Tätigkeitsgebiete Immobilie // Bau
Schwarzsehen bei Schwarzarbeit (Urteilsbesprechung)
Das Oberlandesgericht Schleswig und der Bundesgerichtshof haben sich in letzter Zeit in zwei Urteilen intensiv mit der Frage der Nichtigkeit der Werkverträge bei Schwarzgeldabreden sowie deren Folgen beschäftigt. In seiner Entscheidung vom 01.08.2013 (Az. VII ZR 6/13) führt der Bundesgerichtshof aus, dass § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages enthält, wenn dieser Regelungen vorsieht, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.
Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. In solchen Fällen hat der Besteller keinerlei Mängelansprüche gegenüber dem Unternehmer.
Sachverhalt
Die Klägerin und ihr Ehemann haben den Beklagten damit beauftragt, Pflasterarbeiten auf ihrem Grundstück durchzuführen. Als Werklohn waren 1.800 € vereinbart worden. Diese sollten bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Steuern gezahlt werden, was auch erfolgt ist. Die Arbeiten des Beklagten waren mangelhaft. Die Kosten für die Mängelbeseitigung macht die Klägerin geltend. Damit hat sie keinen Erfolg.
Gründe der Entscheidung
In der Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof zu dem SchwarzArbG in seiner Fassung aus dem Jahre 2004 Stellung zu nehmen. Anders als noch in den Urteilen vom 24.04.2008 (VII ZR 42/07 und VII ZR 140/07), die sich mit den Regelungen über Schwarzarbeit vor 2004 befassten, geht der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Entscheidung davon aus, dass Mängelansprüche des Auftraggebers gegenüber dem Unternehmer nicht bestehen.
Der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag ist gemäß § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig. In dem Urteil begründet der Bundesgerichtshof näher, warum im Gegensatz zu den vorangegangenen Urteilen, nunmehr von einer Nichtigkeit des Werkvertrages insgesamt auszugehen ist. In dem Zusammenhang führt der Senat aus, dass es zur Schwarzarbeit nunmehr gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG zählt, wenn Dienst- und Werkleistungen erbracht und ausgeführt werden und dabei der Steuerpflichtige eine sich aufgrund der Dienst- und Werkleistungen ergebende steuerliche Pflicht nicht erfüllt.
Im Falle der Entlohnung eines selbstständigen Handwerkers durch den Besteller ohne Rechnungsstellung liegt jedenfalls in objektiver Hinsicht regelmäßig ein Verstoß des Unternehmers gegen die Erklärungs- und Anmeldepflichten des § 25 Abs. 3 EStG und § 18 Abs. 1, Abs. 3 UStG sowie gegen die Rechnungsstellungpflicht gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG vor. Wie der Bundesgerichtshof betont, ist der Tatbestand der Verletzung steuerlicher Pflichten ausdrücklich zur Beschreibung einer Form der Schwarzarbeit eingeführt worden, weil diese im Zusammenhang mit Schwarzarbeit regelmäßig in der Absicht verletzt werden, Steuern zu hinterziehen.
Mit dieser Regelung ist bewusst auch der Auftraggeber erfasst worden, der Schwarzarbeit erst ermöglicht oder unterstützt. Dieser neue Tatbestand stellt ein Verbotsgesetz dar. Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs ist es im vorliegenden Fall keine Frage, dass der Beklagte verbotene Schwarzarbeit gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG geleistet hat. Dies allein schon deshalb, weil er nicht nur gegen § 370 Abgabenordnung (AO) verstoßen hat, sondern zudem auch seinen Pflichten aus § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG in der Fassung vom 13.12.2006 nicht nachgekommen ist. Der Unternehmer ist nämlich verpflichtet, innerhalb von 6 Monaten nach Ausführung von Werkleistungen an einem Grundstück eine Rechnung auszustellen.
In dem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des SchwarzArbG zugleich auch das Umsatzsteuergesetz geändert hat, um die Pflichten zur Rechnungserteilung und Aufbewahrung zu erweitern und umfassender zu sanktionieren. Die Notwendigkeit hat der Gesetzgeber gesehen, weil nur so das Ziel zu erreichen ist, die Form der Schwarzarbeit in Gestalt von "Ohne-Rechnung-Geschäften" wirkungsvoll zu bekämpfen.
Es muss aber nicht nur der Unternehmer eine Rechnung innerhalb bestimmter Fristen erstellen, sondern es besteht zusätzlich auch noch eine Rechnungsaufbewahrungspflicht des privaten Leistungsempfängers (§ 14 b Abs. 1 S. 5 UStG in der Fassung vom 23.06.2004). Insoweit gibt es entsprechende Bußbewehrungen sowohl für Auftraggeber- als auch Auftragnehmerseite.
Konsequenterweise tritt die Nichtigkeitsfolge aus dem SchwarzArbG schon dann ein, wenn der Besteller von den entsprechenden Verstößen des Unternehmers weiß und sie bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt.
Die Nichtigkeit des Werkvertrages führt dazu, dass die Klägerin keine Mängelansprüche gegenüber dem Unternehmer hat. Insoweit ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs klar und hart. Wenn die Nichtigkeit nach § 134 BGB anzunehmen ist, weil dies im öffentlichen Interesse und dem Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs dient, kann nur in ganz engen Grenzen diese Folge durch ein Berufen auf Treu und Glauben überwunden werden.
Hierfür reicht es nach den Ausführungen des erkennenden Senats nicht aus, dass ein widersprüchliches Verhalten des Unternehmers darin liegt, dass er bei einem Bauvertrag die von ihm geschuldeten Bauleistungen regelmäßig an dem Grundstück des Bestellers erbringt und er sich bei der Inanspruchnahme wegen Mängeln anschließend auf die Nichtigkeit Bauvertrages beruft, obwohl der Besteller wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung des Vertrages typischerweise die Leistungen behalten wird. Es bleibt vielmehr bei dem Grundsatz, dass wegen der Nichtigkeit des Vertrages Mängelansprüche von vornherein nicht gegeben sind.
Stellungnahme
Festzuhalten ist demnach, dass nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jeder Besteller bei einer Schwarzgeldabrede damit rechnen muss, dass Gewährleistungsan-sprüche bei mangelhafter Ausführung der Leistung nicht bestehen. Allerdings käme unter Umständen in Betracht, aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung unerträgliche Ergebnissen im Einzelfall zu verhindern – so der Bundesgerichtshof. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein Ausgleich im Bereicherungsrecht seine Grenzen hat. Das macht sich insbesondere in den Fällen bemerkbar, in denen die Kosten zur Beseitigung der Mängel höher sind als der Betrag, der für die Erbringung der Arbeit vereinbart war.
Vergütung des Unternehmers
Zu der Frage, inwieweit der Unternehmer nach Durchführung der Arbeiten einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung hat, ist kürzlich eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig ergangen (Urteil vom 16.08.2013, 1 U 24/13). Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, da das Oberlandesgericht Schleswig die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat (AZ dort VII ZR 241/13).
Das Oberlandesgericht Schleswig geht davon aus, dass Handwerkerleistungen, die ohne Rechnung erbracht werden, damit die Umsatzsteuer den Steuerbehörden verheimlicht wird (Schwarzgeldabrede), auch wenn dieses nur einen Teil des Vertrages betrifft, zur Nichtigkeit des Werkvertrages gemäß § 134 BGB führt. Der Handwerker hat gegen den Auftraggeber keinerlei Anspruch auf die vereinbarte Zahlung. Weder ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag noch aus Bereicherung ist gegeben.
Einem bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 812 Abs.1 S. 1 BGB steht die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB entgegen. Das Oberlan-desgericht Schleswig weicht insoweit von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab (BGHZ 111, 308 ff.). Deshalb wurde die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, wie der 3. Zivilsenat entscheiden wird.
Dr. Petra Christiansen-Geiss
Rechtsanwältin
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