VOB/A 2019 im Bundesanzeiger veröffentlicht

Am 19.02.2019 ist im Bundesanzeiger (AT 19.02.2019 B2) die neue VOB/A veröffentlicht worden. Im Vergleich zur VOB/A 2016 wurde vor allem der 1. Abschnitt zu den unterschwelligen Vergaben überarbeitet. In den folgenden Abschnitten wurden parallel dazu einige Neuregelungen eingeführt.

Inkraftsetzung und Anwendungszeitpunkt

Auf Bundesebene wird der 1. Abschnitt der VOB/A voraussichtlich durch Erlass zum 01.03.2019 in Kraft treten. Damit gelangt vorerst nur der 1. Abschnitt der VOB/A zur Anwendung, der nationale Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte regelt. Der 2. und 3. Abschnitt der VOB/A, die für EU-weite Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte maßgeblich sind, sind erst dann anzuwenden, wenn der entsprechende Verweis auf diese Abschnitte in § 2 VgV bzw. § 2 Abs. 2 VSVgV geändert sind.

Für die kommunalen Vergabepraxis ist zu differenzieren: Soweit das Landesvergaberecht eine dynamische Verweisung enthält (z.B. NRW: § 26 Abs. 2 KomHVO NRW i.V.m. Ziffer 4.1 der Kommunalen Vergabegrundsätze) tritt der erste Abschnitt der VOB/A für die Kommunen unmittelbar mit Veröffentlichung der VOB/A 2019 im Bundesanzeiger in Kraft. In Nordrhein-Westfalen ist der 1. Abschnitt der VOB/A damit für Vergabeverfahren anzuwenden, die seit dem 20.02.2019 begonnen werden.

Fehlt eine solche dynamische Verweisung, müssen die Länder die Anwendung der neuen VOB/A erst durch eine Neuregelung ihrer Vergabevorschriften anordnen. 

Zusammenfassung der wichtigsten Änderungen im 1. Abschnitt der VOB/A 2019:

  • Gleichstellung der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 3a Abs. 1 S.1)
     
  • Die Wertgrenzen für Bauleistungen zu Wohnzwecken werden befristet bis zum 31.12.2021  für Freihändige Vergaben und für Beschränkte Ausschreibungen angehoben (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Fußnote 1 bzw. § 3a Abs. 3 S. 2 Fußnote 2)
     
  • Berücksichtigung von Selbstreinigungsmaßnahmen (§ 6a Abs. 1 S. 2)
     
  • Erleichterter Nachweis der Eignung (vgl. § 6a Abs. 5),
     
  • Einführung eines Direktauftrages bei einem Auftragswert von bis zu EUR 3.000 (§ 3a Abs. 4)
     
  • Verzicht auf Nachweise, wenn die den Zuschlag erteilende Stelle bereits in deren Be-sitz ist (§ 6b Abs. 3)
     
  • Zulassung mehrerer Hauptangebote (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 4 bzw. § 13 Abs. 3 S. 3, 4 und § 16 Abs. 1 Nr. 7)
     
  • Einführung einer abschließenden Liste mit den vorzulegenden Unterlagen (§ 8 Abs. 2 Nr. 5) 
     
  • Neufassung der Nachforderungsregeln (§ 16a)
     
  • Klarstellung hinsichtlich der Zuschlagsentscheidung (§ 16d Abs. 1 Nr. 4, 5, 6 und 7).

 

Dr. Norbert Reuber
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Mahmud Gadjisade
Rechtsreferendar

20. Februar 2019
 

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Gesagt ist gesagt! Was sind Vereinbarungen wert, die für Vertragsänderungen Schriftform vorschreiben?

 

Fast standardmäßig vereinbaren die Parteien in Verträgen, deren Abwicklung sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, dass Änderungen des Vertrages nur schriftlich möglich sein sollen. Solche Regelungen findet man bei Verträgen über Dauerschuldverhältnisse (z.B. Mietverträge), aber auch sonst da, wo die Erfüllungsleistung der Vertragsparteien nicht in einem einzigen, kurzfristig zu bewirkenden Akt besteht (z.B. Bauverträge, u.U. aber auch Grundstückskaufverträge).

Die Parteien bezwecken mit solchen Vertragsbestimmungen in erster Linie die Sicherung der Beweise für das, was Inhalt ihrer Vereinbarung sein soll. Mittelbar dient es damit auch der Streitvermeidung, wenn nur das gelten soll, was schriftlich dokumentiert ist.

So häufig wie Schriftformklauseln in Verträgen vereinbart werden, so häufig halten sich die Vertragsparteien in der Praxis der Vertragsabwicklung nicht an das selbst gewählte Schriftformerfordernis. So ist es Alltag auf der Baustelle, Änderungen oder zusätzliche Leistungen zu vereinbaren, ohne dies in der vorgesehenen Form, also schriftlich zu dokumentieren. Aus der Vielzahl solcher kleinerer oder größerer Änderungen der Bauleistung erwächst unter Umständen dann ein beträchtliches Streitpotential, sei es um die Frage der Vergütung, sei es um die Frage, ob das Bauwerk dem geschuldeten Ergebnis entspricht.

So genannte „einfache“ Schriftformklauseln, mit denen die Parteien nur festlegen, dass Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen, erweisen sich aber schnell als nicht zielführend: Die Parteien, die selbst die Schriftform vereinbaren, die vom Gesetz nicht vorgeschrieben ist, sind nicht gehindert, diese (Teil-)Vereinbarung jederzeit auch mündlich wieder aufzuheben und so rein mündlichen Absprachen zur Wirksamkeit zu verhelfen (Werner, in Werner/Pastor, Der Bauprozess Rdn. 1488). Das geschieht sicher eher selten ausdrücklich, aber –was eben auch möglich ist- oft durch schlüssiges Verhalten (konkludent). Es ist nicht von Bedeutung, ob die Parteien dabei an die Vereinbarung über die Schriftform überhaupt gedacht haben (BGHZ 71,162). Treffen die Parteien mündlich Änderungsvereinbarungen unter Missachtung des selbst gewählten Schriftformerfordernisses, so ist ihr Verhalten regelmäßig dahin zu verstehen, dass sie damit die Vereinbarung über die Schriftform aufheben (vgl. Kapellmann, in Kapellmann/Messerschmidt, § 2 B, Rdn. 208ff.). Die mündlich getroffene Änderungsvereinbarung wäre ja sonst unwirksam (§ 125 BGB) und damit sinnlos. Man kann den Parteien aber nicht unterstellen, dass sie etwas rechtlich Sinnloses tun wollten.

Trägt im Streitfall eine Partei vor, man habe vom Vertrag abweichende Änderungen mündlich vereinbart und bietet die Vernehmung von Zeugen als Beweismittel für die Vereinbarung an, so muss das Gericht die Zeugen hören und kann den Vortrag nicht mit dem Hinweis auf das vereinbarte Schriftformerfordernis unbeachtet lassen. Bestätigt die Beweisaufnahme, dass die ändernde Vereinbarung mündlich tatsächlich getroffen wurde, so hat das Gericht sie zu berücksichtigen.

Um diesem Ergebnis zu entgehen und der Schriftformabrede zur Geltung gegenüber mündlichen Änderungsvereinbarungen zu verhelfen, wurde die so genannte „doppelte“ Schriftformklausel entwickelt. Sie lautet wörtlich oder sinngemäß: „Änderungen des Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung des Schriftformerfordernisses“.

Mit dieser Formulierung soll ausgeschlossen werden, dass das konkludente Verhalten der Parteien als Verzicht auf das Schriftformerfordernis interpretiert wird. Eine mündliche Vereinbarung soll unwirksam sein, wenn auch für die Aufhebung der Formabrede der Zwang zur Schriftform festgelegt ist (so BGHZ 66, 378; auch Palandt/Ellenberger § 125 Rdn.19).

Hier kann aber für die meisten Fälle der Praxis die Analyse nicht enden. Für den Fall nämlich, dass es sich bei der (doppelten) Schriftformklausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handelt, ist (wenn sie denn als solche überhaupt wirksam ist) der Vorrang der Individualvereinbarung zu beachten.

§ 305 Abs. 1 BGB bestimmt:

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrages bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(Zu beachten ist, dass eine Klausel bei einem Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher –B 2 C- bereits unter reduzierten Voraussetzungen als AGB gilt (vgl. § 310 Abs. 3 BGB).

Da der Umfang einer Regelung für die Frage, ob es sich um eine AGB handelt, keine Rolle spielt und eine Klausel daher AGB sein kann, auch wenn der gesamte übrige Vertrag individuell ausgehandelt ist (BGHZ 75,21), kann die Frage, ob die jeweils vorliegende doppelte Schriftform-Klausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung ist, auf die Klausel selbst beschränkt werden. Ob die übrigen Bestimmungen des Vertrages AGB sind oder nicht, ist unerheblich.

Im Rahmen der Vertragsgestaltung und der Vertragsverhandlungen wird eine der Parteien den Vorschlag zur Vereinbarung der doppelten Schriftform-Klausel unterbreiten. Sie wird die Formulierung der Regelung meist selbst bei einer Vielzahl von Verträgen verwenden. Sie wird die Formulierung oft einer Vorlage oder einem Muster entnommen haben, jedenfalls kaum für den konkret beabsichtigten Vertragsschluss gesondert entworfen haben. Die Zahl sprachlich denkbarer Varianten einer solchen Klausel ist auch begrenzt. Dass eine solche Klausel nicht die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 BGB erfüllt, dürfte in der Praxis kaum vorkommen. Auch ein „Aushandeln“ i.S.v. § 305 Abs.1 S. 3 ist schwer vorstellbar. Der Verwender der Klausel müsste den gesetzesfremden Kerngehalt zur Disposition stellen. Da gibt es aber keine Spielräume: Entweder man trifft die Formvereinbarung, die das Gesetz nicht vorsieht, oder man lässt es. Auch wenn die Prüfung im Einzelfall immer erforderlich bleibt, so wird doch regelmäßig die Schriftformabrede die Voraussetzungen einer AGB erfüllen.

Das eröffnet zum einen die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, die zur Unwirksamkeit der Klausel führen kann (z.B. wegen unangemessener Benachteiligung des anderen Vertragspartners, Intransparenz etc.), zum anderen aber auch den Anwendungsbereich des § 305b BGB.

Unter welchen Voraussetzungen eine Unwirksamkeit aufgrund einer Inhaltskontrolle gegeben ist, soll hier nicht weiter untersucht werden. Entscheidender ist die Regelung des § 305b BGB, nach der individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben (das übersieht noch BGH, NJW 2007, 3712 Rz.19). Entscheidender ist dieser Aspekt deshalb, weil sich der Verwender einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, also der, der sie in den Vertrag eingebracht hat, nicht auf ihre Unwirksamkeit aufgrund einer Inhaltskontrolle berufen kann. Der Verwender der Schriftformklausel kann sich also nicht darauf berufen, dass die Klausel unwirksam sei und deshalb der von ihm vorgetragenen mündlichen Vertragsänderung nicht entgegenstehe.

Das ist anders bei der Frage, ob die mündliche Vereinbarung Vorrang vor der ihr entgegenstehenden Allgemeinen Geschäftsbedingung hat. Auf den Vorrang der Individualabrede, kann sich auch der Verwender einer AGB berufen (BGH, NJW 1995, 1494 (1496)).

Es kann zwischenzeitlich als gefestigte Rechtsprechung angesehen werden, dass eine so genannte doppelte Schriftformklausel im Falle ihrer formularmäßigen Vereinbarung (also als AGB) wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung nach § 305b BGB eine mündliche oder auch konkludente Änderung der Vertragsabreden nicht ausschließt (BGH, NJW 2017, 1017 für einen Mietvertrag; OLG Brandenburg, Urt. v. 26.07.2018 - 12–U 11/17- IBRRS 2019, 0018 für einen VOB/B –Bauvertrag; OLG Karlsruhe, IBR 2018, 612 für einen Bauvertrag, wobei das Gericht die Schriftformklausel für unwirksam hielt (§ 307 Abs. 1 BGB), weil sie den Eindruck erwecke, der Vorrang der Individualabrede nach § 305b BGB gelte nicht; OLG Rostock, Beschl. v. 19.05.2009 – 3 U  16/9, IBRRS 2009, 2381 für einen Mietvertrag, Begründung wie vor aber hilfsweise unmittelbar auf § 305b BGB gestützt).

Fazit:

So anerkennenswert das Ziel der Beweissicherung auch sein mag, in der Praxis wird auch die doppelte Schriftform-Klausel gegenüber späteren, nur mündlich getroffenen Vereinbarungen, meist nicht helfen.

Ulrich Dölle
Rechtsanwalt
5. Februar 2019
 

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No-deal Brexit: Handlungsbedarf für Inhaber von EU-Schutzrechten, insbesondere Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Designs)

Am 29. März 2019 will Großbritannien aus der EU austreten. Ob in Form eines „No-deal Brexit“ wird zunehmend wahrscheinlich, ist aber derzeit noch nicht sicher. Dahingegen sicher ist, dass ein harter Brexit zu erheblichen Einschnitten auch im Bereich der Geistigen Eigentumsrechte führen wird. Betroffen sind insbesondere Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die, basierend auf EU-Richtlinien und Verordnungen, (noch) EU-weiten Schutz genießen. Nach dem EU-Austrittsabkommen soll/sollte dieser EU-weite Schutz eigentlich noch bis zum Ablauf der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 so bleiben. D.h. Inhaber von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster sollten automatisch Inhaber entsprechender nationaler Rechte im Vereinigten Königreich werden. Diese Übergangsphase - und der mit ihr verbundene Schutz - entfallen aber, sofern Großbritannien die EU ohne Abkommen verlässt. Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster sind dann ab dem 29. März 2019 (also quasi „ab sofort“) nicht mehr geschützt.

Die daraus resultierende Schutzlücke können Unionsmarkeninhaber aber schließen, indem sie ihre Marke parallel nach national britischem Recht schützen lassen.

Diese Möglichkeit besteht für Inhaber von Gemeinschaftsgeschmacksmustern allerdings nicht;
- zumindest nicht in Form der Eintragung eines weiteren, nationalen Geschmacksmusters bzw. Designs. Denn Designs müssen im Anmeldezeitpunkt „neu“ sein, was aber bei bereits eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustern aufgrund der Veröffentlichung der Registrierung nicht mehr der Fall ist. Infolgedessen können sie nicht noch einmal als Design eingetragen werden. Eventuell möglich bleibt aber auch hier ein Schutz in Form einer sog. Dreidimensionalen Marke.

Fazit?

Die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit steigt. Es sollte versucht werden, die sich in diesem Fall bereits ab dem 29. März 2019 ergebenden Schutzrechtslücken jetzt, jedenfalls aber vor dem 29. März 2019 zu schließen. Dies nicht zuletzt, um eventuelle „Schutzrechtspiraterien“ seitens Wettbewerber zu vermeiden.

Sollten Sie Fragen zu Ihrer individuellen Schutzrechtssituation haben, können Sie uns gerne unverbindlich ansprechen. Wir unterstützen Sie bei Ihren Überlegungen zu einer für Sie passenden Lösung.


Katja Nuxoll
Rechtsanwältin
5. Februar 2019

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