Schadensersatzpflicht des Auftraggebers bei unberechtigtem Einbehalt einer Gewährleistungsbürgschaft

Besprechung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 26.3.2015 – VII ZR 92/14

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung vom 26.03.2015 – VII ZR 92/14 - mit der Frage zu befassen, ob sich ein Auftraggeber, der über einen längeren Zeitraum unberechtigt eine Gewährleistungsbürgschaft zurückhält, schadensersatzpflichtig macht.

Die Klägerin errichtete als Generalunternehmerin für die Beklagte ein Logistikzentrum. In dem von der Beklagten gestellten und vorformulierten Vertrag fand sich die Regelung, dass die Klägerin die Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5% des Schlussrechnungsbetrages zurückzugeben hatte, wenn „alle unter die Gewährleistungsfrist fallenden Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können“.

Die förmliche Abnahme erfolgte Ende des Jahres 2001. Zum vereinbarten Rückgabezeitpunkt standen zwischen den Parteien Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 104.485,35 EUR in Streit, welche der Beklagten später durch Gerichtsurteil zugesprochen wurden. Außerdem wendete die Beklagte vor Ablauf der Gewährleistungsfrist weitere Mängel ein, mit welchen sie sich jedoch in einem späteren Verfahren nicht durchsetzen konnte. Erst Ende des Jahres 2012 gab die Beklagte die Bürgschaftsurkunde an die Klägerin heraus.

Der BGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, dass die Beklagte Schadensersatz für aufgewendete Avalkosten der Klägerin in Höhe von über 60.000 EUR aufgrund des Verzuges mit der Herausgabe der Bürgschaft zu zahlen hatte. Der Auftragnehmer habe bei Vereinbarung einer Gewährleistungsbürgschaft zum vereinbarten Rückgabezeitpunkt Anspruch auf Freigabe der Sicherheiten, soweit keine durchsetzbaren Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers bestehen. Die Beklagte hätte daher zum Ende der Gewährleistungsfrist die über den Betrag von 104.485,35 EUR hinausgehende Sicherheit zurückgeben müssen.

Auch konnte sich die Beklagte nicht erfolgreich auf die vertragliche Reglung zur Rückgabe der Bürgschaft berufen. Die im Vertrag getroffene Sicherungsabrede stellt nach Ansicht des BGH eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin und somit eine unwirksame AGB dar, weil durch die Formulierung die Möglichkeit eröffnet würde, auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist hinaus die Gewährleistungsbürgschaft in vollem Umfang zurückzuhalten, unabhängig davon, in welcher Höhe tatsächlich Gewährleistungsansprüche bestehen.

Die Entscheidung birgt Risiken für den Auftraggeber in sich. Er darf die Sicherheit nur in dem Umfang zurückhalten, in welchem ihm tatsächlich Gewährleistungsansprüche zustehen. Daher ist ihm auch nicht damit gedient, vor Ablauf der Gewährleistungsfrist in großem Umfang Mängel zu rügen und unter Berufung hierauf die Sicherheit bis zur Klärung der Höhe der Gewährleistungsrechte in vollem Umfang zu behalten. Der Auftraggeber sollte vielmehr zum Ende der Gewährleistungsfrist sorgsam prüfen, in welchem Umfang ihm tatsächlich Mängelgewährleistungsrechte zustehen und in wieweit die Sicherheit zurückzugewähren ist, um das Haftungsrisiko zu begrenzen.

Ulrich Zimmermann
Rechtsanwalt

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VG Düsseldorf hält Tariftreuegesetz (TVgG NRW) im ÖPNV für verfassungswidrig

Das VG Düsseldorf hält das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW (TVgG NRW) für teilweise verfassungswidrig und hat diese Frage mit einem Beschluss vom 27.08.2015 (Aktenzeichen 6 K 2793/13) dem Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen zur Prüfung vorgelegt.

Nach § 4 Abs. 2 TVgG NRW kann der Landesminister für Arbeit, Integration und Soziales Tarifverträge im öffentlichen Personennahverkehr für repräsentativ erklären. Öffentliche Aufträge für solche Verkehrsdienstleistungen dürfen dann nur an Anbieter vergeben werden, die ihren Arbeitnehmern mindestens den Lohn zahlen und die tarifvertraglichen Modalitäten beachten, die in einem repräsentativen Tarifvertrag geregelt sind. Dabei ist es unerheblich, ob der Anbieter einem anderen Tarifvertrag unterliegt, in dem ein geringer Lohn vereinbart ist.

Nach Auffassung des VG Düsseldorf verstößt diese Regelung gegen die im Grundgesetz (Art. 9 Abs. 3) und in der Landesverfassung NRW (Art. 4 Abs. 1) garantierte Tarifautonomie. Jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) am 01.01.2015, das ausreichenden Schutz gegen Sozialdumping gewähre, sei dieser Eingriff nicht mehr hinnehmbar. Belege dafür, dass im ÖPNV tatsächlich prekäre Löhne gezahlt würden, seien nicht vorgelegt worden. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum nicht nur die Lohnuntergrenze, sondern das gesamte Tarifsystem verbindlich sein müsse.

Da es sich um einen rein landesinternen Sachverhalt handelte, war die Sache nach Art. 100 Abs. 1 GG, § 12 Nr. 7 VGHG NRW dem Verfassungsgerichtshof des Landes NRW in Münster vorzulegen.

Die nunmehr vom Verfassungsgerichtshof NRW zu entscheidende Verfassungsrechtsfrage betrifft nicht das gesamte TVgG NRW, sondern lediglich die Vorschrift des § 4 Abs. 2 TVgG NRW zur besonderen Tarifbindung im Bereich des ÖPNV. Bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bleibt die Vorschrift in der Praxis jedoch anwendbar.

Eine bereits relevante Einschränkung der Anwendbarkeit dieses Gesetzes folgt jedoch aus dem Urteil des EuGH vom 18.09.2014, nach der Bieter und deren Nachunternehmer, die ihren Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat haben und zur Auftragsausführung ausschließlich dort beschäftigte Arbeitnehmer einsetzen, nicht an den Mindestlohn des TVgG NRW von aktuell EUR 8,85 pro Stunde gebunden werden dürfen (Aktenzeichen C-549/13, VergabeR 2015, 28).

Links:
Pressemitteilung des VG Düsseldorf: http://www.vg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/1519/index.php
Urteil des EuGH vom 18.09.2014: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=157851&doclang=DE
Runderlass zur Anwendung des TVgG NRW nach dem Urteil des EuGH vom 18.09.2014: http://www.mweimh.nrw.de/wirtschaft/_pdf_container/Erlass_Anwendungsbereich____4_TVgG.PDF

Dr. Norbert Reuber
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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Wertzuwachs eines während der Ehe mit einem Nießbrauch belasteten Grundstück im Zugewinnausgleich oder iudex non calculat (der Richter rechnet nicht)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 06.04.2015, XII ZB 306/14, seine bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Wertzuwachs eines mit einem Nießbrauch belasteten Grundstück im Zugewinnausgleich ganz grundlegend geändert.

Kurz allgemein zur Systematik des Zugewinnausgleichs…
Wenn Eheleute keinen Ehevertrag geschlossen haben, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dies bedeutet, dass ihre Vermögenswerte grundsätzlich getrennt bleiben. Nur wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufgehoben wird, wie es bei der Scheidung der Fall ist, erfolgt der Zugewinnausgleich. Dabei wird verglichen, wie viel Vermögen die Ehegatten jeweils während der Ehe hinzu gewonnen haben. Der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, hat gegen den anderen einen Anspruch auf Auszahlung der hälftigen Differenz zwischen den jeweiligen Zugewinnen.

…und zur Berücksichtigung von Schenkungen im Zugewinnausgleich
Grundsätzlich nicht in den Zugewinnausgleich fallen Schenkungen. Eine Wertsteigerung, die der geschenkte Gegenstand während der Ehezeit erfährt, wird allerdings berücksichtigt. Rechtstechnisch wird dies dadurch bewerkstelligt, dass der geschenkte Gegenstand zwar im Endvermögen berücksichtigt wird, gleichzeitig aber mit dem Wert, den der Gegenstand zum Zeitpunkt der Schenkung hatte, ins Anfangsvermögen eingestellt wird.

Bisherige und neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berücksichtigung des Wertzuwachses durch Abschmelzen des Nießbrauchs
Wenn einem der beiden Ehegatten während der Ehe ein Grundstück geschenkt wird, das mit einem lebenslangen Nießbrauchrecht belastet ist, steigt der Wert des Vermögens des beschenkten Ehegatten durch Zeitablauf automatisch, da der Wert des Nießbrauchs mit steigendem Alter des Nießbrauchberechtigten automatisch immer weiter abnimmt.

Bisherige Rechtsprechung
Nun hatte der BGH bisher in einem äußerst komplizierten und rechtspraktisch kaum umsetzbaren Gedankengang angenommen, man müsse, um die fortlaufende unentgeltliche Zuwendung, die der beschenkte Ehegatte durch das ständige Abschmelzen des Nießbrauchwertes erfährt, aus dem Zugewinn auszunehmen, den Wert des Grundstücks abzüglich Nießbrauchwert zum Zeitpunkt der Schenkung ins Anfangsvermögen und den Wert des Grundstücks abzüglich dem dann aktuellen Nießbrauchwert ins Endvermögen einstellen. Überdies müsse man den Vermögenszuerwerb durch das Abschmelzen des Nießbrauchwertes dem Anfangsvermögen hinzuaddieren.

Neue Rechtsprechung
In seiner aktuellen Entscheidung vom 06.04.2015 hat der Bundesgerichtshof sich ausdrücklich von dieser Rechtsprechung distanziert. Zwischenzeitlich wurde festgestellt, dass die eben geschilderte Methode zwar zu einem korrekten Ergebnis führt, exakt dasselbe Ergebnis jedoch erzielt wird, wenn der Nießbrauch in der Berechnung schlicht und einfach gar nicht berücksichtigt wird. Ausgeglichen wird bei beiden Berechnungsmethoden ausschließlich der Wertzuwachs des Grundstücks selbst, nicht aber der Wertzuwachs durch das Abschmelzen des Nießbrauchwertes.

Im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen ist der Nießbrauch allerdings weiterhin in den Fällen, in denen sein Wert während der Ehe nicht sinkt, sondern steigt. Das kann trotz fortschreitenden Alters des Berechtigten der Fall sein, wenn die erzielbaren Mieteinnahmen sich entsprechend erheblich steigern. In diesen Fällen ist der Nießbrauch jeweils mit dem Wert in Abzug bringen, den er an den beiden Stichtagen (Schenkung und Zustellung Scheidungsantrag) hatte.

Dr. Susanne Sachs
Rechtsanwältin

 

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Gesetzentwurf zur Modernisierung des Vergaberechts (VergRModG) liegt vor

Die Bundesregierung hat mit dem Kabinettsbeschluss vom 08.07.2015 auf der Grundlage des Referentenentwurfs vom 30.04.2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (VergRModG) beschlossen und das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Der Gesetzentwurf liegt nunmehr dem Bundesrat vor (BR-Ds. 367/15).

Das Gesetz wird eine völlig neue Grundlage für das Vergaberecht oberhalb der EU-Schwellenwerte von derzeit EUR 5.186.000 für Bauleistungen und EUR 207.000 für sonstige Leistungen und Lieferungen (im Sektorenbereich EUR 414.000) schaffen. Es dient der Umsetzung der EU-Modernisierungspaketes für das Vergaberecht, das aus der Richtlinie 2014/24/EU für die öffentliche Auftragsvergabe, der Sektorenrichtlinie 2014/25/EU und der Konzessionsvergaberichtlinie 2014/23/EU besteht. Die Bundesregierung strebt mit dem Gesetzentwurf eine „Eins-zu-eins-Umsetzung“ der EU-Richtlinien an.
Die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinien läuft am 18.04.2016 ab. Es ist daher zu erwarten, dass das VergRModG bis dahin in Kraft tritt.

Der Gesetzentwurf sieht eine vollständige Neuregelung des Vergaberechts in neugefassten §§ 97-186 GWB mit neuer Systematik vor. Das neue Vergaberecht ist noch zu ergänzen durch eine Neufassung der Vergabeverordnung und der VOB/A.

Inhaltliche Kernpunkte der Neuregelung sind:

• Erleichterte Berücksichtigung sog. vergabefremder Aspekte (soziale, umweltbezogene, innovative Aspekte, Anliegen von Menschen mit Behinderung)
• E-Vergabe, Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel, medienbruchfreie Auftragsvergabe
• Erstmalige vergaberechtliche Regelung der öffentlich-öffentlichen, insbesondere interkommunalen Zusammenarbeit
• Gleichrangigkeit von offenem und nichtoffenem Verfahren
• Gesetzliche Regelungen zu den vergaberechtlichen Auswirkungen von Vertragsänderungen
• Kündigungsrecht u. a. bei Vergabeverstößen
• Erstmalige gesetzliche Regelung der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen
• Monitoring und Statistikpflichten im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen

Links:

Richtlinie 2014/23/EU: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32014L0023
Richtlinie 2014/24/EU: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/ALL/?uri=CELEX:32014L0024
Richtlinie 2014/25/EU: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=celex:32014L0025
Gesetzentwurf der Bundesregierung: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/entwurf-gesetz-modernisierung-vergaberecht,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

Dr. Norbert Reuber
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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Keine Rückzahlung des Entgelts bei mangelhafter Schwarzarbeit

Besprechung des Urteiles des Bundesgerichtshofes vom 11.06.2015 (Az: VII ZR 216/14)

Der Bundesgerichtshof hat mit der Entscheidung vom 11.06.2015 seine Rechtsprechung zur Schwarzarbeit aus den Jahren 2013 und 2014 fortgesetzt. Im Jahre 2013 entschied er, dass in Fällen des Verstoßes gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) keine Mangelansprüche des Bestellers bestehen. Im April 2014 versagte er dem Werkunternehmer in solchen Fällen einen Zahlungsanspruch. Insoweit wird zur näheren Begründung auf die hiesigen Urteilsbesprechungen von 2014 und 2013 sowie auf einen kritischen Aufsatz zu diesen Urteilen von Rechtsanwalt Dölle in Baurecht (BauR) 2015, 393 verwiesen. 

Der vorliegende Rechtsstreit beschäftigt sich mit dem Fall, dass der Kläger den Beklagten damit beauftragte, Dachdeckerarbeiten auszuführen. Es war ein Werklohn ohne Umsatzsteuer vereinbart. Nach Durchführung der Arbeiten erfolgte eine Zahlung von Seiten des Klägers. Die Werkleistung stellte sich als mangelhaft heraus. Nunmehr verlangt der Kläger Wertersatz in Höhe eines gezahlten Betrages von 8.300 € aus ungerechtfertigter Bereicherung zurück. Die Zahlung des Werklohnes sei ohne rechtlichen Grund erfolgt. Der Vertrag sei wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArBG nichtig.

Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofes hat der Kläger keinen Zahlungsanspruch. Zwar ist der Vertrag gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG in der Tat nichtig, weil der Unternehmer vorsätzlich gegen seine steuerlichen Pflichten verstoßen hat und der Besteller diesen Verstoß auch erkannt und zu seinem eigenen Vorteil genutzt hat. Gleichwohl kann der Kläger als Auftraggeber keine Rückzahlung des gezahlten Werklohnes beanspruchen. Diesem Anspruch steht nämlich § 817 S. 2 Hs. 1 BGB entgegen. Gemäß § 817 S. 1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Nach S. 2 1. Hs. der Vorschrift ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn der Besteller in Ausführung eines solchen gemäß § 134 BGB nichtigen Werkvertrages seine Leistung erbringt, indem er ohne Rechnung den vereinbarten Betrag bezahlt. Er kann das Gezahlte dann nicht zurückfordern.

Der Bundesgerichtshof führt ausdrücklich aus, dass derjenige, der bewusst das im SchwarzArbG enthaltene Verbot missachte, nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben solle. Ziel ist es, ihn zu veranlassen, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen. Der Ausschluss eines bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruches sei daher ein geeignetes Mittel, um abschreckend zu wirken und dem Ziel des Gesetzes näherzukommen.

Fazit:
Schwarzarbeit ist mit hohen Risiken behaftet, und zwar für Besteller und Auftragnehmer in gleicher Weise.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Kein Schadenersatz für Verdienstausfall bei fehlendem Kinderbetreuungsplatz

Das OLG Dresden hat mit drei Grundsatzurteilen vom 26.08.2015 (Az.: 1 U 319/15, 1 U 320/15 und 1 U 321/15) die Amtshaftungsklagen dreier Mütter auf Schadensersatz für Verdienstausfall bei fehlendem Angebot eines Betreuungsplatzes in einer Kindertageseinrichtung abgewiesen.

Das Gericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob Eltern, deren Kindern kein Betreuungs-platz in einer städtischen Kindertageseinrichtung angeboten wurden und die deshalb erst später als geplant ihre berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen konnten, ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Verdienstausfalls zusteht. Hintergrund des Rechtsstreits ist die Regelung des § 23 Abs. 2 SGB VIII. Danach steht Kindern, die das erste Lebensjahr vollendet haben, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres seit dem 01.08.2013 ein Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in einer Kindertagespflege zu. Dieser Rechtsanspruch richtet sich gegen die Träger der Jugendhilfe, d.h. die Städte und Gemeinden.

In dem vom OLG Dresden zu entscheidenden Fällen konnte die Stadt Leipzig den Kindern der drei klagenden Mütter nicht rechtzeitig, d.h. nicht mit Abschluss des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung bzw. Kindertagespflege anbieten. Die Mütter blieben daher länger als geplant zu Hause und machten den ihnen entstandenen Verdienstausfall gegenüber der Stadt Leipzig gerichtlich geltend. Das in der ersten Instanz zuständige Landgericht Leipzig hatte den Klagen der Mütter statt gegeben. Gegen die Urteile des Landgerichts legte die Stadt Leipzig erfolgreich Berufung beim OLG Dresden ein. Nach der Auffassung des OLG Dresden hat die Stadt Leipzig zwar die ihr nach § 24 Abs. 2 SGB VIII obliegenden Amtspflicht, den Kindern einen Platz in eine Kindertageseinrichtung zu verschaffen, verletzt. Diese Amtspflicht schützt jedoch nach Auffassung des OLG Dresden alleine die Kinder und nicht auch deren Eltern. Der aus § 24 Abs. 2 SGB VIII folgenden Anspruch auf frühkindliche Förderung stehe, wie sich aus dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 SGB VIII ergeben würde, alleine den Kindern zu. Zudem seien nur solche Schäden zu ersetzen, die den Kindern selbst entstanden seien. Verdienstausfallschäden, die den Eltern entstanden seien, würden nicht dazu gehören.

Die Urteile des OLG Dresden sind noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits hat das OLG Dresden die Revision zum BGH zu gelassen. Sollte sich der BGH mit der Entscheidung des OLG Dresden befassen, hat dieser zu klären, ob die Auffassung des OLG Dresden, die Eltern seien nicht vom Schutzbereich des § 24 SBG VIII umfasst, zutreffend ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach dem Willen des Gesetzgebers durch den gesetzlich normierten Anspruch auf frühkindliche Förderung auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gefördert werden sollte.

Dr. Tobias Junker
Rechtsanwalt

 

 

 

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Unerlaubtes Bankgeschäft nach KWG - Vorsicht bei kurzfristig rückzahlbaren, unbesicherten Darlehen

Im zunehmenden Umfang wird seitens Vermittlungsunternehmen die Bereitstellung oder die Annahme von Liquidität durch kommunaleigene oder kommunalnahe, privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaften der Versorgungs-, Verkehrs- und Wohnungsbaubranche aber auch institutionelle Einrichtungen (z.B. Berufsgenossenschaften) vermittelt. Es handelt sich in der Regel um kurzfristig rückzahlbare, unbesicherte Darlehen, die zu Zinssätzen unter Marktkonditionen vergeben werden.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Darlehensgeber erhält einen Zinssatz, der sich oberhalb der gängigen Anlageprodukte bewegt, dazu noch einen solventen Vertragspartner; Der Darlehensnehmer kann sich günstiger und schneller als bei Kreditinstituten Liquidität verschaffen. Das Vermittlungsunternehmen erhält eine Provision.

Unter dem Strich also ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell zum Wohle aller Beteiligten? Mitnichten. Spätestens wenn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ( BaFin) von diesem Geschäftsgebaren erfährt, droht Ungemach. Denn was viele übersehen: Bei mehrfacher Vornahme solcher Transaktionen handelt es sich um erlaubnispflichtige Bankgeschäfte im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz–KWG). Das Betreiben ohne die erforderliche Erlaubnis löst den Straftatbestand des § 54 KWG aus, der auch fahrlässig verwirklicht werden kann. Zudem droht die zivilrechtliche Haftung der handelnden Organe nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 54, 32 KWG.

Ab wann betreibe ich ein Bankgeschäft?

Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG ist die Annahme

  • fremder Gelder (Bargeld und Buchgeld) als Einlagen oder
  • anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums.
  • Kreditgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG ist spiegelbildlich die
  • Gewährung von Gelddarlehen.

Besonders hervorzuheben ist hier der weit gefasste Auffangtatbestand "unbedingt rückzahlbare Gelder des Publikums". "Rückzahlbar" sind Gelder, wenn ein zivilrechtlicher Anspruch auf ihre Rückzahlung besteht (z. B. aus einem Darlehen nach § 488 Abs. 1 BGB). Eine "unbedingte Rückzahlbarkeit" im Sinne des Einlagentatbestands liegt vor, wenn die Rückzahlung der angenommenen Gelder nicht vom Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses abhängig gemacht wird.

Unter den Begriff der unbedingt rückzahlbaren Gelder können auch Mezzanine-Finanzierungen, Nachrangdarlehen, Partiarische Darlehen, Stille Gesellschaften, Guthaben auf Privat- oder Verrechungskonten bei Personenhandelsgesellschaften und Geschäftsbesorgungsverträge (u. a. Weiterleitungsfälle) fallen. Der Begriff des "Publikums" dient lediglich der Klarstellung, dass die Hereinnahme von Geldern verbundener Unternehmen – also Schwester-, Mutter- oder Tochtergesellschaften – sowie von Banken nicht als Einlagengeschäft anzusehen ist.

Die BaFin verneint den Tatbestand des Einlagengeschäfts, wenn bestimmte bankaufsichtsrechtlich anerkannte, der Art nach "bankübliche Sicherheiten" für die angenommenen Gelder bestellt werden, die dem Anleger im Einzelfall so bestellt werden, dass er sich im Sicherungsfall aus diesen Sicherheiten unmittelbar, d. h. ohne die rechtsgeschäftliche Mitwirkung Dritter, befriedigen kann. Dabei werden jedoch im Wesentlichen nur Bankbürgschaften, Bankgarantien und verpfändete Bankguthaben anerkannt.

Wann brauche ich eine Erlaubnis?

Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt, wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will. Die Erfüllung einer Alternative genügt, um die Erlaubnispflicht des Geschäfts zu begründen. Auf die Rechtsform des Unternehmens (natürliche Person, Personengesellschaft, juristische Person) kommt es dabei nicht an.

Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäfte werden bereits dann gewerbsmäßig betrieben, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Betreiber ihn mit der Absicht der Gewinnerzielung verfolgt. Auf die äußere Form kommt es nicht an. Für ein auf Dauer angelegtes Betreiben genügt es nach Auffassung der Rechtsprechung bereits, wenn Bankgeschäfte in ähnlicher oder gleicher Weise geschäftsmäßig wiederholt werden.

Lediglich ein einzelnes oder mehrere einzelne bei Gelegenheit vorgenommene Bankgeschäfte sind davon ausgenommen. Die Schwelle ist hier denkbar niedrig, bereits die zweite oder dritte typisierte Transaktion wird regelmäßig den Tatbestand des gewerblichen Bankgeschäfts erfüllen. Genau hier liegt das Gefahrenpotential, da den Beteiligten häufig gar nicht bewusst ist, dass sie bereits den Tatbestand der Gewerbsmäßigkeit verwirklichen. Auf eine positive Kenntnis kommt es in diesem Zusammenhang aber gerade nicht an.

Praxistipp

Die Vergabe und Entgegennahme von Gelddarlehen an/von Nicht-Banken sollte kritisch hinterfragt werden, sobald sich solche Transaktionen außerhalb der Konzernstruktur von verbundenen Schwester-, Tochter- oder Muttergesellschaften bewegen. Von Vermittlungsunternehmen als besonders lukrativ beworbene Anlage- und Finanzierungsmöglichkeiten sollten mit wachem Auge darauf geprüft werden, ob sie nicht den Tatbestand des (erlaubnispflichtigen) Bankgeschäfts verwirklichen. Zugleich sollte die eigene Finanzplanung auf gewährte/entgegengenommene Darlehen überprüft werden, die bei näherem Hinsehen den Tatbestand des gewerblichen Bankgeschäfts erfüllen. Sollte dies der Fall sein, ist unverzügliche Abwicklung dieser Transaktionen geboten.

Siegfried Weitzel
Rechtsanwalt

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GmbH-Geschäftsanteilsübertragungen nach MoMiG – Wirksamkeit der Auslandsbeurkundung in der Schweiz

Vor der Änderung des GmbHG durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) im November 2008 war es aufgrund relevanter Kostenvorteile gängige Praxis Geschäftsanteilsübertragungen in der Schweiz beurkunden zu lassen. Dabei wurde die Beurkundung zumindest in den schweizer Kantonen Basel-Stadt, Zürich-Altstadt und Zug als wirksam anerkannt.

Mit den erfolgten Änderungen des GmbHG bezüglich der Gesellschafterliste in § 40 GmbHG n.F. und der neu geschaffenen Möglichkeit zum gutgläubigen Anteilserwerb nach § 16 Abs. 3 GmbHG n.F., aber auch wegen der Änderung des schweizer Obligationenrechts, mit der das Erfordernis der notariellen Beurkundung von Geschäftsanteilsabtretungen abgeschafft wurde, ist die Diskussion um die Wirksamkeit solcher Auslandsbeurkundungen wieder voll entbrannt. Es mehren sich die Stimmen in der Literatur, die eine solche Auslandsbeurkundung für unwirksam und in der Konsequenz die Geschäftsanteilsübertragung wegen Formunwirksamkeit für nichtig halten (Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, 2009, Rz 531; Gerber, GmbHR 2010, S. 97 ff).

Nunmehr hat auch das LG Frankfurt a.M. in einem obiter dictum zum Ausdruck gebracht, dass es für Auslandsbeurkundungen anlässlich der geänderten Gesetzeslage keine Grundlage mehr sehe (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 7. Oktober 2009, Az. 3-13 O 46/09, GmbHR 2010, S. 96f.). Grund genug die bisherige Praxis kritisch zu hinterfragen und die aus der Gesetzesänderung resultierenden Risiken bei einer Beurkundung in der Schweiz aufzuzeigen.

1. Überblick über die Rechtslage vor MoMiG

Die Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen muss nach § 15 Abs. 3 GmbHG notariell beurkundet werden. Gesetzgeberische Intention dieser strengen Formvorschrift ist es den spekulativen Handel mit Geschäftsanteilen zu unterbinden, und den Nachweis der Übertragung zu vereinfachen. Maßgeblich bei der Abtretung von Geschäftsanteilen im Ausland ist wegen dem Gesellschaftsstatut allein das deutsche materielle Recht. Hiervon abzugrenzen ist die Frage der Wirksamkeit einer ausländischen Beurkundung, welche nach Art. 11 EGBGB zu entscheiden ist. Art. 11 EGBGB kennt dabei zwei maßgebliche Anknüpfungspunkte, zum einen das Geschäftsstatut und alternativ die Einhaltung der ausländischen Ortsform.

a) Für das Geschäftsstatut gilt, dass die inländische Formvorschrift des § 15 Abs. 3 GmbHG dann gewahrt ist, wenn diese Norm durch die Beurkundung des ausländischen Notars substituiert wird, also die Beurkundung durch einen ausländischen Notar der Beurkundung durch einen deutschen Notar gleichwertig ist. Dabei wurde von der Rechtsprechung zumindest bisher angenommen, dass bei Geschäftsanteilsübertragungen im Ausland die Beurkundung in den schweizer Kantonen Basel-Stadt, Zürich-Altstadt und Zug gleichwertig und damit formwahrend vorgenommen werden kann (Peters, Der Betrieb 2010, S. 98, mwN Fn 11 -13).

b) Bereits nach der alten Rechtslage war umstritten, ob auch die Einhaltung der ausländischen Ortsform ausreichend für eine formwirksame Geschäftsanteilsabtretung ist. Bisher tendierte die wohl überwiegende Auffassung (Bayer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Auflage, 2009, § 15 Rn 28, mwN Fn 6) auch hier zur Wirksamkeit, sofern bei vergleichbaren Gesellschaftsformen der ausländischen Rechtsordnung ein der Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen vergleichbares Rechtsgeschäft bekannt ist. Der BGH hatte zumindest angedeutet, dass eine dergestalt vorgenommene Abtretung wirksam sein könne (BGH, Urteil vom 4. November 2004, Az.: III ZR 172/03). Im Ergebnis konnte die Frage von den Gerichten meist offen gelassen werden, da regelmäßig eine Anknüpfung über das Geschäftsstatut möglich war.

2. Aktuelle Rechtslage nach MoMiG

Durch die bereits dargestellten Änderungen des GmbHG ist aus Sicht der Kritiker der Auslandsbeurkundung eine Fortführung der bisher gängigen Beurkundungspraxis in der Schweiz nicht mehr möglich.

a) Bei der - bisher anerkannten und daher praktisch bedeutenderen–Anknüpfung nach dem Geschäftsstatut ziehen die Kritiker nunmehr die Gleichwertigkeit der Beurkundung eines schweizer Notars mit dem Argument in Zweifel, dass dieser der in § 40 Abs. 2 GmbHG neu geschaffenen Mitteilungspflicht hinsichtlich der Gesellschafterliste nicht nachkommen könne. So argumentiert auch das LG Frankfurt a.M. (a.a.O.) in seinem obiter dictum, wenn es ausführt "der darin (§ 40 Abs. 2 GmbHG) aufgestellten Amtspflicht des an der Anteilsübertragung beteiligten Notars wird ein Baseler Notar wegen Fehlen von Amtsbefugnissen in Deutschland nicht nachkommen können."

Zudem sehen es die Kritiker insbesondere als problematisch an, dass die Gesellschafterliste wegen der nun gegebenen Möglichkeit zum gutgläubigen Anteilserwerb nach § 16 Abs. 3 GmbhG n.F als Rechtsscheinträger für den Erwerb vom Nichtberechtigten fungiere und fordern daher bei der Urkundsperson eine gesteigerte materiell-rechtliche Kenntnis des deutschen Gesellschaftsrechts.

Nicht nur bei organisationsrechtlichen Vorgängen sondern auch bei der dinglichen Übertragung von Geschäftsanteilen sei nunmehr eine Rechtsprüfung der Rechtsinhaberschaft erforderlich. Da ein schweizer Notar dieser – ihn ohnehin nicht treffenden – Amtspflicht aufgrund eingeschränkter Kenntnisse des deutschen Gesellschaftsrechts in der Regel nicht nachkommen kann, sei er keine gleichwertige Urkundsperson (Gerber, GmbHR 2010, S. 98).

Auch lasse sich der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/6140, S. 37) zum MoMiG entnehmen, dass zum Erreichen des gesetzgeberischen Ziels "Transparenz über die Anteilseignerstrukturen" bei den Bestimmungen zur Gesellschafterliste bisher noch bestehende Lücken bei der Auslandsbeurkundung geschlossen werden sollten. Daraus folgern die Kritiker der Auslandsbeurkundung, dass die fehlende Anzeigepflicht von ausländischen Notaren für von ihnen beurkundete Anteilsabtretungen durch die gesetzlichen Änderungen dergestalt unterbunden werden sollten, dass Auslandsbeurkundungen nun per se unwirksam seien.

Dieser Kritik kann im Ergebnis nicht zugestimmt werden. Denn eine materielle "Richtigkeitsgewähr" ist nicht Zweck der §§ 15 Abs. 3 iVm. 40 Abs. 2 GmbHG. Dies lässt sich bereits daran erkennen, dass ein deutscher Notar auch nach dem MoMiG nicht an allen Übertragungen von Geschäftsanteilen beteiligt ist, sondern etwa im Falle der Gesamtrechtsnachfolge oder bei der Zusammenlegung/Teilung von Geschäftsanteilen die Einreichungspflicht mit Haftungsdrohung allein die Geschäftsführer der Gesellschaft trifft (BT-Drucksache 16/6140, S. 44).

Dass deren Rechtskenntnis vom deutschen Gesellschaftsrecht die eines schweizer Notars deutlich übersteigt oder gar einem deutschen Notar gleichsteht kann nicht ernsthaft behauptet werden, gleichwohl ist die von ihnen eingereichte Liste ebenso Anknüpfungspunkt für den Erwerb vom Nichtberechtigten (Engel, DStR 2008, 1598).

Ohnehin wäre es auch verfehlt sich vorliegend auf die fehlende Amtspflicht eines ausländischen Notars zu berufen, denn auch wenn § 40 Abs. 2 GmbHG eine solche unstreitig nicht begründen kann, besteht gleichwohl die tatsächliche Möglichkeit für den ausländischen Notar, die Liste zum Handelsregister einzureichen. Selbst wenn dies unterbleibt kommt als Auffangtatbestand § 40 Abs. 1 S.1 GmbHG zum tragen, die Gesellschafterliste wäre somit zumindest von den Geschäftsführern einzureichen.

Systematisch darf man zudem nicht aus den Augen verlieren, dass die Pflicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste nicht in § 15 Abs. 3 GmbHG angeordnet ist und es sich um einen – dem eigentlichen Beurkundungsvorgang lediglich – nachgelagerten Vorgang handelt, der sich nicht auf die Wirksamkeit der Beurkundung auswirken kann (Peters, Der Betrieb 2010, 100). Insofern sind Beurkundungserfordernis und Einreichung der Gesellschafterliste streng zu trennen. Dafür spricht auch, dass § 15 Abs. 3 GmbHG–und damit die wesentlichen materiellen Kriterien, an denen sich die Gleichwertigkeit des Beurkundungsvorgangs in der Schweiz messen lassen muss - durch das MoMiG keine Änderung erfahren hat.

Auch Sinn und Zweck  des MoMiG eignen sich nur bedingt als Wertungsmaßstab für die Wirksamkeit von Auslandsbeurkundungen. Denn eins der Hauptziele – vielleicht sogar das Hauptmotiv – des MoMiG ist, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der GmbH zu sichern (BT-Drucksache 16/6140, S. 1). Wenn die – gerade von ausländischen Investoren häufig genutzte – Möglichkeit zur Kostenersparnis im Wege der Auslandsbeurkundung hier durch ein Primat des deutschen Notars vernichtet würde, stünde dies im absoluten Widerspruch zur eigentlich bezweckten "Aufhübschung" der GmbH im internationalen Rechtsformwettbewerb.

b) Umstritten bleibt, ob auch die Einhaltung der ausländischen Ortsform zu einer wirksamen Beurkundung führt. Mit der Änderung des Obligationenrechts – konkret Art. 785 OR – ist für die Schweiz das Erfordernis der notariellen Beurkundung von Geschäftsanteilsabtretungen entfallen, ausreichend ist jetzt eine privatschriftlich vorgenommene Abtretung. Dies bestärkt die Kritiker in der Annahme, dass die Einhaltung der ausländischen Ortsform als nicht mehr als ausreichend für eine wirksame Übertragung nach § 15 Abs. 3 GmbHG betrachtet werden könne.

Ihnen wird entgegenhalten, dass die Änderung des § 785 OR keine nennenswerten nachteiligen Auswirkungen im Hinblick auf den Schutzzweck des § 15 Abs. 3 GmbHG entfaltet. So sei ein spekulativer Handel mit privatschriftlich in der Schweiz abgetretenen deutschen GmbH-Geschäftsanteilen bereits deshalb nicht zu erwarten, da eine Auslandsbeurkundung einen nicht unerheblichen Aufwand bedeute (Engel, DStR 2008, S. 1596 Ziffer 2.1.3).

Dieses Argument überzeugt jedoch nicht, da ein Festhalten an dem Einhalten der Ortsform auch nach der Reform des schweizer Obligationenrechts eine missbräuchliche Umgehung des § 15 Abs. 3 GmbHG erheblich erleichtern würde. Erachtet man die Ortsform der Schweiz für eine wirksame Abtretung nach § 15 Abs. 3 GmbHG für ausreichend, könnte im privatschriftlichen Abtretungsvertrag unkontrolliert der Abschlussort eingesetzt und auch der Zeitpunkt der Abtretung nach Belieben vor- oder rückdatiert werden (Bayer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Auflage, 2009, § 15 Rn 28).

Ergebnis

Die Beurkundung der Geschäftsanteilsabtretung in der Schweiz bleibt wirksam, zumindest in den Kantonen, in denen sie auch bisher schon anerkannt war (Basel-Stadt, Zürich-Altstadt, Zug). Auch wenn nach der Änderung des Obligationenrechts in der Schweiz selbst nun auch privatschriftliche Geschäftsanteilsabtretungen zulässig sind, sollte gleichwohl eine – weiterhin unproblematisch mögliche – notarielle Beurkundung erfolgen, um die durchgreifenden Missbrauchsbedenken hinsichtlich der äußerst umstrittenen ausländischen Ortsform zu entkräften und die Beurkundung nach § 15 Abs. 3 GmbHG wie bisher an das Geschäftsstatut und damit das Merkmal der Gleichwertigkeit der Beurkundung anknüpfen zu lassen.

Siegfried Weitzel
Rechtsanwalt

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Honorar beim Bauen im Bestand nach der Novellierung der HOAI (Handwerklicher Fehler oder Sturm im Wasserglas?)

Aus dem Inhalt:

In der Bau- und Immobilienwirtschaft konnte in den letzten Jahren ein stetiger Rückgang von Neubauimmobilien verzeichnet werden. Dem steht ein Anwachsen des Umbauvolumens gegenüber. In vielen Städten der Bundesrepublik ist also die so genannte Revitalisierung von Bestandsimmobilien im Vergleich zum Neubau in den Vordergrund gerückt. Daher wurde im Rahmen der HOAI-Novellierung sowohl in der Bauherrn- als auch der Architektenschaft die Neuregelungen zum Bauen im Bestand mit Spannung erwartet...

Dieser Fachbeitrag steht Ihnen auf dem Portal www.werner-baurecht.de kostenlos zur Verfügung.

Frank Siegburg
Rechtsanwalt

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Health Care – Immobilien Due Diligence Prüfungen bei Spezialimmobilien

Health Care- bzw. sogenannte Sozialimmobilien haben sich in jüngster Zeit als eigene Assetklasse etabliert. Sie sind zunehmen in den Fokus vor allem institutioneller Investoren gerückt. Ursache hierfür ist, dass sich die Health-Care-Branche mit einem Anteil von 10,5 Prozent am deutschen Bruttoinlandsprodukt und Gesamtausgaben von 263 Milliarden Euro zu einem der wichtigsten Wirtschaftssektoren in Deutschland entwickelt hat.

Zudem erweist sich die Branche mit Blick auf die Demografische Entwicklung des Landes als krisensicher. Nach der jüngsten Bevölkerungsberechnung des Statistischen Bundesamtes wird die Zahl der 60-Jährigen und Älteren bis 2030 um rund 38 Prozent und die der über 80-Jährigen vermutlich sogar um 73 Prozent steigen. Durch diese veränderten Gesellschaftsstrukturen wird sich ein zusätzlicher Nachfragedruck für die entsprechenden Immobilien noch erhöhen.

Due Diligence Prüfungen für solche Spezialimmobilien unterscheiden sich in einigen Punkten erheblich von solchen für klassische Gewerbeimmobilien. Der Betreiber der Immobilie sowie die betriebliche Konzeption rücken in den Vordergrund der Bewertung. Es ist ferner u.a. der Bedarf und der Mitbewerb im Einzugsgebiet der Immobilie von Bedeutung. Insoweit ist auch von "Betreiberimmobilien" die Rede. Einrichtung der Pflege oder Wohnanlagen für Senioren müssen bestimmten rechtlichen Anforderungen entsprechen, die unmittelbar mit der konkreten Nutzung zusammenhängen. Sie erhalten daher im Gegensatz zu klassischen Immobilien ihre Wertschöpfung erst durch den geführten Betrieb.

Gerade die Einhaltung dieser rechtlichen Anforderungen ist Bestandteil ein rechtlichen Due-Diligence-Prüfung. Es werden wohl kaum noch Transaktionen durchgeführt, bei denen der Käufer im Vorfeld keine intensive Due-Diligence-Prüfung anstellt. Spätestens die finanzierende Bank wird jedenfalls die Vorlage eines Berichtes erwarten.

Frank Siegburg
Rechtsanwalt

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