Tätigkeitsgebiete Immobilie // Bau
Fehlende genehmigte Stundenlohnzettel führen nicht dazu, dass der Werklohnanspruch des Auftragnehmers für nachweislich erbrachte Stundenlohnarbeiten nicht fällig wird
OLG Düsseldorf, Urt. vom 11. April 2014 – 22 U 156/13
In umfangreichen Schlussrechnungen findet sich regelmäßig ein erheblicher Teil an Rechnungspositionen für Stundenlohnarbeiten. Die Frage der Ersatzfähigkeit dieser Stundenlohnarbeiten sorgt häufig für Streit zwischen den Vertragspartnern, weil der Auftraggeber der Auffassung ist, dass der Auftragnehmer Stundenlohnleistungen überhöht abrechne oder nicht ausreichend transparent darlege, welche Leistungen hinter einer Vielzahl abgerechneter Stundenzahlen stecken.
In dem Fall vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hat der Auftraggeber den Auftragnehmer mit Montage – und Schweißarbeiten bei einem Bauvorhaben an einem Kernkraftwerk beauftragt. Es wurden Einheitspreise pro erbrachter Schweißnaht vereinbart, dazu sollte der Auftragnehmer weitere Arbeiten als Regiearbeiten auf Stundenbasis erbringen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftragnehmers sahen die folgende Vergütungsregelung vor:
“Die Grundlage für die Abrechnung sind die von der Bauleitung des Auftraggebers genehmigten Leistungsnachweise und Aufmaßprotokolle, die einmal im Monat nach Abschluss des Abrechnungsmonats erstellt werden...
Weiterhin fand sich die Regelung, wonach
ausschließlich die von der Bauleitung des Auftraggebers bestätigten Leistungsnachweise Grundlage für die Rechnungsstellung sein sollten.
Nach Fertigstellung der Arbeiten rechnete der Auftragnehmer Regiearbeiten ab, konnte jedoch keine vollständigen, durch Unterschrift genehmigten Stundenlohnzettel für alle abgerechneten Regiearbeiten vorlegen. Der Auftraggeber vertrat daher unter Berufung auf die oben genannte AGB-Klausel die Auffassung, dass bereits aufgrund fehlender Stundenlohnzettel jedenfalls für diese Arbeiten die Werklohnforderung nicht fällig geworden sei, unabhängig davon, ob der Auftragnehmer Stundenleistungen anderweitig nachweisen konnte.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, dass die Klausel, nach welcher nur genehmigte Leistungsnachweise abgerechnet werden könnten, als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sei. Es stelle eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar, wenn dieser alleine aufgrund fehlender schriftlicher Leistungsnachweise mit seiner Forderung ausgeschlossen sei.
Dieser Entscheidung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Es muss möglich sein, dass ein Auftragnehmer berechtigt ist, Leistungen, welche er nachweislich erbracht hat, auch vollständig abrechnen zu können. Die Entscheidung ist plausibel, wenn man berücksichtigt, dass die Frage der Unterzeichnung von Stundenlohnzetteln auf der Baustelle nicht selten schlichtweg vergessen wird bzw. genehmigte Stundenlohnzettel verloren gehen. Auch könnte der Auftraggeber bei Wirksamkeit derartiger Klauseln durch eine schlichte Verweigerungshaltung und ein systematisches Nichtunterzeichnen von Stundenlohnzetteln dafür sorgen, dass der Auftragnehmer Stundenlohnarbeiten nicht vergütet verlangen könnte.
Auch wenn die Entscheidung den Auftragnehmer bei der Abrechnung von Stundenlohnleistungen unterstützt, bleibt es dabei, dass Stundenabrechnungen häufig in Abrechnungstreitfällen schwer durchsetzbar sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die damit zusammenhängenden Dokumentation nicht ausreichend ist. Der Arbeitnehmer sollte daher möglichst kurzfristig, bestenfalls unmittelbar nach Erbringung der Stundenlohnleistungen, aussagekräftige Stundenlohnzettel bei der Bauleitung einreichen und unterzeichnen lassen. Auch wenn die Unterschrift unter der Stundenlohnzettel nicht ausschlaggebend dafür ist, ob die Vergütung fällig ist, verbessert sich die Beweislage für den AN durch die Unterschrift. Jedenfalls sollte eine aussagekräftige Beschreibung der Stundenlohntätigkeit, d.h. Name des Mitarbeiters, Uhrzeit und detaillierte Beschreibung der Tätigkeit vorgenommen warden. Im Rahmen eines unter Umständen Jahre später erfolgenden Abrechnungsstreits kann sodann anhand von Zeugenbeweis nachgewiesen werden, dass die Arbeiten wie abgerechnet erbracht wurden.
Ulrich Zimmermann
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau – und Architektenrecht
16. Oktober 2018
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