Kopplungsverbot und öffentlicher Planungswettbewerb Geltung des Kopplungsverbots auch für Erbbaurechte?

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 28.06.2017 – VII Verg 2/17 zu den beiden vorgenannten Fragen Stellung bezogen. Es ging um die Vergabe des Auftrages zur Erbringung von Bauleistungen im Rahmen eines Investorenwettbewerb/Museum Blockrandbebauung Verbindungsbauwerk u.a.

Dabei ging es um die Bebauung von Grundstücken, für die ein Erbbaurecht bestellt worden war. Der Auftragnehmer sollte die beiden Teilerbbaurechte erwerben und einen Gebäudekomplex sowie den Erweiterungsbau des Museums auf diesen errichten. Das Museum sollte anschließend zu Eigentum an den Auftraggeber zurückübertragen werden. Das verbleibende zweite Erbbaurecht mit der aufstehenden Wohn- und Geschäftsbebauung sollte der Auftragnehmer dagegen wirtschaftlich nutzen und verwerten können.

Hinsichtlich der Gestaltung des Gebäudekomplexes sowie des Inneren des Museumsbaus wurde dem Auftragnehmer vorgegeben, mit den aus dem vorangegangenen Architektenwettbewerb hervorgegangenen Preisträger einen Vertrag gem. § 34 Abs. 3 HOAI 2013, Leistungsphase 1 bis 5 sowie hinsichtlich der künstlerischen Oberleitung zu schließen. Die Gestaltung und Nutzung im Inneren des Wohn- und Geschäftshauses wurde ihm freigestellt.

Dagegen wandte sich eine der Beteiligten aus dem Vergabeverfahren. Dies nahm das Oberlandesgericht Düsseldorf in II. Instanz zum Anlass, sich zu der Frage zu äußern, inwieweit die Bindung an einen bestimmten Architekten einen Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 10 § 3 MRVG (Kopplungsverbots) darstellt.

1.

Zunächst einmal war zu entscheiden, ob Art. 10 § 3 MRVG überhaupt für Erbbaurechte gilt. Dies wurde von dem Oberlandesgericht Düsseldorf bejaht. Zwar bezieht sich Art. 10 § 3 MRVG dem Wortlaut nach nicht auf den Erwerb eines Erbbaurechtes. Der Senat geht aber aufgrund des Ablaufes des Gesetzgebungsverfahrens davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das Problem unabsichtlich aus dem Blickfeld geraten sei. Dementsprechend sei eine auslegungsbedürftige Gesetzeslücke vorhanden. Die geboten Auslegung ergebe, dass auch das Erbbaurecht als grundstücksgleiches Recht vom Kopplungsverbot erfasst werde. Die Wahlfreiheit des Bauwilligen und der Wettbewerb unter den Architekten und Ingenieuren sei ebenso schutzbedürftig, wenn das Grundstück nicht zu Eigentum erworben werde, sondern stattdessen ein Erbbaurecht übertragen werde. Das Kopplungsverbot erfasse deshalb auch Fälle, in denen nicht Eigentum, sondern nur das Erbbaurecht übertragen werde.

2.

Im Weiteren setzt sich das Oberlandesgericht Düsseldorf dann mit der Frage auseinander, ob das Kopplungsverbot auch dann zur Anwendung kommt, wenn der vertraglichen Bindung an die Leistungen eines bestimmten Architekten ein öffentlicher Planungswettbewerb vorausgegangen ist. Dies wird von dem Senat abgelehnt. Insoweit verweist er darauf, dass der Bundesgerichtshof bis zu seiner Entscheidung aus dem Jahre 2008 ein sehr weites Verständnis des Kopplungsverbotes gehabt habe. Art. 1043 MRVG werde in der neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechungen allerdings zunehmend enger ausgelegt als zuvor.

In dem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung aus dem Jahre 2010 (BGH Urt. v. 22.07.2010, BGHZ 186, 314) ausgeführt, dass eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift im Grundsatz dahin möglich ist, dass von dem Kopplungsverbot die Fälle nicht erfasst werden, bei denen die Bindung an den Preisträger eines öffentlichen Architektenwettbewerbs erfolgte. Dem schließt sich das Oberlandesgericht Düsseldorf an. Es führt im Weiteren aus, dass der Gesetzgeber nicht solche Fälle vor Augen hatte, bei denen der Grundstückserwerber nach einem durchgeführten Planungswettbewerb als Bauherr und Investor tätig wird und sogar einen Teil des zu errichtenden Bauwerks bzw. das bebaute Teilbaurecht gegen Zahlung eines festen Kaufpreises an den Veräußerer zurückübertrage. Eine fachfremde maklerähnliche Tätigkeit des Architekten, die Ausgangspunkt für die Schaffung des Art. 10 § 3 MRVG gewesen sei, werde von dem Architekten nicht ausgeübt.

Letztendlich hat der Senat es allerdings dahinstehen lassen, ob ein Verstoß gegen das Kopplungsverbot vorliegt oder nicht, weil im Rahmen des Vergabeverfahrens andere Mängel vorlagen, die ein Zurückversetzen des Vergabeverfahrens in den Stand vor der Vergabebekanntmachung rechtfertigen.

Fazit:

Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf ist ein weiterer Meilenstein im Rahmen der Auslegung von Art. 10 § 3 MRVG. Das Gericht folgt dem Trend, das Koppelungsverbot zunehmend einschränkend auszulegen. Damit wird letztendlich auch den Interessen der Architekten und Ingenieure Rechnung getragen, die sich ansonsten gegenüber Bauträgern durch Art. 10 § 3 MRVG stark benachteiligt sehen.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
2. Januar 2018



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§ 642 BGB: Welche Kosten sind als angemessene Entschädigung zu ersetzen?

BGH-Urteil v. 26. Oktober 2017, AZ: VII ZR 16/17

Der Bundesgerichtshof hat sich in der vorgenannten Entscheidung zu 2 Gesichtspunkten im Rahmen der Berechnung von Entschädigungsansprüchen nach § 642 BGB geäußert.

1.

Einmal ging es um die Frage, ob ein Auftragnehmer von dem Besteller gem. § 642 BGB einen Ausgleich für gestiegene Lohn- und Materialkosten verlangen kann, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs des Bestellers infolge Unterlassens einer ihm obliegenden Mitwirkungshandlung, aber erst nach dessen Beendigung anfallen.

Hierzu hat der Senat ausgeführt, dass nach dem Wortlaut und einer systematischen Auslegung der Norm davon auszugehen sei, dass als zeitliches Kriterium für die Berechnung der Entschädigungshöhe nach dem Wortlaut des § 642 Abs. 2 BGB nur auf die Dauer des Verzugs abzustellen sei, nicht jedoch auf dessen Auswirkungen im weiteren Bauablauf. Dieser Umstand bilde ein gewichtiges Indiz dafür, dass eine Entschädigung nach § 642 BGB auch nur für die Dauer des Annahmeverzugs beansprucht werden kann. Das bedeutet, so der Bundesgerichtshof, dass die angemessene Entschädigung nach § 642 BGB für die Wartezeiten des Unternehmers gezahlt werde und eine Kompensation für das Bereithalten von Personal, Geräte und Kapital darstellen soll. Dagegen sind Mehrkosten, die dadurch anfallen, dass sich die Ausführung der Leistung des Unternehmers, z.B. aufgrund von Lohn- und Materialkostensteigerungen verteuert, weil sie wegen des Annahmeverzuges des Bestellers infolge Unterlassens einer ihm obliegenden Mitwirkungshandlung zu einem späteren Zeitraum ausgeführt werden, nicht Gegenstand einer Entschädigung nach § 642 BGB sind.

Nach den Ausführungen des erkennenden Senates ist dies auch nicht unbillig. Der Unternehmer kann, wenn Mitwirkungsverpflichtungen des Bestellers als selbständige Nebenpflichten auszulegen sind, die ihm entstehenden Mehrkosten aus dem Gesichtspunkt des Verzuges nach §§ 280, 286 BGB ersetzt verlangen oder ggf. dann, wenn ein Festhalten am Vertrag in unveränderter Form unzumutbar ist, eine Vergütungsanpassung nach § 313 BGB verlangen.

2.

In seiner Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof ferner klar, dass bei der Bemessung der Entschädigung gem. § 642 Abs. 2 BGB die „Höhe der vereinbarten Vergütung“ zu berücksichtigen ist, die auch den in dieser Vergütung enthaltenen Anteil für Gewinn, Wagnis und allgemeine Geschäftskosten einschließen kann. Gerade bei der Ermittlung der Entschädigungshöhe sei dabei eine Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO möglich. Hiervon zu unterscheiden sei, so der Senat, der nicht von dem Anspruch gem. § 642 BGB umfasste anderweitig „entgangene Gewinn“, der nur im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs erstattet verlangt werden kann (§ 252 BGB).

Fazit:

Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof zu 2 umstrittenen Punkten im Rahmen der Berechnung Entschädigung gem. § 642 BGB eine Positionierung vorgenommen. Sie ist für die weitere Behandlung solcher Ansprüche in der Praxis daher wichtig.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
6. Dezember 2017

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