2015
Verwaltung // Öffentliche Hand

VG Düsseldorf hält Tariftreuegesetz (TVgG NRW) im ÖPNV für verfassungswidrig

Das VG Düsseldorf hält das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW (TVgG NRW) für teilweise verfassungswidrig und hat diese Frage mit einem Beschluss vom 27.08.2015 (Aktenzeichen 6 K 2793/13) dem Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen zur Prüfung vorgelegt.

Nach § 4 Abs. 2 TVgG NRW kann der Landesminister für Arbeit, Integration und Soziales Tarifverträge im öffentlichen Personennahverkehr für repräsentativ erklären. Öffentliche Aufträge für solche Verkehrsdienstleistungen dürfen dann nur an Anbieter vergeben werden, die ihren Arbeitnehmern mindestens den Lohn zahlen und die tarifvertraglichen Modalitäten beachten, die in einem repräsentativen Tarifvertrag geregelt sind. Dabei ist es unerheblich, ob der Anbieter einem anderen Tarifvertrag unterliegt, in dem ein geringer Lohn vereinbart ist.

Nach Auffassung des VG Düsseldorf verstößt diese Regelung gegen die im Grundgesetz (Art. 9 Abs. 3) und in der Landesverfassung NRW (Art. 4 Abs. 1) garantierte Tarifautonomie. Jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) am 01.01.2015, das ausreichenden Schutz gegen Sozialdumping gewähre, sei dieser Eingriff nicht mehr hinnehmbar. Belege dafür, dass im ÖPNV tatsächlich prekäre Löhne gezahlt würden, seien nicht vorgelegt worden. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum nicht nur die Lohnuntergrenze, sondern das gesamte Tarifsystem verbindlich sein müsse.

Da es sich um einen rein landesinternen Sachverhalt handelte, war die Sache nach Art. 100 Abs. 1 GG, § 12 Nr. 7 VGHG NRW dem Verfassungsgerichtshof des Landes NRW in Münster vorzulegen.

Die nunmehr vom Verfassungsgerichtshof NRW zu entscheidende Verfassungsrechtsfrage betrifft nicht das gesamte TVgG NRW, sondern lediglich die Vorschrift des § 4 Abs. 2 TVgG NRW zur besonderen Tarifbindung im Bereich des ÖPNV. Bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bleibt die Vorschrift in der Praxis jedoch anwendbar.

Eine bereits relevante Einschränkung der Anwendbarkeit dieses Gesetzes folgt jedoch aus dem Urteil des EuGH vom 18.09.2014, nach der Bieter und deren Nachunternehmer, die ihren Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat haben und zur Auftragsausführung ausschließlich dort beschäftigte Arbeitnehmer einsetzen, nicht an den Mindestlohn des TVgG NRW von aktuell EUR 8,85 pro Stunde gebunden werden dürfen (Aktenzeichen C-549/13, VergabeR 2015, 28).

Links:
Pressemitteilung des VG Düsseldorf: http://www.vg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/1519/index.php
Urteil des EuGH vom 18.09.2014: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=157851&doclang=DE
Runderlass zur Anwendung des TVgG NRW nach dem Urteil des EuGH vom 18.09.2014: http://www.mweimh.nrw.de/wirtschaft/_pdf_container/Erlass_Anwendungsbereich____4_TVgG.PDF

Dr. Norbert Reuber
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Referent: Dr. Norbert Reuber

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