Nordrhein-Westfalen: Anstieg der Grunderwerbsteuer auf 6,5 % ab dem 01.01.2015

Wer eine Immobilie in Nordrhein-Westfalen erwerben möchte, sollte den notariellen Kaufvertrag möglichst noch bis einschließlich 31.12.2014 schließen. Ab dem 01. Januar 2015 soll die Grunderwerbsteuer von derzeit 5 % auf 6,5 % steigen. So jedenfalls haben es unlängst die Landtagsfraktionen der SPD und Grünen, die im Landtag die Mehrheit stellen, entschieden. Der Landtag muss die Gesetzesänderung noch beschließen.

Die Höhe der Grunderwerbsteuer richtet sich nach dem vertraglich vereinbarten Kaufpreis, sowie u.a. nach übernommenen Verbindlichkeiten (z.B. Hypotheken in valutierter Höhe, Rentenschuld), bei dem Erwerb eines Erbbaurechts nach den auf die Laufzeit kapitalisierten Erbbauzinsen. Wichtig ist auch, dass die Gebäudeerrichtungskosten ebenfalls maßgeblich sind, sofern Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück im bebauten oder noch zu bebauenden Zustand ist (einheitliches Vertragswerk). Nicht zur Bemessungsgrundlage gehören etwa die Notariatskosten.

Der für die Besteuerung maßgebliche Zeitpunkt ist der Tag, an dem der notarielle Kaufvertrag abgeschlossen wird. Wenn der Notartermin also noch am Silvestertag 2014 stattfindet, fallen nur 5 % Grunderwerbsteuer an, danach dann der erhöhte Satz. Folglich ist der Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten (Besitzübergang/Wirtschaftlicher Übergang), der Zahlung des Kaufpreises und der Eintragung in das Grundbuch, auch wenn dies alles zum Zeitpunkt einer bereits erhöhten Besteuerung erfolgt, irrelevant.

Folgende Sonderkonstellationen sind zu berücksichtigen: Wenn der Kaufvertrag unter einer aufschiebenden Bedingung steht, die nicht vom Willen eines Einzelnen abhängt (sog. Potestativbedingung), gilt für die Besteuerung ebenfalls das Datum des Vertragsschlusses. Hier sei das Beispiel genannt, dass die Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs davon abhängig gemacht wird, dass für das Grundstück eine Baugenehmigung erteilt wird.

Anders stellt es sich dar, wenn das Grundstück etwa durch einen Minderjährigen erworben oder der Kaufvertrag durch einen vollmachtlosen Vertreter abgeschlossen wird. In diesen Fällen ist für die Besteuerung der Tag der Genehmigung des Vertrages maßgeblich, also nicht der Tag der notariellen Beurkundung.

Im Falle einer nachträglichen Aufhebung (etwa durch Rücktritt) besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Nichtfestsetzung bzw. Aufhebung der Steuerfestsetzung zu stellen. Ein bereits ergangener Steuerbescheid kann aufgehoben und eine bereits gezahlte Steuer – in der im Zuge des Erwerbsvorgangs festgesetzten Höhe - erstattet werden.   

David Poschen
Rechtsanwalt

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Die neue EU-Vergaberichtlinie 2014

Das Vergaberecht ist kaum wie ein anderes Rechtsgebiet einem ständigen Wandel unterworfen. Nach regen nationalen legislativen Aktivitäten, zu nennen ist nicht zuletzt die Verabschiedung von Landesvergabegesetzen in den meisten Bundesländern, mischt nun der europäische Gesetzgeber wieder kräftig mit.

Drei neue Vergaberichtlinien sind im Frühjahr 2014 in Kraft gesetzt worden, nämlich die "klassische" Vergaberichtlinie (bisher Richtlinie 2004/18/EG), die Richtlinie für Sektorenvergaben (bisher Richtlinie 2004/17/EG) und die Konzessionsrichtlinie (kein Vorgänger). Der deutsche Gesetzgeber hat nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinien in nationales Vergaberecht umzusetzen. Mit Spannung bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber die bisherige Struktur der vergaberechtlichen Normen (Kaskadenprinzip), die regelmäßig als zu kompliziert und unübersichtlich kritisiert wird, beibehält und nur punktuell und inhaltlich Änderungen vornehmen wird oder ob er die Umsetzung der Richtlinien dazu nutzen wird, auch die Systematik des deutschen Vergaberechts umzukrempeln.

Inhalt dieser Ausführungen ist die Darstellung einiger wichtiger Eckpunkte im Hinblick auf die "klassische" Vergaberichtlinie:

1. In-House-Geschäfte

Bislang waren Regelungen zu In-House-Vergaben nicht kodifiziert, sondern Gegenstand der Recht-sprechung des Europäischen Gerichtshofs, beginnend und grundlegend mit der "Tecka"“-Entscheidung (Urteil vom 18.11.1999, C-107/98). Die vom EuGH herausgearbeiteten Grundannahmen haben nun Eingang in die Vergaberichtlinie gefunden und sind noch erweitert worden (Art. 12).

Hiernach ist hinsichtlich der Grundkonstellation ein von einem öffentlichen Auftraggeber an eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts vergebener Auftrag nicht vergabepflichtig, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

• Der öffentliche Auftraggeber übt über die betreffende juristische Person eine ähnliche Kontrolle aus, wie über seine eigenen Dienststellen,

• mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten juristischen Person dienen der Ausführung der Aufgaben, mit denen sie von dem die Kontrolle ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von anderen von diesem kontrollierten juristischen Personen betraut wurden und

• es besteht keine direkte private Kapitalbeteiligung an der kontrollierten juristischen Person, mit Ausnahme nicht beherrschter Formen der privaten Kapitalbeteiligung und Formen der privaten Kapitalbeteiligung ohne Sperrminorität, die in Übereinstimmung mit den Verträgen durch nationale gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben sind und die keinen maßgeblichen Einfluss auf die kontrollierte juristische Person vermitteln.
 
Eine Ausdehnung der Vergabefreiheit erfahren durch die Richtlinie auch ähnliche Fallgruppen wie die Vergabe von Aufträgen von Tochtergesellschaften an die kontrollierende Muttergesellschaft ("umgekehrte" In-House-Vergabe), die Vergabe von Aufträgen zwischen Tochtergesellschaften derselben kontrollierenden Muttergesellschaft ("horizontale" In-House-Vergabe), die Vergabe von Aufträgen an eine von mehreren Muttergesellschaften beherrschte Tochtergesellschaft und die Vergabe von Aufträgen zwischen Tochter- oder Enkelgesellschaften verschiedener Muttergesellschaften.

Großzügiger als die bisherige Rechtsprechung ist auch die Regelung, wonach bis zu 20 % der Gesamttätigkeiten des kontrollierten Unternehmens die Geschäftstätigkeit für Dritte ausmachen darf (s. 2. Spiegelpunkt).  

2. Zusammenarbeit mehrerer öffentlicher Auftraggeber

Ebenfalls nach Art. 12 der Richtlinie ist nunmehr eine nicht vergabepflichtige Zusammenarbeit von öffentlichen Auftraggebern bei der Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen gestattet. Auch diesbezüglich ging bereits eine entsprechende Rechtsprechung des EuGH voraus. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

• Die Aufgabe, die Gegenstand der Kooperation ist, muss den Beteiligten gemeinsam obliegen,

• Private dürfen an der Zusammenarbeit nicht beteiligt sein,

• die Kooperation wird ausschließlich durch Überlegungen des öffentlichen Interesses bestimmt und

• die beteiligten öffentlichen Auftraggeber erbringen auf dem offenen Markt weniger als 20 % der durch die Kooperation erfassten Tätigkeiten.

3. "Innovationspartnerschaft" als neues Verfahren

Nach der jüngsten Vergabeart "Wettbewerblicher Dialog" (jetzt geregelt in Art. 30) ist nun ein neues Verfahren namens "Innovationspartnerschaft" geschaffen worden (Art. 31), welches nach Art und Zielsetzung dem Wettbewerblichen Dialog durchaus ähnelt. Ob die Innovationspartnerschaft in der Praxis eine große Rolle spielen wird, bleibt abzuwarten.

Gegenstand der Innovationspartnerschaft soll die Entwicklung innovativer Produkte bzw. innovativer Dienst- oder Bauleistungen sein, die nicht bereits durch den Erwerb von bereits auf dem Markt verfügbaren Produkten oder Leistungen erbracht werden kann. Die Innovationspartnerschaft ist ein zweistufiges Verfahren: der Verhandlungsphase ist ein Teilnahmewettbewerb mit Eignungsprüfung vorgeschaltet.  

4. "Projektanten"-Problematik

Dieser Themenbereich war in der Vorgänger-Richtlinie nicht enthalten, war aber bereits durch Richterrecht geprägt. Von einer Projektantenproblematik spricht man, wenn der Betreffende im Vorfeld z.B. bei einer vorherigen Marktschau oder der Erstellung der Ausschreibungs-/Vergabeunterlagen bereits (etwa als Berater) beteiligt war und sich im späteren Vergabeverfahren als Bewerber bzw. Bieter beteiligt. Ein Wissensvorsprung dieses Teilnehmers muss ausgeglichen werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Art. 41 sieht vor, dass der öffentliche Auftraggeber geeignete Maßnahmen zu ergreifen hat, um eine Verzerrung zu verhindern, etwa die Unterrichtung anderer Bewerber oder Bieter in Bezug auf einschlägige Informationen, von denen der Projektant durch die vorherige Beratung Kenntnis erlangt hatte. Ein Ausschluss des Projektanten vom Vergabeverfahren darf nur dann erfolgen, wenn keine andere Möglichkeit besteht, die Einhaltung der Pflicht zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsat-zes zu gewährleisten.

5. Losvergabe

Das Gebot der Losvergabe, bspw. in § 97 Abs. 3 GWB verankert, wird nun erstmals auch europarechtlich geregelt (Art. 46).

6. Bietereignung

In den Art. 57 ff. sind Regelungen rund um die Eignung von Teilnehmern am Vergabeverfahren enthalten. Ausdrücklich geregelt ist nunmehr die Möglichkeit des Ausschlusses eines Unternehmens, dem erhebliche Schlechtleistungen im Rahmen eines früheren öffentlichen Auftrages vorzuwerfen sind, wenn dies die vorzeitige Beendigung des früheren Auftrages, Schadensersatz oder andere ver-gleichbare Sanktionen nach sich gezogen hat.

Art. 59 soll eine Vereinfachung des Nachweises der Bietereignung und der Eignungsprüfung bewirken: Anstelle von Bescheinigungen von Behörden oder Dritten soll die sogenannte Einheitliche Europäische Eigenerklärung als vorläufiger Eignungsnachweis ausreichen. Die Einheitliche Europäische Eigenerklärung wird auf der Grundlage eines Standardformulars erstellt. Vor der Auftragsvergabe soll derjenige Bieter, auf den der Zuschlag erteilt werden soll, in der Regel weiterführende Nachweise und Erklärungen abgeben.

7. Zuschlagskriterien

Der Abschnitt über die Zuschlagskriterien (Art. 67) sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass die Entscheidung über den Zuschlag allein nach dem Kriterium des niedrigsten Preis getroffen werden kann. Damit dürfte die zeitweise umstrittene Fragestellung, ob es nach der Regelung der Vorgänger-Richtlinie zulässig sei, ausschließlich nach dem Preis zu werten, endgültig überwunden sein.

Sehr bemerkenswert ist die Aufgabe des bisher strikten Gebots der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. Als Zuschlagskriterien können jetzt auch Kriterien wie Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrages betrauten Personals gewählt werden, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann (was man in vielfältigen Fällen bejahen dürfte). Diese Aspekte sind an sich klassische Eignungskriterien und hätten nach alter Rechtslage nicht Gegenstand der Zuschlagswertung sein dürfen.

8. Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit

Wie bei vielen der vorgenannten Regelungspunkten gab es auch zu Vertragsänderungen – speziell, wann diese eine Neuvergabe erforderlich machen oder nicht – bis dato keine Richtlinienregelungen, sondern Entscheidungen des EuGH (vor allem "Pressetext"-Urteil vom 19.06.2008, C-480/06). Auch diesbezüglich ist eine Regelung (Art. 72) in die neue Richtlinie aufgenommen worden, die dieser Rechtsprechung im Grundansatz folgt und die Rechtslage noch konkretisiert und erweitert.

Wann eine Vertragsänderung keine Pflicht zur Neuvergabe auslöst, ist detailliert in der Richtlinie geregelt. Zu den Voraussetzungen bzw. Fallgruppen, die hier nicht abschließend genannt werden, gehören u.a.:

• Die Vertragsänderungen bzw. Optionen waren im ursprünglichen Vertrag schon angelegt.

• Die Vertragsänderung ist erforderlich aufgrund von Umständen, die für den Auftraggeber nicht vorhersehbar waren, wobei sich der Gesamtcharakter des Auftrages nicht verändern darf und eine etwaige Preiserhöhung nicht mehr als 50 % des Wertes des ursprünglichen Auftrages betragen darf.

• Die Person des Auftragnehmers ändert sich aufgrund einer Umstrukturierung, einschließlich Übernahme, Fusion, Erwerb oder Insolvenz.

9. Keine Differenzierung zwischen vor- und nachrangigen Dienstleistungen

Die bisherige Unterscheidung zwischen vor- und nachrangigen Dienstleistungen (auch prioritäre und nicht-prioritäre Dienstleistungen genannt) ist, jedenfalls in der bisherigen Form, aufgegeben worden, da die ursprüngliche Auffassung der EU-Kommission, die im Anhang I B genannten Dienstleistungen seien nicht binnenmarktrelevant, nicht mehr aufrechterhalten wird.

Gewisse Unterschiede wird es aber weiterhin geben. Art. 74 ff. sieht für "soziale und andere besondere" Dienstleistungen Sonderregelungen vor, wonach diese Dienstleistungen einem sehr abgeschwächten Vergaberegime mit lediglich rudimentären Verfahrensvorschriften unterliegen. Es gilt zudem ein erhöhter EU-Schwellenwert von 750.000 EUR. Welche konkreten Dienstleistungen hierunter zu fassen sind, ist dem Anhang XIV der Richtlinie zu entnehmen; der Katalog ist erheblich ausgedünnt worden. Als "besondere" Dienstleistungen gelten etwa Rechtsdienstleistungen, die schon zuvor zu den nicht-prioritären Dienstleistungen zählten. Die neue Richtlinie gilt jedoch nicht z.B. für die Vertretung eines öffentlichen Auftraggebers durch einen Rechtsanwalt in einem Gerichtsverfahren; diese Leistung ist nicht auszuschreiben, selbst wenn der Auftragswert 750.000 EUR überschreitet.

David Poschen
Rechtsanwalt

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Aktuelle Rechtsprechung im Erbrecht

"Formfreie" Übertragung einer Immobilie bei einvernehmlichem Ausscheiden eines Miterben, Oberlandesgericht Hamm, 12.11.2013 - I - 15 W 43/13

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Kein Werklohn bei Schwarzarbeit

Besprechung des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 10. April 2014 – VII ZR 241/13

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Aktuelle Rechtsprechung im Erbrecht

Herausgabeanspruch des Schlusserben gegen den zu Lebzeiten des Erblassers BeschenktenBundesgerichtshof, 20.11.2013 - IV ZR 54/13

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Aktuelle Rechtsprechung im Familienrecht

Lottogewinn im Zugewinnausgleich auszugleichen, Bundesgerichtshof, 16.10.2013 - XII ZB 277/12

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Aktuelle Rechtsprechung im Erbrecht

Widerruf eines gemeinschaftlichen Testamentes zu Lebzeiten beider Eheleute, Bundesgerichtshof, 03.04.2013 - IV ZR 103/12

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Persönliche Haftung des Geschäftsführers einer Generalunternehmerfirma für nicht erfolgte Weiterleitung von Baugeldern (Urteilsbesprechung)

Das Oberlandesgericht Dresden hat in einer Entscheidung vom 21.01.2014 (AZ: 5 U 1296/13) zu der Frage der Haftung eines Geschäftsführers einer Generalunternehmerfirma für nicht weitergeleitete Baugeldbeträge eine beachtenswerte Entscheidung getroffen:

Sachverhalt

Die Klägerin hatte mit einer inzwischen insolventen GmbH einen Bauvertrag zur Erbringung von Dachdecker- und Dachklempnerarbeiten geschlossen. Die Leistungen sind vollständig und mangelfrei erbracht, jedoch nicht gänzlich bezahlt worden. Die Klägerin macht gegenüber dem Geschäftsführer der insolventen GmbH Schadensersatz wegen nicht erfüllter Werklohnforderung für das Bauvorhaben der GmbH gelten.

Das Oberlandesgericht Dresden hat den beklagten Geschäftsführer zur Zahlung des geltend gemachten Betrages im Wesentlichen verurteilt. Dabei geht es davon aus, dass ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Bauforderungssicherungsgesetz (BauFordSiG) gegeben ist. Danach macht sich ein Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung persönlich schadensersatzpflichtig, wenn er vorsätzlich Baugelder im Sinne des § 1 BauFordSiG zweckwidrig verwendet und deshalb eine dem Bauunternehmer zustehende Werklohnforderung nicht erfüllt wird (so auch BGH, Urteil vom 19.08.2010, AZ: VII ZR 169/09, Rdn. 10).

Unstreitig war hier, dass der Bauherr Zahlungen an die Generalunternehmerfirma geleistet hat. Diese sind als Baugelder anzusehen. Der Beklagte als Geschäftsführer der GmbH hat nicht darlegen können, dass er die Baugelder zweckentsprechend eingesetzt hat. Er hätte konkret darlegen müssen, wie er das empfangene Baugeld verwendet hat. Dies ist nicht erfolgt. Die Tatsache, dass die GmbH zwischenzeitlich Insolvenz angemeldet hat, entbindet ihn nicht von seiner Darlegungslast.

Das Oberlandesgericht Dresden betont in seiner Entscheidung, dass es auch nicht darauf ankommt, wann der Bauherr die Zahlungen geleistet hat, insbesondere ob dies geschah, bevor die Klägerin mit der Erbringung der Leistungen beauftragt war. Für eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. mit § 1 BauFordSiG kommt es nicht darauf an, dass Zahlungen des Bauherrn für bestimmte Baugeldgläubiger gedacht sind. Vielmehr haftet der Baugeldempfänger jedem einzelnen Baugläubiger mit dem gesamten Baugeldbetrag für dessen Bauforderung, bis das Baugeld für Bauforderungen verbraucht ist. Es ist also nicht erforderlich gewesen, dass die Klägerin darlegt, dass bei zweckgemäßer Baugeldverwendung die Werklohnforderung tatsächlich befriedigt worden wäre. Es reicht vielmehr aus, dass dargelegt wird, dass eine offene Werklohnforderung in Höhe des empfangenen Baugeldes vorhanden ist und das Baugeld zur Befriedigung nicht mehr zur Verfügung steht.

Angesichts der Insolvenz der ausführenden Firma geht der erkennende Senat davon aus, dass Baugeld nicht mehr vorhanden ist. In dieser Situation muss der Beklagte darlegen und nachweisen, dass der insgesamt erhaltene Baugeldbetrag vollständig dazu gedient hat, die anderen Baugläubiger zu befriedigen bzw. diese insoweit aus sonstigen Mitteln zu entschädigen.

Das Oberlandesgericht Dresden nimmt auch an, dass der Beklagte vorsätzlich seine Pflichten verletzt hat. Als Geschäftsführer der Generalunternehmerin wusste er, dass es sich bei dem empfangenen Geld um Baugeld handelte, welches er zur Zahlung von Bauhandwerkerforderungen verwenden musste. Dies hat er unterlassen. Die Zahlung an die Klägerin war allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der Werklohnforderung der Klägerin gegen die insolvente GmbH zuzusprechen.

Die Entscheidung macht nochmals deutlich, in welchem Maße eine persönliche Haftung von Geschäftsführern bauausführender Firmen, insbesondere Generalunternehmen, bestehen kann. In der Regel ist davon auszugehen, dass Geschäftsführer einer Generalsunternehmung wissen, dass die vom Bauherrn empfangenen Gelder Baugelder sind. Werden sie nicht voll zur Befriedigung von Baugläubigern des Bauvorhabens eingesetzt und kann der Geschäftsführer Entsprechendes nicht darlegen und nachweisen, so haftet er unter Umständen persönlich.

Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin

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Änderung der Vergabeverordnung: Neue EU-Schwellenwerte und Neuerungen bei der Angebotswertung

Durch die siebte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung, VgV) vom 31.07.13 sind die EU-Schwellenwerte angepasst worden. Die Änderungen sind am 25.10.2013 in Kraft getreten.

Ab dem 01.01.2014 gelten in den EU-Mitgliedsstaaten nunmehr folgende Schwellenwerte:

  • für Liefer- und Dienstleistungsaufträge der obersten oder oberen Bundesbehörden sowie vergleichbarer Bundeseinrichtungen: 134.000 EUR (statt bisher 130.000 EUR)
  • für alle anderen Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 207.000 EUR (statt bisher 200.000 EUR)
  • für Bauaufträge: 5,186 Mio. EUR (statt bisher 5 Mio. EUR)
  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Sektorenbereich: 414.000 EUR (statt bisher 400.000 EUR)

Für Vergabeverfahren, die ab dem 01.01.2014 eingeleitet werden, gelten die neuen Schwellenwerte. Die Änderungen ergeben sich aus dem GPA (Government Procurement Agreement, Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen zwischen einzelnen Vertragsstaaten der WTO). In diesem Zusammenhang wird ein Währungskorb wichtiger Weltwährungen definiert; zum Ausgleich von Kursschwankungen (z.B. zwischen US-Dollar und Euro) werden die Schwellenwerte regelmäßig angepasst.

Eine zweite bemerkenswerte Änderung der VgV betrifft die durch die Vergabestelle heranzuziehenden Kriterien bei der Angebotswertung. Hier erfolgt eine Aufweichung des bisherigen strikten Grundsatzes der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien–allerdings lediglich für die sogenannten nachrangigen Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil B zur VOL/A und zur VOF, die ohnehin einem sehr vereinfachten Vergaberechtsregime unterliegen (hierzu gehören bspw. Dienstleistungen im Zusammenhang mit Gaststätten und Beherbergungsgewerbe; Rechtsberatung; Unterrichtswesen und Berufsausbildung; Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen).

Bei der Zuschlagsentscheidung können in diesen Bereichen–über die Eignungsprüfung hinaus - nun auch bieterbezogene Qualitätskriterien, wie etwa Organisation, Qualifikation und Erfahrung des bei der Durchführung des Auftrags eingesetzten Personals berücksichtigt werden. Es können auch der Erfolg und die Qualität bereits erbrachter Leistungen in die Auftragsbewertung mit einfließen, also auch Erfahrungen mit dem Bieter aus bisherigen Vertragsverhältnissen. Die Gewichtung der personenbezogenen Zuschlagskriterien soll jedoch zusammen 25 Prozent der Gewichtung aller Zuschlagskriterien nicht überschreiten.

David Poschen
Rechtsanwalt

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Schwarzsehen bei Schwarzarbeit (Urteilsbesprechung)

Schwarzarbeit und ihre Folgen im Werkvertragsrecht – Mängelansprüche des Bestellers

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