleibt zu hoffen, dass es sich lediglich um eine Einzelfallentscheidung handelt.

Alexander Thesling
Rechtsanwalt

David Poschen
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Vergaberecht

6. Oktober 2021

 

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Die neue HOAI tritt am 01.01.2021 in Kraft

Mit Verkündung des Urteils des EuGH am 04.07.2020 (C-377/17) bestand für die Bundesrepublik Deutschland die Pflicht, der Entscheidung nachzukommen und die nationale Rechtsordnung an die Vorgaben des Urteils anzupassen. Die Ermächtigungsgrundlage der HOAI ist im Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG) enthalten. Da dieses bislang vorgab, in der HOAI Mindest- und Höchsthonorarsätze festzulegen, war infolge des EuGH-Urteils zunächst das ArchLG anzupassen. Das hierzu dienende Gesetz zur Änderung des ArchLG hat das Bundeskabinett am 15.07.2020 beschlossen. Der Bundestag hat das Gesetz am 08.10.2020 verabschiedet, der Bundesrat hat es am 06.11.2020 abschließend behandelt. Ferner hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 06.11.2020 dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf der Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) (Referentenentwurf HOAI) ohne Änderungen zugestimmt. Die neue HOAI tritt mithin am 01.01.2021 in Kraft.

Mit der Neufassung ist der Anwendungsbereich des ArchLG künftig genauer umschrieben als in der bisherigen Gesetzesfassung. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Maßstäbe als auch die Grundsätze für die Honorarberechnung. Die Festlegung dieser Grundsätze soll in der HOAI weiter möglich bleiben. Grundlegend neu ist dagegen, dass die Vertragsparteien das Honorar für die von der HOAI erfassten Leistungen künftig stets frei vereinbaren können. Für die Leistungen, für die bisher die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze galten, soll die HOAI künftig Honorartafeln vorsehen, die zur unverbindlichen Orientierung Honorarspannen für diese Leistungen aufzeigen. Außerdem soll die HOAI für die Fälle, in denen keine wirksame Honorarvereinbarung zwischen den Vertragsparteien getroffen wurde, eine Regelung zur vermuteten Honorarhöhe enthalten. In diesem Zusammenhang stehen auch weitere Änderungen, wie die Anpassung des § 650q Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und Änderungen in den §§ 73 ff. der Vergabeverordnung (VgV).

Im Vergleich zur bisher geltenden HOAI 2013 gelten mit die Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ab dem 01.01.2021 insbesondere folgende Neuregelungen:

- Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen sind künftig frei verhandelbar.
- Das verbindliche Preisrecht bestehend aus Mindest- und Höchstsatz für Grundleistungen entfällt. Die bisherigen Honorartafeln werden grundsätzlich beibehalten; die dort enthaltenen Werte sind jedoch künftig unverbindlich und dienen den Vertragsparteien lediglich zur Honorarorientierung.
- Die zukünftig (unverbindliche) Untergrenze wird nicht mehr als Mindestsatz, sondern als „Basishonorarsatz“ bezeichnet.
- Für wirksame Honorarvereinbarungen soll die Textform (§ 126b BGB, d.h. auch E-Mails) genügen. Damit entfällt das bisher vielfach in der HOAI vorgesehene Schriftformerfordernis, wie auch die in der Praxis vielfach missachtete Anforderung „bei Auftragserteilung“. Beides führte bisher bei Nichtbeachtung zur Geltung des Mindestsatzes.
- Bei einer fehlenden Honorarvereinbarung bzw. einer aufgrund eines Formverstoßes unwirksamen Honorarvereinbarung gilt der Basishonorarsatz als vereinbart. Dies umfasst auch die Grundleistungen der Beratungsleistungen gemäß der Anlage 1 zur HOAI, die nunmehr den Titel „Weitere Fachplanungen und Beratungsleistungen trägt (Anlag1 HOAI 2021)
- Bei Verbraucherverträgen sind die Verbraucher spätestens bei der Angebotsabgabe in Textform auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass auch außerhalb der HOAI ein niedrigeres oder höheres Honorar vereinbart werden kann.
- Der Anwendungsbereich auf rein inländische Sachverhalte entfällt.

Prof. Frank Siegburg
Rechtsanwalt
27. November 2020

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Rechtsdienstleistung als Nebentätigkeit des Architekten?

OLG Koblenz, Urteil vom 04.12.2019, 9 U 1067/19 (nicht rechtskräftig)

OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 07.05.2020, 3 U 2182/19

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HOAI-Entwurf liegt vor

Das BMWi hat auf Grundlage der vom Bundeskabinett verabschiedeten Ermächtigungsgrundlage des ArchLG einen Referentenentwurf für eine geänderte HOAI vorgelegt. Ziel ist es, die HOAI an das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 04.07.2019 anzupassen. Grundsätzlich bleiben die Honorarparameter der HOAI erhalten. Die Honorartafeln der HOAI sollen den Vertragsparteien zukünftig jedoch lediglich zur Honorarorientierung dienen. Für den Fall, dass die Parteien keine Honorarvereinbarung in Textform schließen, soll der Basishonorarsatz (unterer Honorarsatz) als vereinbart gelten. Auch wenn die Verbände in ihren Stellungnahmen den Erhalt der HOAI als Grundlage für die Honorarvereinbarung begrüßen, wird jedoch weiter Verbesserungsbedarf aufgezeigt. Der DAV spricht sich in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMWi für klare Begrifflichkeiten und eine Harmonisierung mit den Regelungen des Verbraucherschutzes des BGB aus. Wie bereits auf der Frühjahrstagung der ARGE-Baurecht in Leipzig diskutiert, regt der DAV darüber hinaus erneut die dringend erforderliche Überarbeitung der Leistungsbilder an.

Die Änderungsverordnung zur HOAI soll noch im Jahr 2020 verabschiedet werden und Anfang 2021 in Kraft treten.

Änderungsverordnung-HOAI


Prof. Frank Siegburg
Rechtsanwalt
26. August 2020

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Vorsicht Falle: Doch Mehrwertsteuer auf Vergütung für nicht mehr erbrachte Leistungen nach Kündigung? - FG Niedersachsen, Urt. v. 28.02.2019 – 5 K 214/18 (nicht rechtskräftig)

Wird der Werkvertrag nach teilweiser Erbringung der Werkleistung gekündigt, unterliegt dann auch der Anspruch aus § 649 S. 2 BGB a.F. bzw. § 648 S. 2 BGB n.F. der Umsatzsteuer?

Bislang entsprach es ständiger Rechtsprechung, dass die nach freier Kündigung eines Bauvertrages gemäß § 649 S. 2 BGB a.F. bzw. § 648 S.2 BGB n.F. zu zahlende Vergütung nur insoweit umsatzsteuerbares Entgelt darstellt, als sie auf schon erbrachte Leistungsteile entfällt (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2007, VII ZR 83/05).

Im Gegensatz dazu führt das Finanzgericht Niedersachsen in seiner bisher in Baurechtlerkreisen wenig beachteten Entscheidung vom 28.02.2019 nun aus, dass die gesamte Zahlung, d.h. auch die für nicht erbrachte Leistungen, des Auftraggebers an den hier klagenden Auftragnehmer der Umsatzsteuer unterworfen ist, da die gesamte Zahlung auf einem umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG beruhe.

Dies folge daraus, dass der zwischen dem Kläger (selbständiger Landschaftsarchitekt) als Auftragnehmer und dem Auftraggeber geschlossene Architektenvertrag hinsichtlich des für die Architektenleistungen zu erbringenden Honorars ausdrücklichen Bezug auf die Regelung des § 649 S. 2 BGB a.F. nehme. Danach ist der Auftragnehmer im Falle der Kündigung durch den Auftraggeber berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Der Kläger hatte auf dieser Grundlage eine Schlussrechnung gestellt und dabei zwischen der Vergütung für erbrachte Leistungen und der für nicht erbrachte Leistungen differenziert. Im Anschluss verhandelten die Parteien über die Höhe der Vergütung und verständigten sich auf einen Betrag der Vergütung für erbrachte Leistungen zuzüglich Umsatzsteuer und für nicht erbrachte Leistungen auf einen Betrag ohne Umsatzsteuer. Durch die Einigung zwischen den Vertragsparteien, dass für die tatsächlich bereits erbrachten Planungsleistungen ein Honorar i.H.v. 22.747,66 EUR anfalle sowie ein „Ausfallhonorar i.H.v. 52.252,34 EUR (ohne Umsatzsteuer)“, haben sich die Vertragsparteien nach Ansicht des FG Niedersachsen nicht auf die Zahlung eines Schadensersatzanspruches anstelle des vertraglich geschuldeten Honorars geeinigt, sondern das dem Kläger bereits nach dem ursprünglichen Vertrag für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Auftrages zustehende Honorar zahlenmäßig konkretisiert. Insoweit habe der Kläger insgesamt ein Entgelt als Gegenleistung für die von ihm erbrachte Architektenleistung erhalten, weshalb ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vorliege.

Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH ausdrücklich unter Hinweis auf eine mögliche Abweichung von der bisherigen BGH-Rechtsprechung zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. V R 13/19 anhängig.

Sollte der BFH die Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen bestätigen, so drohen Ansprüche auf Umsatzsteuer mit der die Forderungen aus § 649 BGB a.F. bzw. § 648 BGB n.F. zu beaufschlagen waren, zu verjähren. In der Regel dürfte erst eine Betriebsprüfung beim Unternehmer dieses Problem aufdecken, die möglicherweise erst Jahre nach Schlussrechnungsstellung durchgeführt wird. Zu diesem Zeitpunkt wird vielfach die Verjährungsfrist abgelaufen sein. Diese beginnt einheitlich mit der Stellung der Schlussrechnung auch für solche Teilansprüche, die „vergessen“ worden sind, am Jahresende nach Eintritt der Fälligkeit zu laufen.  

Vor dem Hintergrund, dass ungewiss ist, wann der BFH in der Sache entscheiden wird, sollte der Unternehmer vom Besteller mit Schlussrechnungsstellung eine entsprechende Verjährungsverzichtserklärung im Hinblick auf die (noch) nicht berechnete Umsatzsteuer fordern. Erhält er diese Erklärung vom Besteller nicht, bliebe ihm zum Zwecke der Verjährungshemmung nur noch die Möglichkeit der Erhebung einer Feststellungsklage. Dies gilt ebenfalls für bereits laufende gerichtliche Verfahren.

Victoria Reichardt
Rechtsanwältin
30. Juli 2020
 

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Neues Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser vom 12. Juni 2020

Um die Bildung von Wohneigentum zu fördern sah der Gesetzgeber Regelungsbedarf hinsichtlich der Maklerkosten, die vielfach bei dem Erwerb als Nebenkosten anfallen und regelmäßig aus Eigenkapital zu finanzieren sind. Je nach Region und Marktlage verbreitete sich die Übung, dass die gesamten Maklerkosten von bis zu 7,14% auf den Käufer abgewälzt wurden. Das geschah entweder dadurch, dass der Makler von vornherein für den Verkäufer (mehr oder weniger) kostenfrei tätig wurde und seine Provision dann alleine und in entsprechender Höhe vom Käufer verlangte oder dadurch, dass sich der Käufer im Kaufvertrag zusätzlich zu der von ihm dem Makler geschuldeten Provision zur Übernahme der vom Verkäufer an den Makler zu entrichtenden Courtage verpflichten musste. Dem entgegenzuwirken dienen die neuen Vorschriften. Der Gesetzgeber hat im Übrigen die Gelegenheit genutzt das hier sprachlich veraltete BGB zu reformieren und den Begriff „Mäkler“ bzw. „Mäklervertrag“ durch das Wort Makler bzw. Maklervertrag ersetzt.

Die wesentlichen neuen Regelungen lauten wie folgt:

Untertitel 4

Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser

§ 656a Textform

Ein Maklervertrag, der den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus oder die Vermittlung eines solchen Vertrags zum Gegenstand hat, bedarf der Textform.

§ 656b Persönlicher Anwendungsbereich der §§ 656c und 656d

Die §§ 656c und 656d gelten nur, wenn der Käufer ein Verbraucher ist.

§ 656c Lohnanspruch bei Tätigkeit für beide Parteien

(1) Lässt sich der Makler von beiden Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen Maklerlohn versprechen, so kann dies nur in der Weise erfolgen, dass sich die Parteien in gleicher Höhe verpflichten. Vereinbart der Makler mit einer Partei des Kaufvertrags, dass er für diese unentgeltlich tätig wird, kann er sich auch von der anderen Partei keinen Maklerlohn versprechen lassen. Ein Erlass wirkt auch zugunsten des jeweils anderen Vertragspartners des Maklers. Von Satz 3 kann durch Vertrag nicht abgewichen werden.

(2) Ein Maklervertrag, der von Absatz 1 Satz 1 und 2 abweicht, ist unwirksam. § 654 bleibt unberührt.

§ 656d Vereinbarungen über die Maklerkosten

(1) Hat nur eine Partei des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen Maklervertrag abgeschlossen, ist eine Vereinbarung, die die andere Partei zur Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn verpflichtet, nur wirksam, wenn die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet bleibt. Der Anspruch gegen die andere Partei wird erst fällig, wenn die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Maklerlohns nachgekommen ist und sie oder der Makler einen Nachweis hierüber erbringt.

(2) § 656c Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 23. Dezember 2020 in Kraft.

Kommentar

Bis zum Weihnachtsfest sollten sich also alle beteiligten Kreise auf die neuen Regelungen eingestellt haben.

Zu begrüßen ist sicherlich die Regelung des § 656a BGB, die für die hier in Rede stehenden Verträge Textform vorschreibt. Erfasst sind dabei nicht nur Kaufverträge über das Grundstückseigentum bzw. Wohnungseigentum nach WEG, sondern auch ähnliche Geschäfte, wie der Erwerb von Erbbaurechten etc.

Die Textform ist in § 126b BGB definiert. Es muss sich um eine lesbare Erklärung handeln, die die Person des Erklärenden nennt und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Dazu zählen natürlich in erster Linie E-Mails.

Zweck der Formvorschrift ist es nach der Gesetzesbegründung sowohl für den Kaufinteressenten, als auch für den Verkäufer den Inhalt des Maklervertrages zu dokumentieren, um Streit über den Inhalt zu vermeiden. Mindestens so wichtig, wie für Käufer oder Verkäufer, ist eine solche Dokumentation aber für den Makler, mit dem ja der Maklervertrag zu schließen ist. Wird die Textform nicht eingehalten, so ist der Maklervertrag gemäß § 125 BGB nichtig. Gerade also der Makler muss ein Interesse an der Einhaltung der Form haben.

In persönlicher Hinsicht gilt das Gesetz, wenn der Käufer Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist. Der Käufer muss also eine natürliche Person sein und das Rechtsgeschäft weder ihrer gewerblichen noch selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzuordnen sein. Anders als noch im Gesetzentwurf vorgesehen kommt es auf die Frage, ob der Makler Unternehmer ist nicht an.

Ist der Käufer Verbraucher, so regelt das Gesetz zwei verschiedene Fallgestaltungen, nämlich zunächst den Fall, dass der Makler sich von Käufer und Verkäufer Maklerlohn versprechen lässt (§ 656c BGB) und sodann den Fall, dass nur eine Kaufvertragspartei (gleich welche) mit dem Makler einen Maklervertrag geschlossen hat (§ 656d BGB).

Im ersteren Fall schreibt das Gesetz zwingend vor, dass der Makler mit beiden Parteien nur eine gleichhohe Courtage vereinbaren kann. Bei unentgeltlicher Tätigkeit für den einen bedeutet dies auch Unentgeltlichkeit für den anderen Vertragspartner des Kaufvertrages. Entsprechendes gilt für den Erlass.

Im zweiten Fall (nur eine Partei hat mit dem Makler einen Vertrag geschlossen) ist die Abwälzung der Maklerkosten auf die andere Partei auf die Hälfte der anfallenden Kosten begrenzt. Dabei hat der Auftraggeber des Maklers auch zunächst die gesamten Maklerkosten zu tragen und kann erst nach Zahlung Erstattung von der anderen Vertragspartei verlangen.

Konsequenz

Es bleibt abzuwarten, wie der Markt auf die gesetzlichen Neuregelungen reagiert. Dass die Makler auf Honorar verzichten, ist jedenfalls nicht zu erwarten, ist doch der Markt ohnehin leergefegt und somit das Geschäft mit Wohnungen oder Einfamilienhäusern mancherorts fast zum Erliegen gekommen. Dass sich der Makler ohne Not in die missliche Lage bringt, sich mit dem Verkäufer auf  eine Courtage in Höhe von ½ der Gesamtkosten zu verständigen und dann zwingend mit dem Käufer in gleicher Höhe eine Vereinbarung erzielen muss, ist ebenfalls nicht naheliegend. Wenn der Markt es hergibt, dann erscheint es viel wahrscheinlicher, dass der Makler mit dem Verkäufer den Lohn in voller Höhe von 7,14% vereinbart und der Verkäufer das einpreist. Auf dem Markt erscheint das Objekt dann sogar „maklerkostenfrei“. Auf diese Weise trägt dann wieder der Käufer wirtschaftlich die gesamte Kostenlast, ohne, dass das Gesetz dies zu verhindern mag. Damit nicht genug, würden dann auch noch die übrigen kaufpreisabhängigen Nebenkosten wie Notar- und Grundbuchkosten, vor allem aber auch die Grunderwerbsteuer steigen, mit deren Anhebung der Staat in den letzten Jahren massiv zur Steigerung der Nebenkosten beigetragen hat. Der Käufer wäre noch höher belastet als vor der Gesetzesreform. Aber in der Statistik wird man in diesem Fall vielleicht ja zur Freude der Politik eine Senkung der Erwerbsnebenkosten feststellen, denn die Maklerkosten fallen als kalkulatorischer Bestandteil des Kaufpreises nicht mehr als Nebenkosten an und aus der Statistik heraus.

 

Ulrich Dölle
Rechtsanwalt
28. Juli 2020

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