Ausnahmsweise kein Verschulden des Architekten nach § 635 BGB a. F.

Das Oberlandesgericht München hat sich in seinem Urteil vom 22.02.2011 (AZ: 13 U 4056/10) mit der Frage befasst, wann ein Verschulden des Architekten bei Einschaltung eines Spezialunternehmens gegeben ist.

In der Regel wird man ein Verschulden des Architekten annehmen können, wenn eine mangelhafte Leistung vorliegt. Ausnahmsweise ist dies dann jedoch nicht gegeben, wenn seine Leistungen auf Beratung eines Spezialunternehmens beruhen und dieses Unternehmen von dem Auftraggeber eingeschaltet wurde.

Einzelheiten finden Sie auch in der Analyse vom 20.10.2011 unter www.werner-baurecht.de, Stichwort: Analysen.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Bau-Tarifkonflikt bis März 2013 geschlichtet

Unter dem Vorsitz des ehemaligen Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement ist die Schlichtung im Bau-Tarifkonflikt zu Ende gegangen. Für die Annahme oder Ablehnung des Ergebnisses haben die IG BAU und die Arbeitgeberverbände (HDB sowie der ZDB) eine Erklärungsfrist bis zum 28. April 2011.

Es wurde im Einzelnen für eine Laufzeit vom 1. April 2011 bis 31. März 2013 folgendes vereinbart:

  • Im Westen sollen die Entgelte nach einem Nullmonat im ersten Schritt ab 01.05.2011 um 3,0 Prozent steigen; in einem zweiten Schritt nach einem weiteren Nullmonat um 2,3 Prozent ab 01.06 2012. Hinzu kommt eine Komponente von 0,3 Prozent zur Alterssicherung.
  • Im Osten sollen die Entgelte nach zwei Nullmonaten im ersten Schritt ab 01.06.2011 um 3,4 Prozent steigen; in der zweiten Stufe nach wiederum zwei Nullmonaten um 2,9 Prozent ab 01.08.2012.

Hiltrud Kohnen
Frank Siegburg
Rechtsanwälte

Hinweis:
Wir senden Ihnen gerne künftig die praxisrelevanten arbeitsrechtlichen Entwicklungen per E-Mail. Bei Interesse wären wir für eine kurze Rückmeldung bei Frau Heike Kambeck unter kh@hwhlaw.de dankbar.

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Das Kopplungsverbot lebt fort

Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 22.07.2010 Az. VII ZR 144/09 ausführlich mit der Frage der Übereinstimmung des Art. 10 § 3MRVG mit dem Grundgesetz auseinandergesetzt.

Die Vorschrift (auch Kopplungsverbot genannt) besagt, dass eine Vereinbarung, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen, unwirksam ist.

Eine Analyse des Urteils von Prof. Dr. Werner und Dr. Christiansen-Geiss steht Ihnen auf dem Portal www.werner-baurecht.de zur Verfügung.


Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Neue Immobilienwertordnung (ImmoWertV)

Der Bundesrat hat am 07.05.2010 der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (ImmoWertV) zugestimmt. Diese neue Verordnung tritt voraussichtlich nach Verkündung am 1. Juli in Kraft.

Damit wird nach 20 Jahren die Wertermittlungsverordnung durch eine "Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV)" abgelöst. Die neue Verordnung soll im Immobilienbereich auf der Ebene der Bewertung für mehr Stabilität und Transparenz sorgen.

Die ImmoWertV legt die Grundsätze zur Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken und Immobilien fest. Anwender sind vor allem die Gutachterausschüsse für Grundstückwerte, Sachverständige für die Grundstückswertermittlung, Banken und Versicherungen.

Nachdem sich die Bedingungen auf dem Grundstücksmarkt seit Erlass der bisher geltenden Verordnung im Jahr 1988 tiefgreifend verändert haben, war die Novellierung dringend geboten. Insbesondere die zunehmende Internationalisierung und Kapitalmarktorientierung der Immobilienwirtschaft beeinflusst das Geschehen auf dem Grundstücksmarkt. Auch dies führte zu der Forderung nach einer höheren Transparenz in der Immobilienbewertung. Neu sind u.a. Regelungen zur Bewertung der künftigen Entwicklung eines Gebietes. Ferner werden neue, für den Grundstücksverkehr wichtige Aspekte wie die energetischen Eigenschaften als Gebäudemerkmale erfasst.

Die neue ImmoWertV wird daher eine große Bedeutung im Bereich von Immobilien Due Diligence-Prüfungen entfalten.

Frank Siegburg
Rechtsanwalt

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Auf ein Neues: Steuer-CD

Vom Umgang mit Kriminellen und Daten in einem verlotterten Rechtsstaat

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Anforderungen an die Beanstandung zur Prüffähigkeit der Architektenhonorarrechnung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 22.04.2010 (AZ: VII ZR 48/07) Folgendes zu § 8 Abs. 1 HOAI a. F. festgehalten.

"Die Fälligkeit der Forderung, die ein Architekt auf Grundlage einer nicht prüffähigen Rechnung für eine vertragsgemäß erbrachte Leistung erhebt, tritt ein, wenn ein Prüfungszeitraum von zwei Monaten ohne Beanstandungen zur Prüffähigkeit abgelaufen ist oder wenn das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt wird und keine Rügen zur Prüffähigkeit erhoben werden.

Um als ausreichende Beanstandung zur Prüffähigkeit angesehen werden zu können, müssen die vom Auftraggeber erhobenen Rügen dem Auftragnehmer verdeutlichen, dass er nicht bereit ist, in die sachliche Auseinandersetzung einzutreten, solange er keine prüffähige Rechnung erhalten hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 27.11.2002 - AZ: VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118)."

In dem Rechtsstreit hatte der BGH darüber zu befinden, ob der Beklagte als Architekt mit Honorarforderungen wirksam gegen Mietzinsansprüche der Klägerin aufrechnen konnte. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Honorarforderungen des Beklagten nicht fällig gewesen seien. Dem ist der BGH nicht gefolgt. Er hat deutlich gemacht, dass unterschieden werden muss zwischen der Frage, ob eine Rechnung nicht prüffähig ist oder ob sie inhaltlich fehlerhaft ist.

Wenn der Auftraggeber eine Rechnung geprüft und deren fehlende Prüffähigkeit nicht beanstandet wurde, sondern lediglich sachliche Einwendungen erhoben wurden, ist er mit Einwand fehlender Prüffähigkeit ausgeschlossen. Es reicht auch nicht aus, wenn innerhalb des Prüfungszeitraums lediglich gerügt wird, die Rechnung sei nicht prüffähig. Vielmehr muss der Auftragnehmer in die Lage versetzt werden, die fehlenden Anforderungen an die Prüffähigkeit nachzuholen. Das macht es erforderlich, dass in der Rüge genau bezeichnet wird, welche Mängel zur fehlenden Prüffähigkeit führen sollen. Der BGH hat wörtlich hierzu ausgeführt:

"Im Hinblick darauf, dass viele Einwendungen einerseits die Prüffähigkeit der Rechnung betreffen und andererseits als sachliche Auseinandersetzung über die Höhe der Forderung verstanden werden können, die unabhängig von der Prüffähigkeit der Rechnung stattfindet, müssen die vom Auftraggeber erhobenen Rügen dem Auftragnehmer verdeutlichen, dass er nicht bereit ist, in die sachliche Auseinandersetzung einzutreten, solange er keine prüffähige Rechnung erhalten hat. Denn nur auf diese Weise wird der mit der Prüfungsfrist verfolgte Zweck erreicht, die Abrechnung zu beschleunigen. Dementsprechend hat der Senat auch darauf hingewiesen, dass der Auftraggeber die Rechnung zurückweisen kann, andernfalls diese als geeignete Grundlage für die Abrechnung als akzeptiert gilt."

Hinweis: Die pauschale Behauptung, eine Rechnung sei nicht prüffähig ist somit vom Bundesgerichtshof als nicht ausreichende Rüge angesehen worden. Es bedarf insoweit vielmehr einer detaillierten Beanstandung.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus abgetretener Sicherungsgrundschuld hängt vom Eintritt in den Sicherungsvertrag ab

Der Bundesgerichtshof hat mit dem Urteil BGH XI ZR 200/09 vom 30. März 2010 eine beachtenswerte Entscheidung aus dem Bereich des Grundschuldrechts getroffen.

Leitsatz:

  1. Der Zessionar einer Sicherungsgrundschuld kann aus der Unterwerfungserklärung nur vorgehen, wenn er in den Sicherungsvertrag eintritt.
  2. Die Prüfung, ob der Zessionar einer Sicherungsgrundschuld in den Sicherungsvertrag eingetreten und damit neuer Titelgläubiger geworden ist, ist dem Klauselerteilungsverfahren vorbehalten.
  3. Die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in einem Vordruck für die notarielle Beurkundung einer Sicherungsgrundschuld stellt auch dann keine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers i.S. des § 307 Abs. 1 BGB dar, wenn die Bank die Darlehensforderung nebst Grundschuld frei an beliebige Dritte abtreten kann (Bestätigung von BGHZ 99, 274; 177, 345)

Sachverhalt

Die Klägerin wehrte sich gegen die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus einer notariellen Urkunde über die Bestellung einer Grundschuld, die sie ihrer Hausbank im Jahr 1989 anlässlich einer Darlehensgewährung zur Absicherung aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsbeziehung gewährt hatte. In der notariellen Urkunde hatte sich die Klägerin wegen aller Ansprüche aus der Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück unterworfen.

Nach Kündigung der Geschäftsverbindung seitens der Hausbank im Jahr 2002 verkaufte die Hausbank am 7. Dezember 2004 sämtliche Forderungen gegen die Klägerin und trat der Käuferin auch die Grundschuld ab. Nach einer weiteren Abtretung der Ansprüche und der Grundschuld im Jahr 2005 wurde im Jahr 2007 die Beklagte als Inhaberin der Grundschuld im Grundbuch eingetragen und auf dem Grundschuldbrief vermerkt. Nach Umschreibung der Vollstreckungsklausel leitete die Beklagte gegen die Klägerin im Mai 2008 die Zwangsvollstreckung ein.

Die Klägerin hielt die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Unterwerfungserklärung unter anderem deshalb für unzulässig, weil diese vorformulierte Klausel in Kombination mit der freien Abtretbarkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs und der Grundschuld sie unangemessen benachteilige und daher gemäß § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB) unwirksam sei.

Entscheidung

Dieser Ansicht folgte der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH nicht. Er sieht die Zwangsvollstreckung als solche aufgrund der formularmäßigen Unterwerfungserklärung als zulässig an. Auch die in den letzten Jahren vermehrt aufgetretenen Kreditverkäufe sind nach der Auffassung des Senats kein Anlass, die ständige Rechtsprechung aller damit befassten Senate des Bundesgerichtshofs zu ändern und die bankübliche Unterwerfungsklausel zu beanstanden. Denn bei der Inhaltskontrolle der klägerischen Vollstreckungsunterwerfung sei auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier: 1989) abzustellen.

Zum anderen gehe auch der Gesetzgeber von der Wirksamkeit entsprechender formularmäßiger Vollstreckungsunterwerfungen aus, weshalb er im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes vom 12. August 2008 (BGBl. 2008 I S. 1666) keine gesetzlichen Maßnahmen ergriffen habe.

Allerdings kommt der BGH aufgrund der gebotenen "kundenfreundlichsten" Auslegung gemäß § 5 AGBG (jetzt: § 305c Abs. 2 BGB) zu dem Ergebnis, dass sich die formularmäßig erfolgte Vollstreckungsunterwerfung der Klägerin nur auf Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld erstreckt. Damit wird einer andernfalls möglichen Verschlechterung der Rechtsposition des Kreditnehmers und Grundschuldbestellers entgegengewirkt.

Ein Grundschuldgläubiger, der – wie im zu entscheidenden Fall die Beklagte – den Verpflichtungen aus dem Sicherungsvertrag nicht beitritt, erwirbt eine solche Rechtsposition nicht, so dass er auch nicht Rechtsnachfolger hinsichtlich des titulierten Anspruchs im Sinne der §§ 795 Satz 1, 727 Abs. 1 ZPO wird. Die Prüfung, ob eine Rechtsnachfolge eingetreten ist, bleibt aber dem Klauselerteilungsverfahren vorbehalten, so dass ein Schuldner, der den Übergang der titulierten Forderung auf den Vollstreckungsgläubiger für unwirksam hält, die in diesem Verfahren vorgesehenen Rechtsbehelfe ergreifen muss.

Der von der Klägerin erhobenen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO sowie einer Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO, die sich beide gegen die Vollstreckbarkeit des Titel richten, konnte die fehlende Rechtsnachfolge jedoch nicht zum Erfolg verhelfen. Die fehlende Rechtsnachfolge kann weder gegen den titulierten Anspruch eingewandt werden, noch wird dadurch die Wirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung in Frage gestellt.

Praktische Bedeutung

In Zukunft wird bereits im Klauselerteilungsverfahren von der für die Titelumschreibung zuständigen Stelle (Rechtspfleger, Notar) von Amts wegen zu prüfen sein, ob der neue Grundschuldinhaber den Eintritt in den Sicherungsvertrag nach den Maßgaben des § 727 Abs. 1 ZPO nachgewiesen hat. Dies hat für den Schuldner den Vorteil, dass er nicht aus der Rolle des Verteidigers in diejenige des Angreifers, nämlich des Klägers in einem Vollstreckungsgegenklageverfahren, gezwungen wird. Will sich der Schuldner gegen eine erfolgte Klauselerteilung wehren, kann er hiergegen mit der Erinnerung gegen Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 732 ZPO oder der Klauselgegenklage nach 768 ZPO vorgehen.

Zudem resultiert aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ein erhöhtes Schutzniveau für Schuldner und eine weitere Einschränkung von Missbrauchsmöglichkeiten. Der durch das Risikobegrenzungsgesetz vom 12. August 2008 in § 1192 Abs. 1a Satz 1 Halbsatz 2 BGB statuierte Ausschluss des gutgläubig einredefreien Erwerbs von Sicherungsgrundschulden gilt nur für Erwerbsvorgänge von Sicherungsgrundschulden die nach dem 19. August 2008 erfolgt sind (Art. 229 § 18 Abs. 2 EGBGB).

Künftig werden vor der Vollstreckung auch die Erwerber von Sicherungsgrundschulden in den Sicherungsvertrag eintreten müssen, die aufgrund eines Erwerbs vor dem Stichtag nicht dem Ausschluss nach § 1192 Abs. 1a Satz 1 Halbsatz 2 BGB unterfallen und die Sicherungsgrundschuld somit ggf. gutgläubig einredefrei erworben haben. Damit wird einem Missbrauch dahingehend, dass die Zwangsvollstreckung in voller Höhe des Nennwerts der Grundschuld betrieben wird, obgleich die Forderung tatsächlich in geringerer Höhe valutiert, ein Riegel vorgeschoben, da zugunsten des Schuldners wieder die Regelungen und Einreden aus dem Sicherungsvertrag greifen.


Siegfried Weitzel
Rechtsanwalt

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Unwirksame Zustellung des Mahnbescheides hindert den Eintritt der Verjährungshemmung nicht

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 26. Februar 2010 - V ZR 98/09 - Folgendes festgehalten:

"Die unwirksame Zustellung des Mahnbescheids hindert den Eintritt der Verjährungshemmung nicht, wenn der Anspruchsinhaber für die wirksame Zustellung alles aus seiner Sicht Erforderliche getan hat, der Anspruchsgegner in unverjährter Zeit von dem Erlass des Mahnbescheids und seinem Inhalt Kenntnis erlangt und die Wirksamkeit der Zustellung ebenfalls in unverjährter Zeit in einem Rechtsstreit geprüft wird."

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte erwarb von der Klägerin im Juli 2002 ein Hausgrundstück. Nachdem sie den Kaufpreis nicht zahlte und das Grundstück im Mai 2003 zurückgab, verlangt die Klägerin Schadensersatz. Der von ihr beantragte Mahnbescheid wurde am 18. April 2006 durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt. Die Anschrift der Beklagten war zu dem Zeitpunkt jedoch nicht mehr richtig, weil sie umgezogen war. Die Namensschilder an Tür und Türklingel waren jedoch nicht entfernt worden.

Am 9. Mai 2006 wurde der Vollstreckungsbescheid in gleicher Weise zugestellt. Durch den Gerichtsvollzieher wurde die Beklagte am 25. Juli 2006 von bevorstehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unterrichtet und erhielt auf Nachfrage am 27. Juli 2006 von dem Mahngericht die Mitteilung über die Zustellung des Vollstreckungsbescheids.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Zustellung der Streitverkündung und Verjährungshemmung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 4/08 - Folgendes entschieden:

"Soll durch die Zustellung einer Streitverkündung die Verjährung gehemmt werden, tritt diese Wirkung auch dann bereits mit dem Eingang der Streitverkündungsschrift bei Gericht ein, wenn der Anspruch zum Zeitpunkt der demnächst erfolgten Zustellung noch nicht verjährt war."

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger beauftragte eine Anwaltssozietät mit der Durchsetzung seiner Ansprüche. Der Klageentwurf wurde jedoch nicht bei Gericht eingereicht. Nachdem andere Anwälte von dem Kläger beauftragt worden waren, erhoben diese Teilklage und verkündeten in dem Rechtsstreit den früheren Anwälten des Klägers, den hiesigen Beklagten, den Streit. Der Streitverkündungsschriftsatz ging bei Gericht am 25. Oktober 2002 ein und wurde am 13. November 2002 den Beklagten zugestellt. In dem ersten Verfahren wurde die Klage mit Urteil, welches am 19. April 2003 rechtskräftig wurde, wegen Verjährung abgewiesen.

Mit bei Gericht am 13. Dezember 2004 eingegangener Klage verlangt der Kläger deshalb nun Schadensersatz von den Beklagten. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten, das Oberlandesgericht hat sie jedoch wegen Verjährung abgewiesen. Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Oberlandesgericht ging davon aus, dass Verjährung eingetreten ist, weil die Streitverkündung im Vorprozess die Verjährung vom Zeitpunkt ihrer Zustellung am 13. November 2002 bis sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung, also bis zum 19. Oktober 2003 gehemmt hat. Die Verjährungsfrist war demnach für die Dauer von elf Monaten und sechs Tagen gehemmt gewesen, d. h. bis zum 6. Dezember 2004. Die am 13. Dezember 2004 eingereichte Klage kam somit zu spät.

Anders sieht dies der BGH. Er geht davon aus, dass nicht das Datum der Zustellung, d. h. der 13. November 2002, maßgeblich für den Beginn der Hemmung der Verjährung durch die Streitverkündung ist, sondern der 25. Oktober 2002 als Zeitpunkt des Eingangs der Streitverkündungsschrift bei Gericht. Nach § 167 ZPO wirkt die Zustellung der Streitverkündung auch dann auf den Zeitpunkt der Einreichung zurück, wenn die Zustellung noch innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt. § 167 ZPO gilt also nicht nur für den Fall, dass der zuzustellende Schriftsatz, der die Verjährungshemmung bewirken soll, vor Ablauf der Verjährungsfrist bei Gericht eingereicht wird, die Zustellung aber nach Ablauf der Frist erfolgt.

Entsprechendes hatte der BGH in seiner Entscheidung vom 6. März 2003 - III ZR 2006/07 - bereits für die Einreichung und Zustellung eines Mahnbescheides entschieden.

Hinweis: Die Entscheidungen des BGH zum Mahnbescheid und der Streitverkündung sind insofern wichtig, als der Zeitpunkt der Rückbeziehung auf den Tag der Einreichung der Schriftsätze bei Gericht für den Umfang der Hemmungswirkung wichtig sein kann. Manchmal droht ein Klageerfolg - wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt daran zu scheitern, dass Schriftsätze wenige Tage zu spät eingereicht werden. Es lohnt sich daher immer, genau zu prüfen, ob nicht doch eine längere Hemmungswirkung anzunehmen ist. Unabhängig davon gilt natürlich, dass man Fristen möglichst nicht bis zum letzten Tag ausreizen sollte. Das gilt besonders, wenn Fristen unter Berücksichtigung von Hemmungszeiten berechnet werden. 

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen – Modifizierter zweistufiger Überschuldungsbegriff bis zum 31.12.2013 verlängert

Der Bundesrat hat am 18. September 2009 das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (BT-Drucks. 16/13927) passieren lassen, ohne einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses zu stellen. Damit bleibt der mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) eingeführte modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff in § 19 Abs. 2 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO), der ursprünglich bis zum 31.12.2010 befristet war, für drei weitere Jahre anwendbar.

Der modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff wurde in Reaktion auf die Finanzkrise im Herbst 2008 eingeführt, um Unternehmen eine weitere Geschäftstätigkeit zu ermöglichen, bei denen trotz einer bilanziellen Überschuldung eine positive Fortführungsprognose besteht. Aufgrund des zuvor gültigen Überschuldungsbegriffs konnte bei bilanzieller Überschuldung des Unternehmens selbst bei einer positiven Fortführungsprognose das geschäftsführende Organ der Gesellschaft nach der (aktuell) in § 15a InsO normierten Insolvenzantragspflicht zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet sein.

Praktische Bedeutung

Mit der Verlängerung der Anwendbarkeit des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffs über den 31.12.2010 hinaus hat der Gesetzgeber krisengeschüttelten Unternehmen die Möglichkeit eröffnet ihre Geschäftstätigkeit am Markt fortzuführen, wenn sie mittelfristig innerhalb eines Prognosezeitraums der das gegenwärtige und folgendes Geschäftsjahr umfasst ihre laufenden Zahlungen voraussichtlich leisten können. Durch die stärkere Akzentuierung der positiven Fortführungsprognose bei der Überschuldungsprüfung wird gewährleistet, dass grundsätzlich sanierungsfähige Unternehmen nicht anhand lediglich kurzfristig zu berücksichtigender Indikatoren den Gang in die Insolvenz antreten müssen.

Auf diesem Wege können auch längerfristig anstehende markt- und branchenspezifische Entwicklungen besser berücksichtigt und so im Hinblick auf die Gesamtwirtschaft das vorzeitige Abwürgen des gerade wieder anspringenden Konjunkturmotors verhindert werden.

Die Verlängerung über den 31.12.2010 hinaus ist auch aus dem Grund zu begrüßen, da sie einer anschwellenden Diskussionen über die Praxistauglichkeit des befristet geänderten Überschuldungsbegriff die Grundlage entzieht. Im Hinblick auf den sich auch auf das kommende Geschäftsjahr erstreckenden Prognosezeitraum wurde bereits diskutiert, ob man die Rückkehr zum alten Überschuldungsbegriff ab dem 01.01.2011 dahingehend zu berücksichtigen habe, dass jedenfalls nach dem 01.01.2011 eine bilanzielle Überschuldung des Unternehmen wieder zur Insolvenzantragspflicht führt, so dass im Ergebnis die positive Fortführungsprognose bereits jetzt an diesem Punkt scheitert.

Hier hat der Gesetzgeber adäquat reagiert indem er den Unternehmen mit der Verlängerung mehr Zeit gibt, krisenbedingte Sanierungsprozesse voranzutreiben. Abschließend gelöst ist dieses Problem jedoch nicht, es wird spätestens ab 2013 wieder zu berücksichtigen sein.

Bei aller Freude über die Verlängerung der Maßnahme sollte man als Entscheidungsträger eines Unternehmens jedoch nicht aus den Augen verlieren, dass auch eine positive Fortführungsprognose einer überaus sorgfältigen Prüfung bedarf und in diesem Bereich einige relevante Haftungsrisiken für die zur Vertretung befugten Organe lauern.

Siegfried Weitzel
Rechtsanwalt

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