Umsatzsteuerpflicht bei Entschädigung bzw. Schadensersatz?

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 24.01.2008, AZ: VII ZR 280/05, folgendes festgehalten:

1. Der gemäß § 642 BGB zu zahlenden Entschädigung liegt eine steuerbare Leistung des Unternehmers zugrunde. Diese Entschädigung ist Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG und damit Bemessungsgrundlage für den Umsatz

2. Die gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B zu zahlende geänderte Vergütung ist Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG für die geänderte Leistung des Auftragnehmers und damit Bemessungsgrundlage für den Umsatz.

3. § 6 Nr. 6 VOB/B gewährt dem Auftragnehmer einen Schadensersatzanspruch, dem keine steuerbare Leistung zugrunde liegt, so dass hierfür eine Umsatzsteuerpflicht ausscheidet.

Dem Verfahren liegen Ansprüche des Auftragnehmers wegen Bauzeitverlängerung zugrunde. Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob Ansprüche der Klägerin (Auftragnehmerin) aus § 2 Nr. 5 VOB/B, aus § 6 Nr. 6 VOB/B oder aus § 642 BGB folgen. Auch Ersatzansprüche aus § 6 Nr. 6 VOB/B unterlägen als vergütungsähnliche Ansprüche der Umsatzsteuer.

Dem folgt der Bundesgerichtshof nicht. In seiner Entscheidung setzt sich der Bundesgerichtshof ausführlich mit der Rechtsnatur der Anspruchsgrundlagen auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass Entschädigungen gemäß § 642 BGB der Umsatzsteuer unterliegen, während dies bei Schadensersatzansprüchen nach § 6 Nr. 6 VOB/B gerade nicht der Fall ist.

Hinweis: Nach dieser Entscheidung ist somit darauf zu achten, dass bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus § 6 Nr. 6 VOB/B keine Umsatzsteuer mitberechnet wird. Wird eine Forderung allerdings auch auf § 2 Nr. 5 VOB/B und/oder § 642 BGB gestützt, ist vorsorglich die Umsatzsteuer mit anzusetzen.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Einbeziehung der VOB/B

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einer Entscheidung vom 06.03.2008–AZ: 12 U 45/06–über einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Einbeziehung der VOB/B in einen Bauvertrag ging. Da es sich bei der VOB/B um Allgemeine Vertragsbedingungen handelt, muss der geschäftlich unerfahrene Auftragnehmer bei Vertragsschluss Gelegenheit erhalten, den Text der VOB/B inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, wenn der Unternehmer die VOB/B in den Vertrag einbeziehen will. Es ist die Wiedergabe des gesamten Textes erforderlich.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Auftragnehmer bauerfahren ist oder ein bauerfahrener Fachmann bei Vertragsschluss mitwirkt.

In dem zu entscheidenden Fall hatte der Auftragnehmer einen Architekten hinzugezogen, der ein Angebot des Werkunternehmers einholte. Er war auch bei der Besprechung über den Inhalt des Angebotes dabei. Bei dem späteren Vertragsabschluss wirkte er jedoch nicht mit.

Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied, dass die Tätigkeit des Architekten nicht dazu ausreichte, um eine zurechenbare Kenntnis von dem Inhalt der VOB/B auf Auftraggeberseite anzunehmen.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Stifterjagd – Mittels Medien zu Millionen

Die Presseberichterstattung im Fall Zumwinkel und dessen angeblichen Beziehungen zur LGT Bank in Liechtenstein, Vaduz, sowie dortigen Stiftungen gibt Anlass für einige kritische Überlegungen.

Die von den Staatsanwaltschaften geführten Ermittlungsverfahren sind grundsätzlich Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die in den Verfahren gesammelten Erkenntnisse unterliegen dem besonderen Schutz der Verschwiegenheit. So hat der Beschuldigte selbst hat kein eigenes Akteneinsichtsrecht, seinem Verteidiger kann die Einsicht verwehrt werden, wenn die Ermittlungen durch die Einsichtnahme gefährdet werden. Insoweit soll die Heimlichkeit die Erkenntnisgewinnung und Wahrheitsfindung durch die Ermittlungsbehörden schützen.

Aber nicht nur die Wahrheitsfindung, auch die betroffenen Bürger sollen durch die Heimlichkeit eines Ermittlungsverfahrens geschützt werden. Da bei Einleitung des Ermittlungsverfahrens noch ungeklärt ist, ob sich der Bürger strafbar gemacht hat, bedarf er des Schutzes vor öffentlicher Vorverurteilung. Die Unschuldsvermutung gilt fort und der öffentliche Pranger ist weder im Sanktionenkatalog des Strafgesetzbuches noch als Mittel der Fahndung in der Strafprozessordnung vorgesehen. Die für Staatsanwälte geltenden Richtlinien verpflichten diese daher alles zu unterlassen, was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen kann.

Da das Ermittlungsverfahren sowohl zum Schutze des Betroffenen wie auch zum Schutz der Richter und Zeugen vor Beeinflussung heimlich geführt werden soll, sieht § 353d Strafgesetzbuch sogar Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr vor, wenn bestimmte amtliche Schriftstücke aus der Ermittlungsakte öffentlich mitgeteilt werden.

Auch eine steckbriefliche Fahndung in der Öffentlichkeit darf nur unter engen Voraussetzungen erfolgen. Eine solche Fahndungsmaßnahme sieht die Strafprozessordnung (§ 131) nur vor, "bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung ..., wenn andere Formen der Aufenthaltsermittlung erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert" sind. Dies ist nach dem Wortlaut der Strafprozessordnung der einzige Fall, in dem sich die Staatsanwaltschaften während eines laufenden Ermittlungsverfahrens an die Öffentlichkeit wenden dürfen.

All dies gilt umso mehr, wenn das Steuergeheimnis (§ 30 Abgabenordnung) betroffen ist. Der Bruch des Steuergeheimnisses ist mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert (§ 355 Strafgesetzbuch).

Gleichwohl war bei der Durchsuchung im Fall Zumwinkel von Anfang an die Presse mitsamt Übertragungswagen vor Ort. Man wird kaum an Zufall glauben können, wenn aus einer langen Reihe angeblicher Verdächtiger dieser äußert prominente Name als erster Fall für die Ermittlungen ausgesucht wird. Dass gerade in einem solchen Fall, dem regelmäßig eine besonders sorgfältige Bearbeitung zugute kommt, vorab Informationen an die Presse durchsickern, ist jedenfalls auffällig.

Eine derartige, faktisch mit einer öffentlichen Vorverurteilung einhergehende Vorgehensweise erscheint nicht zufällig, sondern aus den Bankenverfahren vertraut und vor allem auch nützlich. Wie bereits im Zusammenhang mit den Verfahren wegen Auslandskonten in Luxemburg und der Schweiz oder der Kundenliste eines Schweizer Treuhänders B. wird über die Medien genau das erreicht, was den Ermittlungsbehörden jedenfalls in kurzer Zeit nicht gelingt: Die Berichterstattung über spektakuläre Durchsuchungsmaßnahmen beflügelt den Eingang von Selbstanzeigen und generiert ein hohes Steueraufkommen.

Dass ein solcher Effekt für die Ermittlungsbehörden nicht unerwünscht ist, ist nachvollziehbar: Noch ist unklar, welche Qualität die Informationen haben, auf die sich die Staatsanwaltschaft stützt. Sowohl im Tatsächlichen wie im Rechtlichen ist die Qualität der Unterlagen unbekannt.

Ob eine Verwertbarkeit dieser jedenfalls im Ursprung rechtswidrigen Informationsbeschaffung besteht, bleibt abzuwarten. Eine Unverwertbarkeit ist nach innerdeutschen Regn zwar nur schwer durchsetzbar. Sollte der Staat allerdings gezielt auf rechtswidrige Weise Informationen gesammelt haben, wären diese wohl im Rahmen des Strafverfahrens und unter gewissen Umständen auch im Steuerverfahren unverwertbar. Der Ausgang der wegen dieser Form der Erkenntnisgewinnung erstatteten Strafanzeige bleibt abzuwarten.

Wer hingegen eine Selbstanzeige abgibt, liefert eigenständig Informationen und kann sich auf eine etwaige Unverwertbarkeit der gekauften BND-Unterlagen nicht berufen. Als Stifter muss man sich also entscheiden, ob man mittels Selbstanzeige den sicheren Hafen der Straffreiheit ansteuert oder auf die ungewisse Chance einer Unverwertbarkeit der Informationen vertraut.

Aber auch die tatsächliche Qualität der Unterlagen ist noch unklar. Kann mit Hilfe der überlassenen Unterlagen tatsächlich eine gerichtlich tragfähige Beweiskette geknüpft werden, mit deren Hilfe der Steuerbürger überführt werden kann? Insoweit kommt es entscheidend darauf an, wie belastbar die Kette zwischen der anonymen Stiftung und dem Klarnamen ist. Weiter wird von Bedeutung sein, ob die Unterlagen ein umfassendes Bild der Ertrags- und Bestandsentwicklung bietet oder lediglich Anhaltspunkte für Schätzungen darstellen.

Der Stifter steht auch insoweit vor dem gleichen Dilemma: Die Selbstanzeige verschafft den Behörden steuerlich tragfähige Beweismittel und ihm Straffreiheit, das Abwarten eröffnet ihm hingegen die Chance durchs Netz zu gehen; entweder weil der eigene Name nicht in den Unterlagen auftaucht oder die dort verzeichneten Tatsachen nicht zu einer Besteuerung und Bestrafung hinreichen.

Wie die Qualität der Informationen sich am Ende darstellt, hängt auch entscheidend davon ab, in welcher Form nunmehr die Betroffenen reagieren.

Die wie auch immer erfolgte Einschaltung der Medien dürfte jedenfalls einige Betroffene veranlassen, Selbstanzeige zu erstatten. Die aus den Selbstanzeigen gewonnenen Erkenntnisse werden sodann mit dem BND-Material abgeglichen. Je mehr Selbstanzeigen die Richtigkeit der Unterlagen bestätigen, desto durchschlagender wird die Beweiskraft der Unterlagen auch in den Fällen, in denen keine Selbstanzeige vorliegt. Jede Selbstanzeige erhöht damit die Beweiskraft der rechtswidrigen BND-Unterlagen.

Die öffentliche Berichterstattung ist für die Fahnder also in doppelter Weise dienlich. Zum Einen werden Selbstanzeigen provoziert und so ein vermutlich erhebliches Steueraufkommen generiert. Zum Anderen kann die Beweiskraft der angekauften Unterlagen verifiziert werden und mit umso besseren Argumenten gegen die eine Selbstanzeige verweigernden Stifter vorgegangen werden.

Ob eine Selbstanzeige abgegeben werden soll oder man sich evtl. besser einigelt und das weitere Vorgehen abwartet, ist eine Frage des Einzelfalls und auch der persönlichen Nervenstärke und Finanzdecke. Trotz einiger anderweitiger Meldungen könnten jedenfalls auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt mittels einer Selbstanzeige die steuerstrafrechtlichen Folgen abgewendet werden. Solange kein Fahnder mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür steht oder in sonstiger Weise das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren bekannt gegeben wurde, ist eine Selbstanzeige auch noch strafbefreiend möglich.

Dr. Frank Heerspink
Rechtsanwalt

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Krankheitsbedingte Kündigung – Betriebliches Eingliederungsmanagement

Eine krankheitsbedingte Kündigung ohne vorherige Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX ist nicht unwirksam, kann aber Folgen für die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers bzgl. der betrieblichen Auswirkungen der erheblichen Fehlzeiten haben. – BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06

Im Falle einer länger als sechswöchigen ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers innerhalb eines Jahres hat der Arbeitgeber gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX mit der zuständigen Interessenvertretung mit Zustimmung und Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden, mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement = BEM).

Hierbei handelt es sich – wie das BAG mit Urteil vom 12. Juli 2007 entschieden hat – um keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine personenbedingte Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen. Das Unterlassen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements alleine kann daher nicht der Wirksamkeit der personenbedingten Kündigung entgegenstehen. Dennoch bleibt das fehlende Eingliederungsmanagement in einem eventuell folgenden Kündigungsschutzprozess nicht folgenlos:
Unterlässt der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements, kann dies im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu einer Verschärfung der Darlegungs- und Beweislast führen.

Empfehlung: Vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung aufgrund krankheitsbedingter Gründe sollte in jedem Fall ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt werden. Andernfalls besteht die Gefahr in einem folgenden Kündigungsschutzverfahren alleine deswegen zu unterliegen, weil die pauschale Berufung des Arbeitgebers auf fehlende leidensgerechte Einsatzmöglichkeiten ohne BEM nicht ausreicht.

Hiltrud Kohnen
Uta Hesemann
Rechtsanwältinnen

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Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers für Kaufpreisforderungen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft?

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 07.03.2007, AZ: VIII ZR 125/06, ausgeführt, dass für eine Kaufpreisforderung gegen eine Wohnungseigentümergemeinschaft aus einem Gaslieferungsvertrag die insoweit rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haftet. Die jeweiligen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft haften demgegenüber nicht als Gesamtschuldner. Eine solche Haftung der einzelnen Gesamtschuldner kommt auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten in Betracht

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Endlich: Abschaffung des § 370a Abgabenordnung (AO)

2001 hatte der Gesetzgeber den Straftatbestand einer gewerbs- und bandenmäßigen Steuerhinterziehung eingeführt. Dieser § 370a AO war als Verbrechen mit einer hohen Mindeststrafe ausgestattet und entzog sich nicht nur der Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige (§ 371 AO) sondern auch der Möglichkeit einer Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldauflage (§ 153a Strafprozessordnung (StPO)).

Demgegenüber bot die viel kritisierte (vgl. Heerspink AO-StB 2002, 88, AO-StB 2002, 132, m. w. N.) Norm die Möglichkeit besonders intensiver Eingriffsmaßnahmen — etwa der Telefonüberwachung — wie sie sonst nur aus dem Bereich der Bekämpfung von Terrorismus oder organisierter Kriminalität bekannt waren.

§ 370a AO wurde sowohl in der Literatur als auch durch den Bundesgerichtshof kritisiert. Mehrfach hatte der für Steuerstrafsachen zuständige 5. Strafsenat darauf hingewiesen, dass der Tatbestand wohl zu unbestimmt und damit verfassungswidrig sei. Die damalige Vorsitzende Richterin des 5. Strafsenats hatte von einem "völlig konturenlosen" Tatbestand gesprochen (Harms, FS-Kohlmann, 2003, 423).

Die massive Kritik hatte den Gesetzgeber bereits in der Vergangenheit zu Korrekturen veranlasst. Da die Kritik gleichwohl nicht nachließ, hat sich der Gesetzgeber nunmehr entschlossen, die Norm aufzuheben. An ihre Stelle tritt ein neues Regelbeispiel eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO). Danach liegt ein schwerer Fall in der Regel vor, wenn der Täter "als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt". Gemeint sind Fallgestaltungen so genannter Umsatzsteuerkarusselle.

Wie bisher ist auch durch die Neufassung die Verhängung von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe möglich. Die Neufassung ist aber wesentlich flexibler in der Rechtsanwendung und ermöglicht sowohl die Einstellung gegen Geldauflage als auch eine strafbefreiende Selbstanzeige. Bei einer insgesamt klareren und nachvollziehbareren Gesetzesfassung, die sich auf die Umsatzsteuerkarusselle begrenzt, ist damit eine begrüßenswerte Neufassung des Steuerstrafrechts erfolgt.

Dr. Frank Heerspink
Rechtsanwalt

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Quotierung nach Verursachungsanteilen zwischen Gesamtschuldnern

Aus § 426 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet sind, soweit nichts anderes bestimmt ist. Im Baurecht besteht Einigkeit darüber, dass sich die interne Haftungsquote nach den jeweiligen Verursachungsbeiträgen der Gesamtschuldner richtet.

Es ist jeweils im Einzelfall unter Beachtung des Zusammenhangs zwischen Schadens- und Mangelursache bzw. den Aufgaben und Verantwortungsbereichen der jeweiligen Gesamtschuldner zu prüfen, in welchem Maße sie intern haften. Auch wenn in jedem Einzelfall die interne Haftungsverteilung geprüft und festgelegt werden muss, so gibt doch die umfangreiche Rechtsprechung zu den Haftungsquoten Anhaltspunkte für eine Einschätzung der Verursachungsbeiträge.

Die nachfolgende Auflistung unter Angabe der Fundstellen soll eine Entscheidungshilfe bieten. Sie gliedert sich wie folgt: Gesamtschuldner-Innenausgleich

  • zwischen Architekt/Sonderfachmann einerseits und Unternehmer andererseits (I.)
  • zwischen planendem Architekten und bauüberwachendem Architekten (II.)
  • zwischen Architekten einerseits und Sonderfachmann andererseits (III.)
  • zwischen Sonderfachmann, Architekt, bauausführendem Unternehmen (IV.)
  • zwischen Architekten, Unternehmer und Lieferanten (V.)

I. Gesamtschuldner-Innenausgleich zwischen Architekt/Sonderfachmann und bauausführendem Unternehmen

1. Ausgleich zwischen planendem Architekten/Sonderfachmann und bauausführender Firma

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Planungsfehler des Architekten; der Unternehmer hat den Planungsfehler erkannt und ohne Hinweis trotzdem die Planung ausgeführt.

BGH Urteil vom 11.10.1990–VII ZR 228/89–= BauR 91, 79 ff.
BGH Urteil vom 18.01.1973–VII ZR 88/70–= NRW 73, 518 ff.

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Herabstürzende Decke eines Schwimmbads als Folge grob unsachgemäßer Abbrucharbeiten des Unternehmers. Keine Hinweispflicht des planenden und beratenden Architekten auf Gefahr des Eintritts eines derartigen Schadens.

BGH Urteil vom 22.12.2005–VII ZR 71/04 -

Architekt 25 %
Unternehmer 75 %

Fehlerhafte Verlegung einer Drainage und Verletzung von Hinweispflichten durch den Unternehmer; Planungsfehler des Architekten.

OLG Karlsruhe Urteil vom 13.06.2002–9 U 153/01–= BauR 2003, 917

Architekt 33,3 %
Unternehmer 66,6 %

Fehlerhafte Planung des Entwässerungssystems; nicht ausreichende Prüfung der Planung und fehlender Hinweis durch den Unternehmer.

OLG Karlsruhe Urteil vom 19.10.2004–17 U 107/04–= OLGR 2005, 121 ff.

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Fehlender Hinweis des Unternehmers bei leicht erkennbarer fehlerhafter Planung des Architekten.

OLG Düsseldorf Urteil vom 24.11.2000–22 U 8/00–= NZBau 2001, 398 ff.

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Verursachung eines Brandes durch den Unternehmer; Planungsfehler

OLG Düsseldorf Urteil vom 28.02.1997–22 U 182/96–= NJW-RR 1997, 975 ff.

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Planungsfehler des Architekten und Kenntnis des Unternehmers von dem Planungsfehler zu einem Zeitpunkt, in dem Korrekturen noch möglich waren.

OLG Oldenburg Urteil vom 15.07.2004–8 U 121/04–= NZBau 2005, 48 ff.

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Wasserschaden verursacht durch Ausführungsfehler und kumulativ eines beträchtlichen Planungsfehlers des Architekten.

OLG Hamm Urteil vom 15.05.2007–21 U 130/06 -

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Fehlerhafte planerische Leistung als Mangelursache; unterlassener Hinweis durch den Unternehmer trotz Kenntnis von dem Planungsfehler.

OLG Düsseldorf Urteil vom 10.11.2000–22 U 78/00–= BauR 2001, 638

Architekt 50 %
Unternehmer 50 %

Fehlerhafte Planung des Architekten sowie zusätzliche Ausführungsfehler des Unternehmers

OLG Hamm Urteil vom 08.06.2000–24 U 127/99–= BauR 2001, 828 ff

Architekt 57,5 %
Unternehmer 42,5 %

Haftungsverteilung bei Mängeln an einem Flachdach. Auf Seiten des Unternehmers werden die reinen Ausführungsfehler und das Unterlassen der Meldung nach § 4 VOB/B berücksichtigt.

OLG Frankfurt Urteil vom 18.07.1995–7 U 33/84–= BauR 1987, 322 ff.

Architekt 75 %
Unternehmer 25 %

Planungsfehler und fehlende Prüfung und Bedenkenanmeldung des Unternehmers.

OLG Stuttgart Urteil vom 26.02.1992–3 U 82/91–= BauR 1992, 806 ff.

Architekt 75 %
Unternehmer 25 %

Unzulängliche Pläne des Architekten; Durchführung von Bohrungen durch den Unternehmer auf Grundlage unzureichender Pläne und Beteiligung des Architekten an der fehlerhaften Einmessung der Bohrpunkte.

OLG Koblenz Urteil vom 03.11.2005–5 U 450/05–= BauR 2006, 1160

Architekt 100 %
Unternehmer 0 %

Verschulden des Unternehmers wegen fehlenden Hinweises auf Planungsfehler tritt hinter dem Verschulden des Planers vollständig zurück.

OLG Celle Urteil vom 11.10.2001–22 U 6/01–= IBR 2004, 12

Sonderfachmann (Vermesser) 20 %
Unternehmer 80 %

Unterlassener Hinweis des Vermessungsingenieurs als Fehler der Vermessertätigkeit; schwerwiegende Nachlässigkeit bei der Arbeitsvorbereitung und Arbeitsausführung durch den Unternehmer.

OLG Hamm Urteil vom 05.02.1991–21 U 111/90–= BauR 1992, 78 ff.

2. Gesamtschuldnerausgleich zwischen bauausführendem Unternehmen und bauüberwachenden Architekten

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Alleinige Haftung des Unternehmers bei Ausführungsfehler, den der Architekt bei ordnungsgemäßer Bauaufsicht hätte erkennen können.

OLG Koblenz Urteil vom 25.06.2007–12 U 1435/05–= www.Fachanwaltsmodule.de

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Bauausführungsfehler und Bauaufsichtspflichtsverletzung

LG Tübingen Urteil vom 15.08.1989–2 O 142/87–= NRW-RR 1989, 1504 ff.

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Ausführungsfehler und Bauaufsichtspflichtsverletzung des Architekten

OLG Koblenz Urteil vom 19.03.2004–8 U 397/03–= IBR 2005, 221

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Ausführungsfehler bei untergeordneten Arbeiten. Es liegt keine Gesamtschuld vor, weil der Architekt den Unternehmer bei den untergeordneten Arbeiten nicht beaufsichtigen brauchte.

OLG Düsseldorf Urteil vom 22.03.1983–21 U 245/82–= BauR 1984, 201 ff.

Architekt 20 %
Unternehmer 80 %

Ausführungsfehler des Unternehmers und nicht ordnungsgemäße Bauaufsicht.

OLG Braunschweig Urteil vom 25.05.1990–2 U 52/90–= BauR 1991, 355 ff.

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Unfall des Arbeitnehmers des Unternehmers aufgrund Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Dem Unternehmer obliegt es in erster Linie, für die Sicherheit der eigenen Arbeitnehmer zu sorgen. Der Architekt hat ihn nur zu überwachen. Der Unternehmer kann dem Architekten nicht vorhalten, nicht genügend darauf geachtet zu haben, dass er seinen eigenen Aufsichtspflichten einhält.

GH Urteil vom 16.02.1971–VI ZR 125/69–= NJW 1971, 752 ff. = VersR 1971, 476 ff.

3. Planung- und Überwachungsfehler einerseits sowie Ausführungsfehler des Unternehmers andererseits

Architekt 0 %
Unternehmer 100 %

Planungsfehler und Bauaufsichtsfehler des Architekten; Ausführungsfehler und fehlende Prüfung und fehlender Hinweis in Bezug auf den Planungsfehler.

OLG Köln Urteil vom 07.04.1993–11 U 277/92–= BauR 1993, 744 ff.

Architekt 33,3 %
Unternehmer 66,6 %

Planungs- und Überwachungsfehler des Architekten; Ausführungsfehler bei Aushub und Unterfangungsarbeiten durch den Unternehmer.

OLG Stuttgart Urteil vom 13.02.2006–5 U 136/05–= NZBau 2006, 446 ff. = BauR 2006, 1772 ff.

Architekt 66,6 %
Unternehmer 33,3 %

Planungsfehler und grobe Aufsichtspflichtverletzung des Architekten bei Dacheindeckung. Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht des Unternehmers.

OLG Naumburg Urteil vom 14.01.2003–1 U 80/02–= NJW-RR 2003, 595 ff. = NZBau 2003, 391 ff.

Architekt 100 %
Unternehmer 0 %

Planungs- und Überwachungsfehler des Architekten als Ursache für Hausschwammbefall; allenfalls geringfügige Schuld des Unternehmers, die dahinter zurücktritt.

OLG Düsseldorf Urteil vom 23.11.1993–21 U 78/93–= BauR 1995, 132

Architekt 100 %
Unternehmer 0 %

Fehlende Geeignetheit des Estrichs für Fliesenarbeiten, Planungs- und Bauaufsichtsfehler des Architekten; allenfalls Prüfungs- und Hinweispflicht des Unternehmers, die wegen Geringfügigkeit zurücktritt.

OLG Celle Urteil vom 14.10.2004–5 U 34/04–= BauR 2006, 137

II. Planender Architekt und bauüberwachender Architekt

Planender Architekt 50 %
Bauaufsichtsführender Architekt 25 %
Unternehmer 25 %

Der Architekt hat die Planung vorgenommen und die Bauausführung überwacht. Es liegen Planungsfehler sowie Ausführungsfehler vor.

OLG Karlsruhe Urteil vom 13.03.2007–17 U 304/05–www.fachanwaltsmodule.de, ibr- online.de / IBR 2007, 418

Planender Architekt 100 %
Bauüberwachender Architekt 0 %

Haftung des bauaufsichtsführenden Architekten als Gesamtschuldner beruht alleine darauf, dass er den Primärschädiger nicht ausreichend kontrolliert hat.

OLG Frankfurt Urteil vom 04.02.2004–1 U 52/03–= BauR 2004, 1329

III. Architekt einerseits und Sonderfachmann andererseits oder Haftung mehrerer Sonderfachleute untereinander

Planender Architekt 0 %
Bauleitender Architekt 0 %
Statiker 100 %

Fehlerhafte Konstruktion des Bauwerkes durch den Statiker, keine Überprüfung des planenden bzw. bauleitenden Architekten, der sich auf die Spezialkenntnisse des Statikers verlassen kann.
OLG Köln Urteil vom 10.03.1987–22 U 221/86–= BauR 1988, 241 ff.

IV. Planender Architekt, Sonderfachmann, bauausführendes Unternehmen

Architekt 15 %
Statiker 70 %
Unternehmer 15 %

Fehlende Dehnungsfugen und zu tiefer Einbau der Bewehrung.
Der wesentliche Fehler liegt beim Statiker. Der Architekt haftet, weil die Anlegung von Dehnungsfugen zu dem allgemeinen Wissen des Architekten gehört. Das bauausführende Unternehmen haftet wegen fehlender Bedenkenanmeldung und mangelhafter Ausführung.

LG Stuttgart Urteil vom 24.04.1996–14 O 575/95–= BauR 1997, 137 ff.

Architekt 20 %
Baugrundgutachter 40 %
Unternehmer 40 %

Falsche Einschätzung der Boden- und Grundwasserverhältnisse. Wesentliche Ursachen sind die fehlende gründliche Bodenuntersuchung durch den Baugrundgutachter sowie fehlender Hinweis des mit der Spundwandstatik beauftragten ausführenden Unternehmers. -der Architekt haftet wegen fehlerhafter Koordination aufgrund zeitlich zu eng bemessener Abläufe.

OLG Stuttgart Urteil vom 06.07.1994–4 U 63/93–= BauR 1996, 748 ff.

V. Planender Architekt, ausführender Unternehmer, Lieferant

Architekt 30 %
ausführendes Unternehmen 35 %
Lieferant 35 %

Fehlerhafte Planung, Lieferung eines mangelhaften Baustoffes sowie Ausführungsfehler des Pflasterunternehmens

OLG Brandenburg Urteil vom 05.07.2000–7 U 276/99–= NZBau 2001, 322 ff.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass hilfreiche Ausführungen zum Gesamtschuldner-Innenausgleich insbesondere zu finden sind bei Kniffka BauR 2005, S. 274 ff., Sörgel BauR 2005, S. 239 ff., Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage, Rn. 1964 ff.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Prof. Dr. Ulrich Werner
Rechtsanwälte

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BAG: Geschäftsführerdienstvertrag – Aufhebung des Arbeitsverhältnisses

Mit Entscheidung vom 19. Juli 2007 hat das Bundesarbeitsgericht letzte Unklarheiten bzgl. der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrags beseitigt.
In neuerer Rechtsprechung geht das Bundesarbeitsgericht stets davon aus, dass der Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages mit einem bisherigen Arbeitnehmer das bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Arbeitsverhältnis nicht – entsprechend der älteren Rechtsprechung des BAG – bis zur Beendigung des Geschäftsführerdienstverhältnisses ruhen und danach wieder aufleben lässt, sondern im Zweifel beendet. Solange nicht besondere Umstände vorliegen, aus denen sich etwas anderes ergibt, wird vermutet, dass die Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden wollten.

Mit der oben zitierten Entscheidung hat das BAG nun klargestellt, dass sich auch aus der im Rahmen der AGB-Prüfung zu berücksichtigenden Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB, der seit der Schuldrechtsreform über § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB auch auf vorformulierte Arbeitsverträge Anwendung findet, nichts anderes ergibt.

Auch eventuell bestehende Zweifel, ob die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrags dem für Auflösungsverträge erforderlichen Schriftformerfordernis gemäß § 623 BGB entspricht, hat das BAG ausgeräumt. So heißt es in der Pressemitteilung des BAG: "Durch den schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag wird das Schriftformerfordernis des § 623 BGB für den Auflösungsvertrag gewahrt."

Empfehlung: Wurde ein ehemaliger Arbeitnehmers zum Geschäftsführer bestellt, wird grundsätzlich vermutet, dass das Arbeitsverhältnis mit Abschluss des schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrags einvernehmlich beendet wurde. Nachdem jedoch bei Vorliegen bestimmter Umstände von dieser Vermutung abgewichen werden kann, bleibt der Abschluss eines schriftlichen Aufhebungsvertrags oder einer entsprechenden Klausel im Geschäftsführerdienstvertrag zur Vermeidung eventueller Unklarheiten weiterhin empfehlenswert.

Hiltrud Kohnen
Uta Hesemann
Rechtsanwältin

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Zu Prüfungs- und Hinweispflichten

Der Bundesgerichtshof hat am 08.11.2007, AZ: VII ZR 183/05, folgendes entschieden:

a) Auch nach der Änderung des § 633 BGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, entspricht ein Werk nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn es nicht die vereinbarte Funktionstauglichkeit aufweist.

b) Beruht der Mangel der Funktionstauglichkeit auf einer unzureichenden Vorleistung eines anderen Unternehmers, wird der Unternehmer auch nach dem durch das Gesetz zur Modernisierung der Schuldrechts geänderten Werkvertragsrecht von der Mängelhaftung frei, wenn er seine Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt hat.

c) Der Unternehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht.

Die Klägerin verlangt als Werkunternehmerin von dem Beklagten Zahlung restlichen Werklohns für den Einbau einer Heizungsanlage. Der Beklagte beansprucht im Wege der Widerklage Rückzahlung des bisher gezahlten Werklohns.

Der Beklagte beabsichtigte im Jahre 2002 die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes, das den gesamten Strom und gleichzeitig auch den Wärme- und Warmwasserbedarf seines Hauses decken sollte. Er wandte sich zu diesem Zwecke an die G. GmbH, die ihm ein Angebot über die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes mit einer thermischen Leistung von 30 kW unterbreitet. Auf Veranlassung der letzteren, wurde ferner die Klägerin zugezogen, um ein Angebot über die Errichtung der Heizungsanlage und den Anschluss an das Blockheizkraftwerk abzugeben.

Die Klägerin errechnete den Wärmebedarf des Forsthauses mit 25 kW. Der Beklagte beauftragte die G. GmbH mit der Errichtung eines Blockheizkraftwerkes, dass eine thermische Leistung von 12 kW hatte. Ferner beauftragte er die Klägerin mit der Errichtung der Heizungsanlage. Nach deren Erstellung lehnte er eine Abnahme der Leistungen ab und erklärte schließlich den Rücktritt vom Vertrage. Eine Beheizung des Hauses alleine durch das Blockheizkraftwerk war nicht möglich, denn der dazu notwendige Stromverbrauch wurde nicht abgerufen.

Der Beklagte beanstandete, dass die Klägerin ihn über die unzureichende thermische Leistung nicht aufgeklärt habe. Nach seiner Darstellung, sei ihm in Folge der fehlenden Aufklärung nicht bewusst gewesen, dass die G. GmbH das Blockheizkraftwerk mit einer niedrigeren Leistung ausgelegt habe, als ursprünglich angeboten worden sei.

Das Berufungsgericht hat dem Beklagten Recht gegeben. Es führt dazu aus, dass die Klägerin zwar nicht für den Mangel des Blockheizkraftwerkes einzustehen habe. Sie habe mit der G. GmbH insoweit auch keine Bietergemeinschaft gebildet. Das bedeute jedoch nicht, dass das Werk der Klägerin als mangelfrei zu betrachten sei. Insoweit hätten die Vorinstanzen den Begriff "vereinbarte Beschaffenheit" im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB falsch beurteilt. Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart hätten ergäbe sich aus der Auslegung des Werkvertrages.

Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs.2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollten. Dieser Erfolg bestimme sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistungs- oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Wille der Parteien erfüllen solle. Der Bundesgerichtshof habe deshalb eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheiten und damit einen Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a. F. auch dann angenommen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck mit der Herstellung eines Werkes nicht erreicht werde und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfülle. Das gälte unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart hätten oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden seien.

Ist eine bestimmte Funktionstauglichkeit vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung bzw. Ausführungsart nicht zu erreichen, so schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit. An dieser Auslegung des Begriffes "vereinbarte Beschaffenheit" habe auch die Schuldrechtsmodernisierung nichts geändert. Allerdings ergäbe sich jetzt aus § 633 Abs. 2 BGB n. F. eine andere Rangfolge in der Beurteilung des Sachmangels. Zunächst sei zu prüfen, ob das Werk die vereinbarte Beschaffenheit habe. Soweit eine Beschaffenheit nicht vereinbart sei, ist das Werk nur frei von Sachmängel, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die dem Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.

Der Bundesgerichtshof macht in der vorliegenden Entscheidung deutlich, dass § 633 Abs.2 Satz 1 BGB nicht dahingehend verstanden werden kann, dass eine Leistung des Unternehmers als mangelfrei einzuordnen wäre, wenn die im Vertrag vorgesehne Leistungs- oder Ausführungsart nicht geeignet ist ein funktionstaugliches Werk herzustellen. Dies würde nämlich die vereinbarte Funktion aus der Beurteilung der vereinbarten Beschaffenheit ausblenden und damit den Willen der Parteien in einem wichtigen, für die Errichtung des Werks in aller Regel maßgeblichen Punkt, unberücksichtigt lassen.

Danach ist die von der Klägerin errichtete Heizungsanlage mangelhaft. Nach Feststellungen des Gerichtes habe der Beklagte die Errichtung der Heizungsanlage und deren Anschluss an das Blockheizkraftwerk in Auftrag gegeben, um sein Haus ausreichend zu beheizen und mit Warmwasser zu versorgen. Diesen vertraglich vereinbarten Gebrauchszweck habe die Anlage nicht erfüllt. Die Heizkörper werden nicht ausreichend erwärmt. Dabei sei es ohne Bedeutung, dass die Klägerin die Heizungsanlage ordnungsgemäß errichtet habe. Sie erfülle den vereinbarten Funktionszweck nicht.

Es komme auch nicht darauf an, dass die Funktion der Heizungsanlage ausschließlich daran scheitert, dass das Blockheizweck keine ausreichende Wärme zur Verfügung stellt. Das Werk der Klägerin sei nämlich auch dann mangelhaft, wenn es die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht erfülle, weil die vom Besteller zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer von denen die Funktionsfähigkeit des Werkes abhängt, unzureichend sind. Der Unternehmer kann in diesen Fällen seiner Verantwortung nur dann entgehen, wenn er seinen Prüfungs- und Hinweispflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist.

Liegen diese Voraussetzung nicht vor, muss der Werkunternehmer den Mangel so lange nachbessern, bis die vereinbarte Funktionstauglichkeit erreicht wird. Sind dazu Leistungen nötig, die von der vereinbarten Leistungs- und Ausführungsart nicht erfasst ist, muss geprüft werden, ob der Besteller im Rahmen des Vorteilsausgleichs bzw. unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten, diese Leistungen bezahlen muss. Der Unternehmer muss seine Vertragspflicht allerdings regelmäßig nur erfüllen, wenn der Besteller ihm eine geeignete Vorleistung zur Verfügung stellt. Der Besteller muss also im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht dafür sorgen, dass die ungeeignete Vorleistung verändert wird, so dass der Unternehmer in der Lage ist, sein Werk vertragsgerecht zu erstellen.

Der Bundesgerichtshof führt im Weiteren näher aus welche Anforderungen an die Prüfungs- und Hinweispflicht zu stellen sind. Ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit wie sie sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darstellen. Steht die Arbeit eines Werkunternehmers in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen Unternehmers oder ist sie auf Grund dessen Planung auszuführen, muss er prüfen und ggf. auch geeignete Erkundigungen einziehen, ob diese Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen können.

Auch dann, wenn der Auftragnehmer den Besteller darauf hingewiesen hat, dass bestimmte Voraussetzungen für sein Werk vorliegen müssen, muss er sich grundsätzlich vor Ausführung seines Werkes vergewissern, ob diese Voraussetzungen eingehalten worden sind. Er kann sich auch nicht darauf verlassen, dass diese Voraussetzungen vorliegen, weil er sie mit dem Vorunternehmer abgesprochen hat. Vielmehr muss er im Rahmen des Zumutbaren selbständig eine Überprüfung durchführen.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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LAG Berlin-Brandenburg: § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Altersdiskriminierung unwirksam

§ 622 Abs. 1 BGB regelt die im Falle einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Kündigung geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen bei längerer Beschäftigungsdauer.

Gemäß § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB sollen Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer nicht berücksichtigt werden.

Dies bedeutet bislang, dass z.B. für einen 26jähriger Arbeitnehmer, der sich bereits seit seinem 19. Lebensjahr in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, trotz einer tatsächlichen Beschäftigungsdauer von 7 Jahren eine Kündigungsfrist von nur vier Wochen zum 15. oder Letzten eines Monats gilt. Für einen 36jähriger würde bei gleicher Beschäftigungsdauer eine Kündigungsfrist von 2 Monaten zum Monatsende gelten.

Das LAG Berlin Brandenburg sah in dieser an das Alter des Arbeitnehmers anknüpfenden Ungleichbehandlung eine Altersdiskriminierung, welche mit dem geltenden Europarecht unvereinbar sei. § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB sei daher unwirksam und nicht anwendbar. Vielmehr müssten auch die Zeiten vor dem 25. Lebensjahr des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer gemäß § 622 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt werden.

Zwischenzeitlich sah sich das LAG Düsseldorf mit einem ähnlichem Sachverhalt konfrontiert. Anders als das LAG Berlin Brandenburg hat das LAG Düsseldorf nicht über die Anwendbarkeit des § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB entschieden, sondern hat die Frage der Wirksamkeit der Regelung mit Beschluss vom 21.11.2007 (12 Sa 1311/07) dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu § 14 Abs. 3 TzBfG (Urteil vom 22.11.2005, NZA 2005, 1345) – der EuGH erklärte hierin die Befristungserleichterung für ältere Arbeitnehmer wegen Verstoßes gegen die Gleichbehandlungsgrundsätze für unwirksam – und der dem EuGH folgenden Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 26.04.2006, NZA 2006, 1162) – spricht Vieles für die Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg. Rechtssicherheit wird insoweit jedoch erst dann bestehen, wenn die Entscheidung des EuGH vorliegt.

Empfehlung: Solange eine Entscheidung des EuGH auf sich warten lässt, ist im Falle der Kündigung eines jüngeren Arbeitnehmers abzuwägen, ob statt der verkürzten Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 1 Satz 2 BGB vorsorglich die längere Kündigungsfrist gemäß Satz 1 gewählt werden sollte. Diese Entscheidung sollte bezogen auf den Einzelfall getroffen werden.

Hiltrud Kohnen
Uta Hesemann
Rechtsanwältin

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