Auch Schleswig-Holstein bekommt sein Tariftreue- und Vergabegesetz

Das Land Schleswig-Holstein reiht sich in die Riege der Bundesländer mit Tariftreue- und Vergabegesetzen ein, die für die öffentlichen Auftragsvergaben ein Spektrum an Vorgaben, wie etwa hinsichtlich Zahlung von Mindestentgelten, Einhaltung von bestimmten sozialen, ethischen und ökologischen Standards sowie Förderung von Frauen und Vereinbarkeit von Beruf und Familie, enthalten.

Der Kieler Landtag hat am 25.04.2013 das Tariftreue- und Vergabegesetz (TVgG SH) verabschiedet. Damit ist der Trend auf Landesebene offenbar ungebrochen, im Wege der öffentlichen Vergabe bestimmte, als politisch sinnvoll erachtete Ziele durchzusetzen, wie etwa die Zahlung eines allgemeinen Mindestlohns.

Als Vorbild des TVgG SH wird das im Mai 2012 in Kraft getretene Tariftreue- und Vergabegesetz NRW (Verlinkung auf meinen Beitrag "Das neue Tariftreue- und Vergabegesetz NRW: Mehr Bürokratie im Vergabeverfahren?") genannt. Ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen stößt auch das TVgG SH bei mit dem Vergabewesen befassten Praktikern, bei Kommunen und nicht zuletzt bei Unternehmen, die erwägen, an Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber teilzunehmen, auf wenig Gegenliebe.

Zu den Eckpunkten des Gesetzes:

  • Öffentliche Aufträge werden nur an solche Unternehmen vergeben, die sich bei der Angebotsabgabe schriftlich verpflichtet haben, ihren Beschäftigten bei der Ausführung der Leistung ein Mindeststundenentgelt in Höhe von EUR 9,18 zu zahlen. Dies ist der höchste in einem Landesvergabegesetz festgelegte Mindestlohn im gesamten Bundesgebiet (im Vergleich: das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW sieht EUR 8,62 vor). Gleichfalls sind eventuell einzusetzende Leiharbeitnehmer oder die Beschäftigten eines Nachunternehmers mit mindestens EUR 9,18 zu entlohnen. Fehlt eine solche Verpflichtungserklärung bei Angebotsabgabe und wird sie nicht innerhalb einer Nachfrist vorgelegt, muss das Angebot von der Wertung ausgeschlossen werden. Wenn dann die Auftragsvergabe an ein Unternehmen erfolgt ist, sind die öffentlichen Auftraggeber berechtigt, Kontrollen dahingehend durchzuführen, ob die Verpflichtungserklärung eingehalten wird. Der Verstoß gegen die Verpflichtungserklärung ist vertragsstrafen- und bußgeldbewehrt. Außerdem hat der öffentliche Auftraggeber in dem Vertrag mit dem Unternehmen die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung bei einem Verstoß gegen die Verpflichtungserklärung zu vereinbaren. Hinzu kommt die Verhängung einer Auftragssperre für die Dauer von bis zu drei Jahren.
  • Öffentliche Auftraggeber müssen bei der Auftragsvergabe Kriterien des Umweltschutzes und der Energieeffizienz berücksichtigen. In der Leistungsbeschreibung über zu beschaffende Waren sind etwa Angaben zum Energieverbrauch, eine Analyse von Lebenszykluskosten oder Umweltzeichen aufzunehmen.
  • Bei der Ausführung öffentlicher Aufträge dürfen keine Waren verwandt werden, die unter Missachtung der in den ILO-Kernarbeitsnormen festgelegten Mindeststandards gewonnen oder hergestellt worden sind. Beispielsweise dürfen keine auf Grundlage von Kinderarbeit hergestellten Waren verwandt werden. Näheres zur Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen bleibt den Regelungen einer zu erlassenen Rechtsverordnung überlassen.
  • Bei wirtschaftlich gleichwertigen Angeboten erhält derjenige Bieter den Zuschlag, der u.a. die nach Sozialrecht bestehende Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen erfüllt und die Gleichstellung von Männern und Frauen, die Förderung von Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Gleichbehandlung von Beschäftigten im eigenen Unternehmen sicherstellt. Zur Konkretisierung dieser Vorgaben kann die Landesregierung allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

Das TVgG SH tritt am 01. August 2013 in Kraft.

David Poschen
Rechtsanwalt

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