Abnahmeprotokoll: Heimtückische Verjährungsfalle

„Vereinbarungen zur Verjährung können auch im Abnahmeprotokoll getroffen werden“. So oder so ähnlich kann man es überall lesen (Dölle in Werner/Pastor Der Bauprozess Rn. 2821). Warum auch nicht. Schließlich gibt es jedenfalls keine gesetzliche Vorschrift, die dem entgegenstehen würde. Vereinbarungen zur Verjährung sind – wenn der Vertrag nichts anderes vorschreibt - ohnehin formfrei. Es gibt auch keine Vorschrift, dass in einem Abnahmeprotokoll nur bestimmte Erklärungen zur Abnahme oder Vorbehalte (Mängel oder Vertragsstrafen) enthalten sein dürften. Und dennoch entsteht immer wieder Streit darüber, ob Angaben zu Beginn, Dauer oder Ende der Verjährung in einem Abnahmeprotokoll überhaupt eine Vereinbarung darstellen. Die Obergerichte sind da sehr schnell und radikal in ihrer Auffassung: Enthält ein Abnahmeprotokoll, das von beiden Vertragsparteien unterzeichnet ist, solche Angaben, so stellt das eine Vereinbarung dar, die abweichende Regelungen im Vertrag bindend modifiziert (OLG Düsseldorf, IBRRS 2017, 0701; OLG Braunschweig, BauR 2013, 970; OLG München, NJW-RR2010, 824; so auch Moufang, BauR 2017, 1253). Dem hat sich nun jüngst auch das OLG Bamberg angeschlossen (Urteil vom 26.6.2018 -5 U 99/15 n.v.;  dazu Wenkebach, Werkstattbeitrag ibr-online: IBR 2018, 3113).

Ich habe Zweifel daran, dass die Entscheidungen richtig sind. In den ausgeurteilten Fällen haben die Parteien -soweit ersichtlich- nicht über Verjährungsfragen bei der Abnahme gesprochen. Insbesondere hat man nicht etwa Bedenken an der Qualität der Arbeit durch eine verlängerte Verjährungsfrist Rechnung getragen. Ob der Vertragspartner, der die abweichende Verjährungsregelung in das Protokoll eingebracht hat, sich selbst überhaupt bewusst war, dass er hier den Vertrag ändert, ist schon zweifelhaft. Erstrecht erscheint es aber fragwürdig, ob er die Unterschrift des anderen Vertragspartners dahin verstehen durfte, dass dieser mit einer Änderung der Verjährungsregelung einverstanden ist, wenn eine solche bei der Abnahme überhaupt nicht zur Debatte stand. In einem von mir geführten Rechtsstreit ist mir das LG Köln in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darin gefolgt, dass man das gerade in einem solchen Fall nicht annehmen könne. Die Sache wurde verglichen, so dass die Kammer keine Gelegenheit hatte, sich in einem Urteil dazu zu äußern.

Zu derartigen „Einträgen“ in Abnahmeprotokollen kommt es nicht selten dadurch, dass Formulare verwendet werden, die die Eintragung eines Datums für Anfang und Ende der Verjährung von Mängelansprüchen vorsehen. Freilich sehen diese Formulare jeweils nur die Eintragung eines Datums vor und nehmen damit schon keine Rücksicht auf differenzierende individuelle Vereinbarungen des Bauvertrages mit unterschiedlichen Fristen für bestimmte (Teil-) Gewerke. Aber auch ohne solche individuellen Regelungen des Bauvertrages kommt man beim VOB-Vertrag nicht mit einem Datum aus. Das betrifft nicht nur die Fälle mit gesonderter Verjährungsfrist gemäß § 13 Abs.4 Nr. 1 und 2 VOB/B, sondern auch die Fälle des § 13 Abs. 7 Nr. 4 (gesetzlich Verjährungsfrist bei versicherten oder versicherbaren Schäden) an die ohnehin niemand bei der Abnahme denkt.

Man wird im Einzelfall zu prüfen haben, ob (noch) eine Anfechtung wegen Irrtums gemäß § 119 BGB in Betracht kommt, wenn die Bestimmung im Abnahmeprotokoll nachteilig und abweichend von der günstigeren Regelung nach Gesetz oder Vertrag ist.

Den Vertragspartnern ist jedenfalls dringend anzuraten, ein Abnahmeprotokoll sorgfältig und vollständig zu lesen, bevor man es unterschreibt und im Zweifel auf Bestimmungen zu Verjährungsfristen zu verzichten. Schließlich ist niemand gezwungen anlässlich der Abnahme dazu neue Regelungen zu vereinbaren oder bestehende zu bestätigen.

Der Berater ist gehalten, auch das Abnahmeprotokoll daraufhin zu prüfen, ob es vom Vertrag abweichende Verjährungsvereinbarungen enthält.


Ulrich Dölle
Rechtsanwalt
24. Juli 2018

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Die familienrechtlichen Auswirkungen einer längeren Versöhnung der Eheleute nach einer Trennung

Nicht selten versuchen Eheleute nach einer Trennung oder sogar noch während eines laufenden Scheidungsverfahrens, ihre Ehe zu retten, und versöhnen sich für eine Weile wieder. Um die Eheleute nicht von solchen – vom Gesetzgeber offenbar gewünschten – Versuchen künstlich abzuhalten, sieht das Gesetz vor, dass das Trennungsjahr nicht von einem Zusammenleben über „kürzere Zeit“ unterbrochen wird (§ 1567 Abs. 2 BGB). Die Obergrenze, innerhalb der es sich noch um eine „kürzere Zeit“ handelt, beträgt nach der Rechtsprechung drei Monate des erneuten Zusammenlebens...

https://blog.otto-schmidt.de/famrb/2018/07/20/die-familienrechtlichen-auswirkungen-einer-laengeren-versoehnung-der-eheleute-nach-einer-trennung/

 

Dr. Susanne Sachs
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin
23. Juli 2018

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Vorsicht, auch ohne Architektenvertrag kann der Architekt haften

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in seinem Urteil vom 09.04.2015, Aktzeichen 2 U 85/14 (Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde am 10.01.2018 vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen) ausgeführt, dass eine Haftung eines Architekten gemäß § 311 Abs. 3 BGB auch dann angenommen werden kann, wenn zwischen dem Architekten und dem Bauherrn kein Vertrag abgeschlossen wurde.

Hintergrund war, dass die Bauherren einen Vertrag mit einem Bauunternehmer geschlossen hatten. Dieser war mit der Planung und Ausführung des Bauvorhabens beauftragt. Im Auftrag des Unternehmers, erstellte der Architekt nach den Wünschen der Bauherren die Pläne. Der Architekt war auch im Rahmen der Durchführung des Bauvorhabens vor Ort. Streitig war zwischen Bauherren und Architekt, ob letzterer als Bauleiter tätig wurde. In jedem Falle ergab sich jedoch aus dem unstreitigen Sachverhalt und der Beweisaufnahme, dass der Architekt allenfalls im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmer als Bauleiter tätig wurde. Einen Vertrag zwischen Bauherren und Architekt gab es dagegen nicht. Dennoch wurde der Architekt in einem Rechtsstreit in beiden Instanzen (Landgericht und Oberlandesgericht) auf Zahlung von Schadensersatz an den Bauherrn verurteilt. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens hatte sich herausgestellt, dass der Keller des neu errichteten Hauses undicht war.

Anspruchsgrundlage für die Verurteilung war § 311 Abs. 3 BGB. Danach kann ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte im besonderen Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

Nach Ausführungen des Oberlandesgerichtes Frankfurt habe – so das Beweisergebnis – der Architekt besonderes Vertrauen in Anspruch genommen, als im Vorfeld der Errichtung des Kellers von dem Bauherrn Bedenken geäußert worden seien, weil der Keller nicht, wie vereinbart betoniert, sondern nur gemauert wurde. Der Architekt habe erklärt, der Bauherr brauche sich keine Sorgen zu machen, er sei versichert und übernehme sowieso die Haftung. Der Architekt habe zugunsten des Mauerwerks angeführt, dass dies wärmer sei, als Beton und der Schallschutz besser sei. Er habe betont, er sei Fachmann und dadurch habe er bei den Bauherren Vertrauen in seine Fachkunde begründet. Dadurch, dass er erklärt habe, es sei in Ordnung, dass der Keller nicht betoniert würde, selbst wenn keine Drainage erstellt würde, habe er das Vertrauen der Kläger dahingehend begründet, dass entgegen der vertraglichen Vereinbarung eine gleichwertige Ausführung erfolgen würde. Der Architekt habe auch weiterhin Vertrauen darauf begründet, dass er im Baugeschehen als Bauleiter Einfluss auf die Ausführung der Arbeit nehmen würde. Dies gälte – so das Gericht - unabhängig von der Frage, ob er von dem Unternehmer überhaupt mit der Bauleitung beauftragt war oder nicht. Entscheidend sei, dass er faktisch die Aufgaben der Bauüberwachung und Baubetreuung wahrgenommen habe und dadurch ein entsprechendes Vertrauen begründet wurde. Es sei unüblich, dass jemand im Rahmen seiner beruflichen Qualifikation nach Abschluss des eigentlichen Auftrages (hier Entwurfsplanung) ohne weitere vertragliche Absprache und ohne erkennbaren Grund, Tätigkeiten entfalte.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes Frankfurt führte das vom Architekten begründete Vertrauen auch zu einer erheblichen Beeinflussung von Vertragsverhandlungen. Dabei geht der Senat davon aus, dass Vertragsverhandlungen nicht nur die Verhandlungen zum Abschluss des übergeordneten Schuldverhältnisses sind, sondern alle Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, eine vertragliche Einigung herbeizuführen. Deshalb steht der Anwendung des § 311 Abs. 3 BGB nicht entgegen, dass der eigentliche Bauwerksvertrag bereits abgeschlossen war, als der Architekt tätig wurde. Das Gericht stellt in dem Zusammenhang darauf ab, dass der Architekt, als von den Bauherren gerügt wurde, dass anstelle des vertraglich vereinbarten Betonkellers nunmehr gemauerte Wände erstellt wurden, zugunsten des Unternehmers Verhandlungen führte, mit dem Ziel, die Bauherren zu einer Änderung der bauvertraglichen Vereinbarungen bzgl. des Kellergeschosses zu bewegen. Diese ließen sich darauf ein.

Im Weiteren habe der Architekt dann das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt, sondern habe es unterlassen daraufhin zu wirken, dass eine ordnungsgemäße Abdichtung in Form einer schwarzen Wanne erfolgte. Statt auf die Unregelmäßigkeiten bei der Abdichtung hinzuweisen, habe er eine Rohbaufertigstellungsanzeige im Namen der Unternehmung erstellt und unrichtigerweise bestätigt, dass der Rohbau und damit auch der Keller nach den technischen Baubestimmungen errichtet worden sei. Die eingetretenen Schäden seien Folge der Entscheidung für einen gemauerten Keller und der unterbliebenen Mängelrüge im Hinblick auf das in den Architekten gesetzte Vertrauen.

Hinweis
In der Regel haftet der Architekt dem Bauherrn nicht unmittelbar, wenn er mit diesem kein Vertrag geschlossen hat. Besteht nur ein Vertrag zwischen Bauherrn und Unternehmen sowie Unternehmen und Architekt, dann kann der Architekt nur durch den Unternehmer in Anspruch genommen werden. Der vorliegende Fall ist eine Ausnahme. Sie zeigt allerdings, dass bei den Tätigkeiten des Architekten Vorsicht geboten sein kann. Insbesondere gilt dies für Bemerkungen gegenüber dem Bauherrn, die diesen zu Vertragsänderungen mit dem Unternehmer bewegen können. Allerdings muss für eine Inanspruchnahme durch den Bauherrn in jedem Falle ein besonderes Vertrauen des Bauherrn in die Ausführungen des Architekten begründet worden sein.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
6. Juli 2018

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Der Maschendrahtzaun - Auch eine Glosse

Fast 20 Jahre nach Barbara Salesch und Stefan Raab ist der Maschendrahtzaun zum wiederholten Male auch Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung geworden. In Zeiten, in denen große Teile der Bevölkerung in sozialen Netzwerken ihr (Privat-) Leben in den banalsten Details vom morgendlichen Aufwachen bis zur nächtlichen Einschlafphase lückenlos einer mehr oder weniger breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, mag es erstaunen, aber der Hang, den freien Blick des Nachbarn auf das eigene Gartengrundstück zu unterbinden, scheint sich massiv zu verbreiten. Davon zeugt allein das breite Angebot an mannshohen Elementen zur blickdichten Einfassung von Grundstücken, das von Bau- und Gartenmärkten feilgeboten wird. Da hat es der gemeine Maschendrahtzaun nicht leicht, sich zu behaupten. Ihm geht es ähnlich, wie dem Gartenzwerg, der sich seinerseits gegen allerlei dekorative Konkurrenz vom sprudelnden Stein, über die metallen glänzende Kugel bis zum Solarleuchtenspieß erwehren muss.
In der Rechtsprechung ist die Frage, ob es einen Abwehranspruch aus § 1004 BGB gegen hässliche oder gar gehässige Gartengestaltungen seitens des Nachbarn gibt auch schon erörtert und vereinzelt bejaht worden (z.B.: AG Münster NJW 1983, 2886 gegen BGH NJW 1975, 170 ). Ja sogar die Möglichkeit einer darin liegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des in seinem ästhetischen Empfinden beeinträchtigten Nachbarn wurde diskutiert (Vgl. Künzel, NJW 1984, 774).

All das muss aber den Maschendrahtzaun (richtiger natürlich allgemein die vorhandene Grundstückseinfriedung, aber eben oft ein Maschendrahtzaun) nicht kümmern. Sein Bestandsschutz richtet sich nicht nach der Frage der Zulässigkeit „ideeller Immissionen“. Er findet seinen Halt vielmehr in den Vorschriften der §§ 921, 922 BGB:

§ 921

Gemeinschaftliche Benutzung von Grenzanlagen

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

§ 922

Art der Benutzung und Unterhaltung

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.
In seiner jüngsten Entscheidung (Urt. v. 20.10.2017 – V ZR 42/17, ZfIR 2018, 320) zu dieser Thematik hatte der BGH (vereinfacht) folgenden Fall zu entscheiden:
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke, die durch einen Maschendrahtzaun mit einer Höhe von 0,65 m bis 1,07 m getrennt werden, der in seinem Verlauf die Grundstücksgrenze schneidet. Die Mieter des Grundstücks des Beklagten errichteten unmittelbar hinter dem Maschendrahtzaun ohne Zustimmung der Kläger einen zunächst elf Meter langen, später auf zwanzig Meter verlängerten Holzflechtzaun mit einer Höhe von 1,80 m.

Mit der nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens erhobenen Klage verlangen die Kläger die Beseitigung des Holzflechtzauns. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, wollen die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.
Der BGH gibt den Klägern Recht und entscheidet:

  1. Bei einer schon länger bestehenden Einrichtung, die sich wegen ihrer Vorteilhaftigkeit für beide Seiten objektiv als Grenzeinrichtung darstellt, spricht eine Vermutung dafür, dass sie mit dem Willen beider Nachbarn errichtet worden ist.
     
  2. Das Erscheinungsbild einer Grenzeinrichtung ist Bestandteil ihrer Zweckbestimmung und kann von der ihr immanenten Ausgleichsfunktion zwischen den Interessen der Grundstücksnachbarn nicht getrennt werden. Es kann daher ohne Zustimmung des Nachbarn nicht verändert werden (Bestätigung von Senat, Urteil vom 23.11.1984 - V ZR 176/83, NJW 1985, 1458).

Der BGH stellt fest, dass es sich bei dem Maschendrahtzaun um eine Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 BGB handelt, denn die Anlage werde von der Grenzlinie (nicht notwendigerweise in der Mitte) geschnitten, werde von beiden Grundstücken genutzt und sei unter Zustimmung beider Nachbarn bzw. ihrer Rechtsvorgänger als Grenzanlage errichtet worden. Auch wenn zu Letzterem keine konkreten Erkenntnisse mehr vorlägen, so streite doch mindestens eine im Rechtsstreit nicht erschütterte tatsächliche Vermutung für diesen übereinstimmenden Willen der (früheren) Nachbarn.

Anders als nach Auffassung des Berufungsgerichts ergäbe sich die mit einer Grenzeinrichtung verbundene Zweckbestimmung bereits aus deren objektiver Beschaffenheit, die sich nicht von optisch-ästhetischen Gesichtspunkten trennen lasse. Die Grenzeinrichtung sei in ihrer gesamten Beschaffenheit durch § 922 S. 3 BGB geschützt und nicht nur hinsichtlich ihrer Substanz.

Das entspricht der früheren Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH Urt. v. 23.11.1984 – V ZR 176/83, NJW 1985, 1458), geht aber in einem Punkt noch darüber hinaus: Da das Erscheinungsbild als Teil der Zweckbestimmung anzusehen ist, kommt es nicht auf den Nachweis an, welche Beschaffenheit der Grenzeinrichtung im konkreten Einzelfall zwischen den Nachbarn ausdrücklich oder konkludent vereinbart war, was im vorliegenden Fall ja auch nicht feststellbar war.

Der Maschendrahtzaun genießt also Bestandsschutz und kann gem. §§ 921, 922 S.3 i. V. m. § 1004 BGB ohne Zustimmung des Nachbarn auch in seinem äußeren Erscheinungsbild nicht verändert werden.
Die BGH-Entscheidung zeichnet sich durch eine subtile Begründung mit zahlreichen Zitaten aus Rechtsprechung und Literatur aus und erfüllt höchste wissenschaftliche Ansprüche. Sie wird damit der herausragenden Bedeutung des Falles für die Parteien und die Allgemeinheit gerecht. Dass in Anbetracht der Komplexität der Sach- und Rechtslage ein Schlichtungsversuch scheitern musste, lag auf der Hand, auch wenn der Gesetzgeber mit der obligatorischen Schlichtung eigentlich doch die Justiz von Streitigkeiten dieser Art entlasten wollte (§ 53 JustG NRW).

Welche über den Gartenzaun hinausgehende Erkenntnis lässt sich dem Fall entnehmen?

Der Schutz der Außengrenzen gelingt nur im Einvernehmen mit dem, der jenseits der Grenze wohnt.

Ulrich Dölle
Rechtsanwalt
6. Juli 2018

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Pflichtteilsergänzungsansprüche bei Zuwendungen unter Ehegatten (BGH v. 14.3.2018 – IV ZR 170/16)

Wird eine pflichtteilsberechtigte Person (Abkömmlinge, Ehegatten, Eltern) durch eine letztwillige Verfügung enterbt, steht dieser Person ein Pflichtteilsanspruch gegen den oder die Erben zu. Bei dem Pflichtteilsanspruch handelt es sich um einen reinen Geldanspruch, der sich gegen die Erben richtet. Er beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils...

https://blog.otto-schmidt.de/famrb/2018/07/02/pflichtteilsergaenzungsansprueche-bei-zuwendungen-unter-ehegatten-bgh-v-14-3-2018-iv-zr-17016/

 

Dr. Susanne Sachs
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin
6. Juli 2018

 

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