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Bundesrat stimmt Gesetzentwurf für Reform des neuen Bauvertragsrechts ohne Änderungen zu
Am 30. März 2017 hat der Bundesrat das langersehnte Reformpaket eines neuen Bauvertragsrechts abgesegnet. Der Gesetzesentwurf hatte bereits am 09. März 2017 den Bundestag passiert und ist nun ohne Änderungen vom Bundesrat akzeptiert worden. Wir hatten bereits in unserem Blogbeitrag vom 24. November 2015 über den damals frisch veröffentlichten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung berichtet (s. Blog "Referentenentwurf zur Reform des Bauvertragsrechts und zur kaufrechtlichen Mängelhaftung liegt vor"). Der Referentenentwurf ist mit einigen Änderungen durch die Legislativorgane gegangen. Das neue Bauvertragsrecht tritt zum 01.01.2018 in Kraft.
Es greift unmittelbar in die Vertragspraxis von Bauunternehmen, Bauträgern, Projektentwicklern sowie Architekten und Ingenieuren ein und räumt privaten Bauherren weitergehende Rechte ein als nach der bisherigen Rechtslage. Auch wenn in der öffentlichen Darstellung zentrales Element der Gesetzesneuerung häufig die Schaffung eines bislang nicht vorgesehenen Verbraucherbauvertrages war und auch die Gesetzesbegründung immer wieder den Schutz des Verbrauchers bei Abschluss des Bauvertrages betont, finden sich in der Gesetzesnovelle weit über den Schutz von Verbrauchern hinausgehende Regelungsinstitute, welche für sämtliche am Bau Beteiligte bedeutende Neuerungen mit sich bringen werden. Die wichtigsten Neuerungen stellen wir in Kürze vor:
Regress beim Lieferanten:
Der Unternehmer schuldet im Falle der mangelhaften Leistung gegenüber dem Endkunden derzeit die Kosten für den Ausbau des mangelhaften (Bau)teils genauso wie die Wiedereinbaukosten eines mangelfreien Teils. Da die Leistung des Lieferanten gegenüber dem Unternehmer (im Zulieferverhältnis, B2B) jedoch auf die Lieferung eines Gegenstandes begrenzt ist und gerade nicht den Einbau des Teils beim Endkunden beinhaltet, ist ein Regress des Unternehmers beim Lieferanten für Aus- und Wiedereinbaukosten nach der Rechtsprechung nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich. Auch eine AGB-Vertragsgestaltung, wonach der Lieferantenregress möglich sein sollte, ist aufgrund der ergangenen Rechtsprechung kritisch zu betrachten und dürfte unwirksam sein. Nach neuem Recht wird der Regress beim Lieferanten möglich sein, d.h. der Unternehmer kann Aus- und Wiedereinbaukosten als Schadensersatz beim Lieferanten in Rechnung stellen, wenn der Mangel seines Gewerkes auf ein geliefertes Teil zurückzuführen ist.
Stärkung des Unternehmers bei der Abnahme:
Nach bisheriger Rechtslage kann der Auftraggeber bei Vorliegen wesentlicher Mängel auch ohne ausdrückliche Benennung des Mangels die Abnahme verweigern. Die Stellung des Unternehmers soll in diesem Punkt gestärkt werden. Um die Abnahme zu verweigern muss der Auftraggeber zukünftig zumindest einen wesentlichen Mangel in Textform benennen. Unabhängig davon, ob wesentliche Mängel vorliegen oder nicht hat der Auftragnehmer Anspruch auf Durchführung eines gemeinsamen Termins zur Leistungsstandfeststellung. Bleibt der Auftraggeber einem solchen Termin fern, kann der Auftragnehmer die Feststellung einseitig vornehmen.
Anordnungsrecht des Auftraggebers:
Ein zentrales Element des neuen Bauvertragsrechts ist die erstmalige Regelung eines Anordnungsrechts des Bauherrn im BGB. Bislang war die Möglichkeit des Auftraggebers, nachträglich Änderungsanordnungen und Zusatzleistungen zu verlangen, lediglich in der VOB/B vorgesehen. Im neuen Recht wird vorgesehen, dass die Parteien eines BGB-Bauvertrages im Falle einer nachträglich abgeänderten Bestellung versuchen, vor Ausführungsbeginn der geänderten Leistung Einigkeit über die Mehr- oder Mindervergütung zu erreichen, wobei der Unternehmer ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten hat. Falls eine Einigung innerhalb von 30 Tagen ab Zugang des Änderungsbegehrens beim Unternehmer nicht möglich ist, steht dem AG das Recht zu, die geänderte Leistung verbindlich anzuordnen, wenn sie für den AN nicht unzumutbar ist. Den Parteien steht es offen, eine einstweilige Verfügung über den Anordnungsanspruch zu erwirken, was ein absolutes Novum darstellt.
Die Höhe der Vergütung für die geänderte Leistung ist nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn zu ermitteln. Der Unternehmer kann zur Berechnung auf die Ansätze einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Ursprungskalkulation zurückgreifen.
Abschlagszahlungen bei geänderten Leistungen:
Im Falle der Leistungsänderung aufgrund einer Änderungsanordnung kann der Unternehmer im Rahmen von Abschlagszahlungen 80% der von ihm angebotenen Nachtragsvergütung verlangen, wenn sich die Parteien auf keine anderweitige Zahlungsregelung geeinigt haben oder eine anderslautende gerichtliche Entscheidung ergeht. Da sich somit die Vergütung von Nachträgen grundsätzlich an dem Angebot des Unternehmers orientiert, bestehen insbesondere in Fällen umfangreicher Nachträge erhebliche Insolvenzrisiken für den Auftraggeber. Sollte zum Ende des Vertrages eine Überzahlung vorliegen, hat der AG einen Rückzahlungsanspruch.
Kündigung aus wichtigem Grund:
Die bislang in der Rechtsprechung bereits anerkannte Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund wird nunmehr gesetzlich geregelt. Auch die Möglichkeit einer Teilkündigung von abgrenzbaren Teilen der Leistung bleibt möglich. Die Kündigung aus wichtigem Grund hat stets schriftlich zu erfolgen.
Verbraucherbauvertrag:
Eines der wichtigsten Reformziele soll der Schutz des Verbrauchers im Zusammenhang mit den hohen Investitionen in eine Bauleistung sein. Verbraucherbauverträge müssen in Textform abgeschlossen werden. Der Unternehmer hat dem Verbraucher eine umfassende Baubeschreibung vorzulegen, welche Vertragsbestandteil wird. Weiterhin muss der Unternehmer dem Verbraucher verbindliche Angaben zur Fertigstellungsdauer sowie Preis der Bauleistung machen. Im Übrigen steht dem Verbraucher ähnlich wie in anderen Verbraucherverträgen (z.B. Verbraucherkredit) ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, über welches der Unternehmer den Verbraucher als Besteller in Zukunft nachweislich belehren muss. Unterbleibt die Widerrufsbelehrung ist der Vertrag für den Verbraucher widerrufbar und somit rückabzuwickeln, eine Konstellation, welche eine Vielzahl an Fragen und Rückabwicklungsschwierigkeiten aufwirft und deren Praktikabilität in Frage gestellt werden muss. Im Zusammenhang mit den Regelungen über den Verbraucherbauvertrag stellt sich jedoch die Frage, inwieweit diese Regelungen überhaupt nennenswert zur Anwendung kommen. Denn Verbraucherbauverträge sind definiert als Verträge „durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude“ verpflichtet wird. Nach derzeitiger herrschender Auffassung sind von dieser Formulierung nur Verträge erfasst, in welchen sich der Unternehmer zur vollständigen Errichtung des Gebäudes verpflichtet, d.h. die wesentlich häufiger vorkommenden Einzelgewerkvergaben sollen keine Verbraucherbauverträge darstellen. Ob die neuen Regelungen über den Verbraucherbauvertrag tatsächlich nur für GU-Vergaben zur Anwendung kommen sollen (Bauträgerverträge sollen ausdrücklich keine Verbraucherbauverträge im Sinne der Gesetzesnovelle sein), wird in den nächsten Jahren von der Rechtsprechung zu klären sein.
Architekten- und Ingenieurvertrag:
Erstmalig wird auch der Architekten- und Ingenieurvertrag im BGB geregelt. Bislang galten für Architekten- und Ingenieurverträge die allgemeinen Grundsätze des BGB-Werkvertragsrechts.
Es soll nach neuem Recht zunächst eine Zielfindungsphase vereinbart sein, in welchem die Planungsgrundlagen ermittelt und vom Architekten eine Kostenschätzung vorgelegt wird. Nach deren Vorlage können beide Parteien unter gewissen Umständen den Vertrag kündigen. Auch den Architekten treffen im Verbrauchergeschäft in diesem Zusammenhang Belehrungspflichten.
Bei Änderungen der Planung auf Wunsch des AG sollen die Grundsätze der HOAI gelten, sofern die geänderten Planungsleistungen hiervon erfasst sind.
Auch soll die Bauvertragsreform der Einschränkung der ausufernden Haftung von Architekten und Ingenieuren dienen. Zunächst kann der Architekt/Ingenieur zukünftig eine Teilabnahme seiner Leistungen nach Abnahme der Leistungen des letzten ausführenden Unternehmens verlangen und damit den Gewährleistungslauf zumindest für weite Teile seiner Leistung in Gang setzen können. Gerade die Vereinbarung dieser Teilabnahme wurde bislang jedenfalls in Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unwirksam angesehen. Außerdem soll der Architekt/Ingenieur in Zukunft erst dann als Gesamtschuldner neben dem Ausführenden haften, wenn der AG dem ausführenden Unternehmen vorab erfolglos angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt hat.
Bauträgervertrag:
Auch der Bauträgervertrag wird erstmalig gesetzlich geregelt als Vertrag, bei dem für der Unternehmer neben der Errichtung und des Umbaus eines Hauses oder vergleichbaren Bauwerkes die Pflicht einhergeht, dem Besteller das Eigentum zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen. Abschlagszahlungen kann der Unternehmer nach wie vor in Höhe der in der MaBV geregelten Abschläge verlangen.
Der Gesetzgeber greift in seinem Gesetzesentwurf einige seit Jahren in der Baupraxis sowie in Rechtsprechung und Literatur diskutierte Probleme auf und bietet teilweise Lösungen. Wie bei jeder Gesetzesreform ist jedoch auch bei der Bauvertragsnovelle bereits abzusehen, dass auch diese Neuregelungen eine Anzahl an neuen Rechtsfragen aufwirft. Es ist bereits jetzt erkennbar, dass die Anwendung des neuen Rechts auch in Zukunft wesentliche Rechtsunsicherheiten mit sich bringt und nicht nur im Hinblick auf die neu einzurichtenden Senate für einstweilige Verfügungsverfahren im Hinblick auf Änderungs- und Anordnungsrechte des AG und die Vergütungsfolgen die Rechtsanwendung abzuwarten bleibt.
Ulrich Zimmermann
Rechtsanwalt
22. Mai 2017
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