5-jährige Haftung des Ingenieurs für Planung einer integrierten Photovoltaikanlage

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10. Januar 2019, AZ. VII ZR 184/17 ausgeführt, dass die 5-jährige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB bei der Erbringung von Planungs- und Überwachungsleistungen für den Einbau einer in die Fassade integrierten Photovoltaikanlage im Rahmen einer grundlegenden Umgestaltung eines Bürogebäudes in ein Studentenwohnheim anwendbar ist. 

Im Einzelnen führt der Bundesgerichtshof hierzu aus:

„Die 5-jährige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB findet bei einem Bauwerk und einem Werk Anwendung, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht. Von derartigen Planungs- und Überwachungsleistungen ist dabei nicht nur bei der Neuerrichtung eines Bauwerks, sondern auch bei einer grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes auszugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind unter einer grundlegenden Erneuerung Arbeiten zu verstehen, die insgesamt einer vollständigen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten sind. Erfasst sind auch Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden sind. Für die Annahme einer Planungs- und Überwachungsleistung bei einem Bauwerk ist neben der Bestimmung zur dauernden Nutzung die für Bauwerke typische Risikolage entscheidend, die der Grund für die längere Verjährungsfrist ist. Es geht dabei typischerweise um die späte Erkennbarkeit von Mängeln aus Gründen der Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten einerseits sowie Witterung und Nutzung andererseits.“

Nach diesen Grundsätzen geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass bei dem Einbau der Photovoltaikanlage es sich um einen Teilbereich der grundlegenden Erneuerung des Gesamtgebäudes in ein Studentenwohnheim handelt. Eine solche Teilerneuerung steht einer vollständigen oder teilweisen Neuerrichtung gleich.

Der Bundesgerichthof hat, im Gegensatz zu dem Berufungsgericht, ferner festgestellt, dass es für das Eingreifen der 5-jährigen Verjährungsfrist nicht darauf ankommt, ob die im Rechtsstreit geltend gemachten Mängel frühzeitig erkennbar gewesen seien. Die für Bauwerke typische Risikolage der späten Erkennbarkeit von Mängeln stelle keine weitere Voraussetzung im Einzelfall für die Annahme einer 5-jährigen Verjährungsfrist dar. Insoweit handelt es sich lediglich um eine Begründung für das Eingreifen der längeren Verjährungsfrist, nicht aber um eine Voraussetzung. Es sei daher lediglich auf das allgemeine Risiko der späten Erkennbarkeit unter Berücksichtigung der Verdeckung von Mängeln durch aufeinander abgestimmte Arbeiten und die der Witterung ausgesetzte Nutzung bei Bauwerken abzustellen. Dieses Risiko sei auch bei dem in der Gebäudefassade integrierten Einbau einer Photovoltaikanlage gegeben und beschränke sich im Übrigen nicht alleine auf die Mängel der Anlage, die sich auf die Leistungskapazität beziehen.

Der Bundesgerichtshof betont, dass es bei der vorliegenden Sachlage weder darauf ankommt, ob die in die Fassade integrierte Photovoltaikanlage für das Gebäude insoweit eine dienende Funktion erfüllt, als das Gebäude hierauf aufgrund einer Funktionserweiterung zugleich Trägerobjekt der Anlage ist, noch darauf, ob die Anlage selbst als Bauwerk zu qualifizieren ist.

Stellungnahme

In der Vergangenheit hat es mehrere Entscheidungen zu der Frage gegeben, welche Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche bei Installationen von Photovoltaikanlagen anzunehmen sind. Der 7. Zivilsenat (Urteil vom 2. Juni 2016 – VII ZR 348/13) hat die lange Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB von 5 Jahren für Arbeiten bei Bauwerken auch auf die nachträgliche Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Tennishalle angewandt, Voraussetzung war, dass die Photovoltaikanlage zur dauernden Nutzung fest eingebaut wurde, der Einbau eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle darstellte und die Photovoltaikanlage der Tennishalle diente, in dem sie eine Funktion für diese erfüllte.

Anders urteilte der 8. Zivilsenat. Dieser hatte noch im Oktober 2013 (9. Oktober 2013, AZ. VIII ZR 318/12) entschieden, dass ein auf der Scheune angebrachte Photovoltaikanlage nicht dem Zweck der Scheune diene. Die Solaranlage diene vielmehr dem eigenen Zweck der Stromerzeugung. Sie sei deshalb für Bestanderhaltung und Nutzbarkeit der Scheune nicht von wesentlicher Bedeutung. Er ging von einer Verjährungsfrist von 2 Jahren entsprechend § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB aus.

Die vorliegende Entscheidung musste sich mit diesem Streit, wie oben ersichtlich, nicht auseinandersetzen.

Interessant ist die Entscheidung deshalb, weil hier für die Frage der Risikolage bei Bauwerksmängeln nicht auf die konkret vorliegenden Mängel abgestellt wird, sondern die Lage abstrakt beurteilt wird.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin 
13. März 2019
 

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